Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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„Gesellschaften und Personen sind ohne Tradition nicht möglich“, ist Manfred Prisching überzeugt.
Auf Einladung der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Graz (KPH) referierte der Soziologe am 02.09. 2013 im Rahmen der Fortbildung für ReligionslehrerInnen zum Thema „Tradition-Transformation-Progression“. Die Tradition bestimmt, was gut und böse, was wichtig und unwichtig ist. Und sie legt auch Verhaltensweisen fest, die teilweise als komisches Ritual gesehen werden können. „Beispielsweise die Begrüßung, wenn sich zwei Menschen die Hände reichen und schütteln“. Aber dies sei eben eine gesellschaftliche Konvention. Traditionen dienten dazu, etwas festzulegen. Gleichzeitig schließen sie aber was anderes aus. Und damit würden schon Kinder aufwachsen.
Wie breit der Begriff Tradition überhaupt ist, hat Prisching den interessierten Zuhörern im Festsaal des Grazer Augustinums gezeigt. Von der folkloristischen bis zur kirchlichen Tradition reichte der Bogen. Dass Moderne und Tradition sich nicht unbedingt ausschließen müssen, erklärt der Professor für Soziologie an der Uni Graz so: „Die Idee des Fortschritts ist modern, also dynamisch, nicht statisch. Tradition entwickelt sich aber auch“. Bei vielen Traditionen wären wir heute froh, sie hinter uns gelassen zu haben. „Beispielsweise die Hinrichtungen auf dem Marktplatz.“ Einst sei das Tradition gewesen.
Nach Ansicht Prischings sei das Problem, dass wir zu wenig über Selbstverständliches nachdenken würden. Aber gerade wo das Nachdenken beginne, könnten Traditionen in Frage gestellt werden. „Ob die Eliminierung einer Tradition Gewinn oder Verlust ist, darüber müsste eine Gesellschaft ohnehin selbst entscheiden“.
Gerade für Religion, als wesentlicher Bestandteil der „conditio humana“ ist Tradition ein großes Thema. Christliches Traditionswissen gelte als Kulturwissen. Von den Menschen geliebt und verachtet gleichermaßen wird in Prischings Augen die Volkskultur. Sie bedeute aber Natürlichkeit. Zum Beispiel die Lederhose: Sie vermittle Spaß, aber auch eine Sehnsucht. Die folkloristische Tradition hält der Soziologe für nicht ganz konfliktfrei. Verbunden mit einem Geltungsproblem führe der Pluralismus meist nicht zu einem freundschaftlichen Nebeneinander, sondern tendiere eher zur Kollision.
Prisching ist überzeugt davon, dass Traditionen hemmen und bremsen könnten. Sie würden aber auch wärmen und stärken und Sicherheit bieten. Traditionen könnten nicht nur vererbt, sondern teilweise auch wiedergefunden oder erfunden werden. Nur den Blick nach vorne zu werfen, wozu wir in der heutigen Forschungsgesellschaft neigten, wäre überheblich. Man übersehe dabei leicht, wer man sei oder woher man komme. Nur wer historische Verläufe kenne, sei in der Lage die Welt zu verstehen. „Wer glaubt, er ist von allen Traditionen losgelöst, der ist allein“, meint Prisching und zitiert den bekannten deutschen Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas: „Ohne Tradition ist keine fortschrittliche Gesellschaft möglich“.
Mit Prischings Vortrag wurde das Symposium Sommerbildung der ReligionslehrerInnen eröffnet. Bis Mittwoch gibt es 37 Workshops, an denen rund 650 von 1.000 steirischen Religionslehrern teilnehmen. Insgesamt bietet das Institut für Religionspädagogik und Katechetik an der KPH Graz 250 Fortbildungsveranstaltungen über das Jahr an.