Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Und hier ist der Text zum Nachlesen:
Wie mit Jugendlichen über den Krieg reden? Diese Frage stellt sich uns Lehrern zurzeit immer wieder. Ich versuche es am liebsten über Songs über den Frieden, über das Gestalten von Plakaten, über Diskussionen, übers Texte schreiben oder einfach über das betroffene Stillsein. Ich darf Euch heute ein Beispiel eines jungen Schülers von mir – Sam Kalcher – vorstellen. Sam hat diesen Text einfach so in einer Religionsstunde geschrieben. Und er wird ihn uns auch persönlich vortragen:
„Friede – was bedeutet das überhaupt?
Bedeutet es ohne Krieg zu leben?
Für Frieden gibt es keine einheitliche Beschreibung. Jeder definiert ihn anders.
Für die einen bedeutet es, ohne Streit zu leben. Für andere ist es bloß die innere Ruhe.
Frieden ist in meinen Augen etwas, was man nicht beschreiben kann. Für jeden ist Frieden etwas anderes, jedoch haben alle Beschreibungen eines gemeinsam: Es ist nie negativ!
Und warum? Frieden ist und wird immer etwas Gutes sein. Und ohne ihn will niemand leben müssen…“
Ach, wie recht Sammy hat. Und ich würde mir so sehr wünschen, dass das die Richtigen hören könnten…
Ich bringe den Anblick jener jungen Frau nicht mehr aus meinem Kopf. - Die mit tränenüberströmten Gesicht dem Reporter antwortet: „Ich fliehe mit meinem Kind, und weiß nicht wohin? Es soll überleben!“
Europa erwartet die größte Flüchtlingswelle seit dem 2. Weltkrieg. Können wir es uns überhaupt vorstellen, Flüchtling zu sein? Sam, einer meiner Schüler, versuchte sich in einen Flüchtling hineinzuversetzen:
„Schon seit einigen Wochen flüchte ich. Flüchte vor meinen Ängsten und meiner Vergangenheit. Alles musste ich zurücklassen. Meine Eltern, meine Kinder und meinen Mann. Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich ihre Gesichter. Die Angst und der Schmerz in ihren Augen haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt, Ihre Schreie nach Hilfe in meinem Kopf. Und das alles nur weil sich Menschen nicht einigen können.
Ich bin bereits im 3. Land, es will kein Ende nehmen. Es hört nicht auf. Hunger, Kälte, Müdigkeit. Da ist ein kleines Mädchen - ich drücke es näher an mich. Es ist noch viel zu jung für all das. Wann finde ich endlich den Frieden?“
Ja, wann findet die Welt endlich Frieden? Wo ein jeder dort leben kann, wo sein zu Hause ist? Und wo keiner mehr flüchten muss…
Es ist schon interessant. In den letzten beiden Jahren verabschiedeten sich die Moderatorinnen und Moderatoren der Nachrichtensendungen von ihren Interviewpartnern meistens mit einem: „Und bleiben Sie gesund!“ Nur seit ein paar Wochen ist das anders. Da verabschieden sie sich von denen, die aus dem Kriegsgebiet berichten mit einem „Passen Sie auf sich auf!“ Wie macht man das, auf sich aufpassen in Zeiten der Gewalt und der Bedrohung durch die Mächte der Zerstörung?
Sie werden sicher eine Menge erzählen können – ähnlich wie es in einem Gedicht von Ernst Jandl heißt:
„Vater komm erzähl mir vom Krieg
Vater komm erzähl wiest eigerückt bist
Vater komm erzähl wiest gschossen hast
Vater komm erzähl wiest verwundt worden bist
Vater komm erzähl wiest gfallen bist
Vater komm erzähl vom Krieg.“
Ich habe in Europa keinen Krieg persönlich erlebt. Gott sei’s gedankt.
Mein Vater, der mir viel vom Krieg hätte erzählen können, ist schon lange tot. Es gibt aber noch viel andere, die vom Krieg erzählen könnten. Es müssen nicht immer Väter sein. Vor noch einem Monat konnte man sagen, diese Menschen werden immer weniger. Nur jetzt muss man leider sagen: Es werden immer mehr…
Ich seh‘ sie noch – die großen Lettern einer Tageszeitung:
UKRAINER BITTEN: BETET FÜR UNS!
Ich hätte mir nie gedacht, dass ich Sie einmal auf diesem Sender einladen darf, mit mir zu beten:
Für alle, die um ihr Leben fürchten.
Für alle, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen.
Für alle, die ihre Heimat verteidigen.
Für alle, die nur in der Flucht ihre Zukunft sehen.
Für alle, die Menschen in Not helfen.
Für alle, die der Krieg traumatisiert.
Für alle, die versuchen zu verstehen.
Für alle, die gegen Ungerechtigkeit aufstehen.
Für alle, die um Lösungen am Verhandlungstisch ringen.
Für alle, die getötet wurden.
Für alle, die um verstorbene Angehörige trauern…
Ich darf auch unseren Papst Franziskus in diesem Zusammenhang zitieren: „Wir flehen den Gott des Friedens weiterhin an. Und vergessen wir nicht: Krieg ist Wahnsinn!“
Mehrmals bekam ich in letzter Zeit den Satz zu hören: „Jetzt hilft nur mehr beten!“ Und das tun sehr viele in diesen dramatischen Tagen. So wie eben auch wir – ich danke Ihnen dafür.
Ihr Theologe Walter Drexler.