Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Ist für Sie die Weltsynode überhaupt ein POI, liebe Leserin, lieber Leser, ein "Point of interest"? Gibt es noch Erwartungen an den Synodalen Prozess, den Papst Franziskus initiiert hat und der offiziell mindestens noch ein weiteres Jahr dauern wird. Hoffentlich länger! Denn es geht um einen epochalen Haltungswechsel, der sich nicht auf Knopfdruck erzeugen lässt in einem Gefüge von 1,36 Milliarden Menschen, die katholisch getauft sind.
Vier Wochen saßen Bischöfe und Laien, erstmals auch 54 Frauen unter den 363 Synodalen, an runden Tischen und teilten ihre Wahrnehmungen zu Themen, die im Arbeitspapier zur Synode gesammelt waren. Neu in einer Bischofssynode sind Laien mit Stimmrecht, neu sind Frauen, neu ist die Methode der Unterscheidung in Gemeinschaft, auch das „Gespräch im Geist“ genannt. Neu ist die lange Zeitspanne, die diesem Prozess eingeräumt wird, die weltweite Beteiligung und neu ist auch das Thema: Wie geht eine synodale mit einer hierarchisch verfassten Kirche zusammen?
Die theologische Errungenschaft des II. Vatikanischen Konzils, die gemeinsame Berufung aller aus Taufe und Firmung, wird langsam spürbar: Gott möchte seine Kirche nicht nur durch Papst, Bischöfe und Priester, sondern auch durch den „Glaubenssinn aller Getauften“ in die Zukunft führen. Christus wirkt als Haupt der Kirche auch heute durch seinen Geist. Diesem Geist Gehör zu verleihen durch das Hören auf alle Glieder der Kirche, ist der Weg, den der Papst eingeschlagen hat. Das ist das wirklich Hoffnungsvolle und Neue am synodalen Prozess.
Natürlich würde es naheliegen zu sagen: Schon wieder keine konkreten Ergebnisse, keine Aufhebung des Pflichtzölibats, keine Frauen als Priesterinnen oder Diakoninnen, nicht einmal die Predigt von Laien in der Eucharistiefeier! Ich bin selbst erstaunt, wie sich meine Erwartungen an diesen Prozess verändert haben: Von großer Hoffnung auf einen Durchbruch bis zu einer sehr zerbrechlichen inneren Hoffnung, dass dieser Prozess des neuen Zuhörens und der Begegnung auf Augenhöhe zwischen „Hierarchie und Kirchenvolk“ doch genau das Richtige ist. Erkennen wir nämlich im Gegenüber – unabhängig von jeglicher Hierarchie – eine Botschaft des Geistes Gottes, könnte Kirche neu werden, anders, einfacher, direkter, gerechter, liebender …
Wo also stehen wir nach der ersten Versammlung im Oktober in Rom? Die vorläufige Synthese, die die Basis für die Weiterarbeit darstellt, formuliert es so: „In der Vielfalt der Beiträge und in der Pluralität der Positionen klang die Erfahrung einer Kirche wider, die den Stil der Synodalität lernt und nach den geeignetsten Formen sucht, um ihn zu erreichen.“
Synodalität als neue Muttersprache der Kirche und der Konsens der Gläubigen werden als wesentliche Kriterien erkannt. Von den Armen zu lernen, über den eigenen konfessionellen Tellerrand zu denken, gemeinsam eine dienende, christliche Sendung zu leben, als getaufte Frauen und Männer, soll die Kirche von morgen prägen: „Alle Jünger, alle Missionare“, nennt es der Bericht.
Die Sendung der Frauen, ihre eignen spirituellen Erfahrungen werden als Schätze hervorgehoben, auch wird der „Schrei der Frauen nach Gerechtigkeit in der Gesellschaft“ gehört. In der Frage des Zugangs von Frauen zu kirchlichen Weiheämter, hält die Synode unterschiedliche Meinungen fest, die nicht in einen Konsens mündeten und einer weitere Prüfung bedürfen.
Barmherzigkeit in der Sexualmoral, eine geschlechtergerechte und verständlichere Sprache in der Liturgie, Pastoral im digitalen Raum, mehr Mitbestimmung bei Bischofsernennungen, eine Dezentralisierung durch regionale Zusammenschlüsse von Bischofskonferenzen, Überwindung von Rassismus in der Kirche, Bruch mit dem Kolonialismus und der Abbau von Klerikalismus, Machismo und inneren Spaltungen sind weitere to-Dos, über die man sich weltweit einig ist. Die Verfolgung des sexuellen Missbrauchs von Klerikern soll künftig nicht mehr allein in der Hand von Bischöfen liegen.
Eine grundlegende Änderung des Kirchenrechts erfordert der Wunsch, neue Formen der Entscheidungsfindung in der bislang hierarchisch von oben nach unten organisierten Kirche zu ermöglichen. Für all das ist nun wieder ein Jahr Zeit, bevor sich die Synodalen im Herbst 2024 nochmals treffen.
Was hat sich sonst gezeigt? Die kulturelle Vielfalt der Kirche auf der Welt ist ein großer Schatz. Und Kirche entwickelt sich auf den Kontinenten in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten.
Von allen Synodenteilnehmer:innen liest man zusammenfassend ähnliche Erfahrungen: "Wandel passiert, indem wir einander zuhören und nicht, indem wir immer alles besser wissen, wie es dem anderen geht.", so die Linzer Pastoraltheologin Klara-Antonia Csiszar, die als theologische Beraterin bei der Versammlung in Rom dabei war.
Es zahlt sich also aus, weiter zu hoffen und selbst die Haltung des Zuhörens zu üben und - wo es nötig ist – einzufordern. Aus der gemeinsamen Sendung heraus muss Kirche sich erneuern, als Brückenbauerin, Trösterin, Visionärin, Anwältin für das gemeinsame Haus, unsere Erde.
Text: Marlies Prettenthaler-Heckel