Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Und hier ist der Text zum Nachlesen:
Neue Grundrechte braucht das Land! Die ganze Welt braucht neue Grundrechte! Weil die ganze Welt fürs erste ein bisschen zu groß ist, wendet sich eine neue Aktion an die Staaten Europas. Für die es einen ganz eigenen Katalog an menschlichen Grundrechten gibt: die „Charta der Grundrechte für die Europäische Union“. Am 1. Dezember 2009 ist sie in Kraft getreten. Und dieser Katalog an Grundrechten braucht dringend eine Erweiterung, so die Initiatoren von „Jeder Mensch – für neue Grundrechte in Europa“. Der Jurist, Autor und Dramatiker Ferdinand von Schirach hat dafür sechs neue Grundrechte formuliert, die als Erweiterung der schon niedergeschriebenen Rechte gedacht sind. Proklamationen für unsere sehr veränderte Zeit. Sie machen zum Thema, was bei der Erstellung bisheriger Grundrechte noch gar nicht im Blick sein konnte: die „digitale Revolution“ mit ihren neuesten Möglichkeiten der Algorithmen, als ein Beispiel. Positiv ist die Sprache dieser neuen sechs Grundrechte. Denn die positiven Seiten der neuen Entwicklungen sollen verstärkt werden. Algorithmen können viel, zum Wohl der Menschheit – oder auch zu ihrer Ausnützung. So heißt es im 3. Artikel: Jeder Mensch hat das Recht, dass ihn belastende Algorithmen transparent, überprüfbar und fair sind. Wesentliche Entscheidungen muss ein Mensch treffen. Also nicht eine künstliche Intelligenz fällt letztgültige Entscheidungen, sondern allein ein Mensch, am besten mehrere auf demokratischem Weg.
Die anderen neuen Artikel stelle ich Ihnen in den kommenden Sendungen von Gott und die Welt vor.
Die sechs neuen Grundrechte als Ergänzung zur „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ haben unterschiedliche Blickrichtungen. Ein sehr bedeutsamer Artikel ist der mit der Nummer 5. Er lautet: „Jeder Mensch hat das Recht, dass ihm nur solche Waren und Dienstleistungen angeboten werden, die unter der Wahrung der universellen Menschenrechte hergestellt und erbracht werden.“
Ein Artikel, der weit über die Grenzen der europäischen Union hinausreicht. Mir fallen da sofort die Bilder des Containerschiffes „Ever Given“ ein, wie es den ganzen Sueskanal blockiert und hunderte Schiffe mehrere Tage zum Stillstand gezwungen waren. Und in Europa ein bis heute anhaltender Rückstau von Lieferungen verschiedenster Art entstanden ist. Wie viele Produkte wohl dabei waren, die nicht in menschrechtskonformer Weise hergestellt oder aus Bergwerken herausgeschürft wurden? Sicher einige. Die 130.000 Schafe, die auf 11 Frachter verteilt waren, gar nicht mitgerechnet. Ein Rechtsanspruch auf menschenwürdige Produktionsbedingungen oder Dienstleistungen könnte einen solchen unmäßigen Frachtverkehr einschränken helfen, der Mitwelt und uns selbst zuliebe. So heißt es in Artikel 1: „Jeder Mensch hat das Recht, in einer gesunden und geschützten Umwelt zu leben.“ Das muss und wird das übergeordnete Recht für alle Menschen sein. Sonst wird es mit dem Überleben schwierig!
Menschenrechte gibt es seit Menschengedenken. Sogar die Zehn Gebote aus der Bibel gehören zu den „Urformen“ solcher Regelungen. Das 5. Gebot: „Du sollst nicht töten“ schützt das Leben der Anderen. Und damit auch seine Selbstbestimmung. Aber wie Menschen vor digitaler Manipulation geschützt werden könnten, das war in biblischen Zeiten kein Thema. Aber heute ist es eines. Ich habe mich sehr lange davor gedrückt, in irgendwelchen digitalen Sozialforen einen Account anzulegen. Aber die Möglichkeiten, die sich damit eröffnen, sind schon ungemein nützlich. Was mit persönlichen Daten passiert, kann ich allerdings nur ungefähr abschätzen. Und liege damit sicher noch weit unter den echten Möglichkeiten.
Deswegen finde ich den Artikel zwei der neuen sechs Grundrechte für unentbehrlich: Er lautet: „Jeder Mensch hat das Recht auf digitale Selbstbestimmung. Die Ausforschung oder Manipulation von Menschen ist verboten.“ Mit dieser Formulierung bin ich so was von einverstanden! Denn seit meinem Auftreten in sozialen Foren ist es schon erstaunlich, welche Möglichkeiten mir auf einmal angeboten werden. Nützliche – das habe ich schon probiert, aber auch entsprechend ungustiöse Klickaufforderungen. Und noch was kommt dazu: was einmal im Netz ist, geht nicht verloren. Auch wenn ein Recht auf Komplettlöschung persönlicher Daten angeboten wird. Spätestens mit meinem Tod sollte das doch funktionieren. Aber nicht einmal da bin ich mir sicher!
„Was ist Wahrheit?“ Diese grundlegende Frage stellte sich schon der römische Statthalter Pontius Pilatus im Prozess gegen Jesus. Und viele Philosophen*innen vor ihm und nach ihm bis in unsere Zeit. Die Antworten sind genauso vielschichtig wie die Personen, die sich eine Antwort zutrauen. Was eine Unwahrheit ist, darüber kann viel schneller eine Einigung erzielt werden: nämlich die bewusste Täuschung derer, die auf eine solche Unwahrheit hereinfallen. Im Artikel 4 der neuen Grundrechtsartikel wird genau darauf Bezug genommen. Seine Formulierung ist knapp: „Jeder Mensch hat das Recht, dass Äußerungen von Amtsträgern der Wahrheit entsprechen.“ Amtsträger*innen: das sind die Personen im öffentlichen Dienst, z.B. im Justizbereich, auch Pfarrer*innen, Lehrende, politisch tätige Menschen. Sie haben einen Amtseid abgelegt, der sie zur Wahrheit und zur Einhaltung der Gesetze verpflichtet, auch der Menschenrechte.
Die Zeiten der Untersuchungsausschüsse zeigen aber, dass die Wahrheit manchmal ein sehr subjektiv verstandener Begriff ist. Dem will der zitierte 4. Artikel der neuen Grundrechte einen Riegel vorschieben. Ein gutes und wichtiges Anliegen. Und wer weiß: vielleicht ergibt die Diskussion darüber eine allgemein gültige Definition von Wahrheit! Dann hätte auch der 6. Artikel seine volle Wirksamkeit erreicht: „Jeder Mensch kann wegen systematischer Verletzungen dieser Charta Grundrechtsklage vor den europäischen Gerichten erheben.“ Alle 6 Artikel sollten schnellstens in die bestehende Grundrechtscharta der Europäischen Union eingefügt werden.
mit Pfarrer Andreas Gerhold und ein herzliches Grüß Gott!