Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Und hier ist der Text zum Nachlesen:
„Mir ist SO langweilig!“ Diesen Satz hört man jetzt, in der Mitte der Sommerferien, wahrscheinlich öfter. Bei meinen Töchtern habe ich früher meistens mit konkreten Vorschlägen darauf reagiert. „Du könntest ja ein Puzzle bauen? Magst du rausgehen und in der Sandkiste spielen? Oder schau dir doch das Buch an, das Oma mitgebracht hat!“
Aber irgendwie hat oft keiner der Vorschläge gepasst und es war weiterhin einfach so, so langweilig. Also habe ich mit den Vorschlägen aufgehört und auf das frustrierte „Mama, mir ist langweilig!“ nur mehr mit einem freundlichen „Oh, ok!“ geantwortet. Das hat natürlich erstmal auch nicht gepasst, es gab verwunderte oder grantige Blicke.
Meistens sind meine Töchter dann eine Zeit lang ratlos herumspaziert, bis sie schließlich nach und nach kleine Entdeckungen gemacht haben. Die fast vergessene Stoffkatze wurde hervorgeholt. Bei einer angefangenen Zeichnung weitergemalt. Oder ein altes Spiel ausprobiert.
Langeweile aushalten kann anstrengend sein – für Eltern oft mehr als für Kinder. Aber die Erfahrung zeigt: meistens dauert sie nicht besonders lang. Und aus der scheinbaren Leere im Kopf entstehen wunderbare neue Ideen.
Dürfen wir uns als Erwachsene eigentlich auch langweilen? Wenn ich so an die Gespräche in meinem Umfeld denke, glaube ich: eher nicht. Denn da geht es oft um Stress und Hektik, um volle Terminkalender, den Stapel unerledigter Dinge und um die Tatsache, wie unglaublich schnell doch die Zeit vergeht. Was irgendwie ja auch stimmt, ich staune selbst regelmäßig darüber, wie rasch die Tage und Wochen verfliegen.
Und das mit dem Stress – ist das für uns Erwachsene wirklich schon so ein Normalzustand? Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, wann zuletzt jemand zu mir gesagt hat „Ach, läuft grade alles gemütlich dahin, kein Stress.“ Vielleicht steckt da aber auch eine gewisse Sorge dahinter. Was denken die anderen über mich, wenn ich sage, ich hätte keinen Stress? Bin ich dann nicht mehr wichtig? Habe ich kein ausgefülltes Leben? Bin ich etwa faul?
Ich glaube, wir haben uns an die hohe Geschwindigkeit unseres Lebens einfach gewöhnt. Und daran, dass unsere Zeit oft mehr als ausgefüllt ist. Rechtzeitig – und regelmäßig – den „Pause-Knopf“ zu drücken wird dabei manchmal zur Herausforderung.
Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, stelle ich fest: die Zeit war – im Großen und Ganzen – alles andere als langweilig. Ich hatte das Glück, viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer zu treffen, die sich nicht nur im normalen Unterricht um uns bemühten, sondern auch bei Ausflügen, Projekten und vielem mehr.
Aber gut, die Musicalaufführung, der Lesewettbewerb oder der Karaoke Abend auf der Sprachreise sind mir natürlich auch einfach besser in Erinnerung geblieben als manch eine langweilige Schulstunde. Und: meine Freundinnen und ich hatten eine Methode, um uns die Zeit zu vertreiben: wir haben uns gegenseitig Zettelchen geschrieben, und damit heimlich das „Tratschen“ in den Unterricht verlegt. Das war nicht nur lustig, sondern auch ein bisschen aufregend, denn erwischt werden sollten wir natürlich nicht.
Als Erwachsene bin ich inzwischen selbst immer wieder einmal unterrichtend vor anderen Menschen gestanden und ich weiß: man bekommt da vorne eigentlich ziemlich alles mit. Unsere Zettelchen blieben damals also wohl eher ganz bewusst unentdeckt. Und immerhin: sie haben uns beim Besiegen der gelegentlichen schulischen Langeweile geholfen.
Langeweile hat keinen besonders guten Ruf. Etwas oder jemanden als „langweilig“ zu bezeichnen ist definitiv kein Kompliment und in unserem Alltag versuchen wir Langeweile so gut wie möglich zu vermeiden. Oder besser gesagt: wir laufen gar nicht Gefahr uns zu langweilen, da wir ständig von einem Überangebot an Möglichkeiten umgeben sind.
Auch bei der oft genannten, wichtigen „Me-Time“, also der kleinen Auszeit für sich selbst, sollte eigentlich keine Langeweile aufkommen. Richtet man sich nach den verschiedenen Trends auf Social Media, sollte man während dieser Auszeit Yoga machen, meditieren, sich einen gesunden Smoothie mixen oder zumindest einen ausgiebigen Spaziergang machen. Gerne mit einem Podcast zum Thema Achtsamkeit über die mitgebrachten Kopfhörer. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich der Leistungsdruck, und der Anspruch ständig etwas „vorzeigen zu müssen“ bis in die letzten Ecken unseres Lebens schleicht. Was uns langfristig aber bestimmt nicht gut tut.
Vielleicht kann uns ja ab und zu ein kleines Stück bewusst gewählte Langweile bei der Entschleunigung im Alltag helfen. Weil eventuell ist die Langeweile doch besser als ihr Ruf.
Julia Rust, Katholische Kirche