Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Beim Wort „Aufbruch“ denken viele zuerst ans Reisen. Kein Wunder, wen hat jetzt in der Sommerzeit denn nicht das Reisefieber gepackt? Aufbrechen in den Urlaub, in ein anderes Land, oder einfach nur einen entfernten Ort. Egal ob Strand-Faulenzen, oder schweißtreibendes Sightseeing, wenn man aufbricht, will man irgendwo hin. Das Ziel ist dabei nicht auf die Erde beschränkt: Vor rund 60 Jahren brachen Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins auf, um zu schaffen, was kein Mensch zuvor geschafft hat. Die erste Mondlandung war ein voller Erfolg. „Aufbrechen“ bedeutet nicht nur verreisen, aufbrechen bedeutet über seine eigenen Grenzen hinwegsehen, offen sein und Neues wagen. Selten war die Welt so in Aufbruchsstimmung wie jetzt.
Aufbruch ist in der Politik normalerweise Gang und Gäbe. Kaum eine Wahl gleicht der anderen, wer verspürt nicht einen frischen Wind, wenn die neuesten Wählerauszählungen veröffentlicht werden und einen kleinen Ausblick auf die kommende politische Zukunft geben? Nach jahrelanger, problematischer Schwarz-Rot Ehe und einer türkis-blauen Koalition, die von einer fatalen Kombination aus Urlaub, Wodka und einer „schoafen“ (©HC Strache) Oligarchennichte gesprengt wurde, geht Österreichs Politik definitiv auf bisher unbekannten Wegen: Der erste abgesetzte Minister, der erste Kanzlersturz, die vermutlich arbeitsintensivste Bundespräsidentenperiode, eine weibliche Kanzlerin und eine Nationalratswahl, deren Ausgang sich kaum noch jemand ausmalen kann.
Kaum Ausmalen konnte man sich bis vor wenigen Wochen auch, wer den Vorsitz der EU-Kommission einnehmen würde. Mit ihren Initiativen, wie einen 50-prozentigen Frauenanteil in Führungspositionen, eine strengere Klimapolitik und eine Reform im Umgang mit Flüchtlingen – Menschen, die selbst einen Aufbruch gewagt haben – zeigt sich Ursula von der Leyen, die erste KommissionpräsidentIN, selbst zum Aufbruch bereit.
Wie die Reise ins Unbekannte in Österreich und der EU gelingen wird, werden die kommenden Jahre zeigen.
Allein ein Blick auf die zahlreichen Proteste und Märsche zeigt zur Genüge, wie die Welt in Bewegung ist. Vor allem junge Leute machen klar, dass sie die Fesseln sprengen wollen, die sich die Gesellschaft jahrelang selbst auferlegt hat. Den ganzen Juni lang schwangen Millionen von Menschen weltweit mit Stolz ihre Regenbogenflaggen in Solidarität mit der LGBTQ+ Community, vor allem Prominente setzen unter dem Hashtag #MeToo ein Zeichen gegen sexuellen Missbrauch bzw. Diskriminierung und in Amerika protestieren tausende Frauen und Männer für strengere Waffengesetze und einen humanen Umgang mit Migranten. Nicht zu vergessen, Fridays for Future, eine Bewegung, die Massen von Schülerinnen und Schülern freitags auf die Straßen lockt und eine der drängendsten Probleme unserer Zeit endlich in den Mittelpunkt stellt: den Klimawandel.
Unter den Menschen findet ein Umdenken statt. Klimaschutz, Feminismus und Nächstenliebe sind im Trend. Man bricht auf, in Richtung einer toleranten, weltoffenen Gesellschaft.
Doch jeder und jede einzelne bricht im Laufe seines Lebens auch mehrmals für sich selbst auf. Wie für unzählige andere Schülerinnen und Schüler fand für mich mit der diesjährigen Matura eine Ära ihr Ende. Aufbruch bedeutet in meinem Fall nun, die Schule und zwölf Jahre voller schöner, wenn auch zum Teil stressiger oder nervenfressender Erinnerungen hinter mir zu lassen und den Blick Richtung Studium zu werfen. Dabei liegt die Aufbruchsstimmung auch bei meinem Freundeskreis in der Luft: Die eine geht nach China, die andere hat sich bei der Polizei beworben und die dritte macht sich keine konkreten Pläne; sie geht dorthin, wo es sie hinzieht.
Aufbruch kann im Privatleben vieles bedeuten: Berufs- oder Standortwechsel, die erste große Liebe, eine Trennung, oder vielleicht der erste Nachwuchs in der Familie. Vereint sind all diese Dinge dabei in einem. Man setzt einen ersten großen Schritt in eine neue Richtung, wagt Veränderung, schließt das alte und öffnet das nächste Kapitel in seinem Leben.
Oft haben Menschen allerdings Angst vor dem Aufbrechen. Angst vor dem Unbekannten. Angst davor, dass alles schlimmer wird und man sich nichts sehnlicher wünscht, als in die Vergangenheit zurückzukehren. Aber wer keinen Aufbruch wagt, bleibt für immer am selben Punkt stecken. Oft ist ein Loslassen und Losgehen nötig, um sich von einem traurigen oder belastenden Umstand zu befreien. Das kann von toxischen Beziehungen über Koalitionskrisen bis zu Diskriminierung reichen. Egal wie das Ergebnis aussehen mag, wer aufbricht strebt eine Veränderung zum Besseren an, tritt für seine eigenen Ansichten oder für ein größeres Wohl ein. Wer aufbricht, geht mit festem Schritt und Zuversicht gen Zukunft. Nicht umsonst unterscheidet „Aufbruch“ und „Ausbruch“ nur ein einziger Buchstabe.
Michaela Gsell ist Praktikantin in der Öffentlichkeitsarbeit der Diözese Graz-Seckau
Diese Kolumne steht Ihnen offen, um Themen des täglichen Lebens aus Ihrer ganz persönlichen Sicht als ChristIn in einem kurzen Text zu kommentieren.
Wir freuen uns über Ihren Beitrag an webred@graz-seckau.at!