Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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„Gehen wir miteinander?!“ kann die Einladung zu einem Spaziergang lauten. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn ich im Rahmen der „Trauerspaziergänge“ mit trauernden Menschen einen Spaziergang durch den Eggenberger Schlosspark mache. Wir sind nicht allein, eine Gruppe von Trauernden, die sich in der Regel nicht kennen, und Trauerbegleiter:innen verbringen zwei Stunden miteinander.
Bereits der Beginn ist nicht einfach. An den Trauernden ist in ihrer Haltung zu erkennen, dass sie einen schweren Verlust eines Menschen zu tragen haben. Es erforderte auch eine große Überwindung, sich aufzumachen und sich dem Thema zu stellen. Auch ich spüre als Trauerbegleiter eine große Unsicherheit, da ich mich weder auf die Leidensgeschichten, die erzählt werden, vorbereiten konnte, noch weiß, welche Emotionen mich erwarten. Was mir Sicherheit gibt, immer wieder zu den Trauerspaziergängen und zu Trauergruppen einzuladen, ist das Vertrauen, mit dem Schweren der Trauer umgehen zu können und dass ein solches Format für Trauernde sehr hilfreich, tröstend und sinnvoll ist. Und ich gehe den Weg in innerer Verbindung mit Gott und der Bitte, er möge uns begleiten und trösten.
Nach einer kurzen Einführung in der Gruppe, bei der die Gäste eine Sicherheit über die Abläufe erhalten und die Begleiter vorgestellt werden, gibt es einen Impuls zum Thema Trauer. Nun gehen wir zu zweit oder zu dritt. Dazu wird eingeladen, über die eigene Trauer zu sprechen, um wen man trauert und wie es einen damit ergeht. Für viele ist dies eine der seltenen Möglichkeiten, das auszusprechen, was belastet und welche Fragen quälen. Als Begleiter gehe ich mit, höre zu, frage nach. Selten spreche ich selbst, da zu viele Worte nicht guttun und es nicht darum geht, was ich selbst denke und fühle. Wichtig ist das innerliche Da-Sein, das Mitgehen und Zuhören. Durch das Gehen bewegt sich nicht nur der Körper, auch die Gedanken und Gefühle scheinen leichter in Bewegung zu kommen. Manchmal muss man Halt machen, weil das Erzählte einen scheinbar erstarren lässt, oder weil ein Weinen die Kraft raubt.
Mehrmals warten wir aufeinander, stellen uns im Kreis auf und hören aufeinander. Was bewegt Sie? Wie geht es Ihnen? Dabei erfahren wir voneinander, wie die unterschiedlichen Trauerprozesse vor sich gehen. Das Besondere in diesen Situationen ist, wie die Trauernden aufeinander reagieren, voneinander erzählen, andere trösten und stärken. Manchmal stehe ich dabei, weiß, dass ich nichts tun muss und kann, und dass das wirklich wird, was im Psalm 4 steht: „Du hast mir Raum geschaffen, als mir angst war.“ Miteinander im Leid eine Wegstrecke zu gehen, so wie beim Trauerspaziergang, schafft für Trauernde einen neuen Lebensraum.
Paarweise geht es mit der Frage „Was tut mir in meiner Trauer gut?“ weiter, und auch die Frage nach dem persönlichen Glauben hat da seinen Platz. Am Beginn des Treffens gibt es oft Schweigen und stockendes Sprechen. Aber gegen Ende des Weges hin höre ich oft, wie die Gespräche zu einem Geplauder werden, einem Miteinander wie unter Vertrauten, und Lachen ist auch zu hören.
Was hat sich da ereignet, frage ich mich oft? Die Trauer und das Leid sind nicht vergessen, aber sie sind in diesem Moment in den Hintergrund getreten und ein Stück Lebendigkeit hat sich breit gemacht. Beim Abschluss des Trauerspazierganges ist es zur Tradition geworden, dass wir selbstgemachtes Brot und Äpfel miteinander essen und plaudern.
Die Bibelstelle mit den Emmausjüngern hat sich für mich durch das Erleben dieses Miteinanders ganz neu erschlossen. Die Trauernden in der Gruppe sind miteinander gegangen, sie haben über ihre Trauer gesprochen. Und es ist jemand mitgegangen, und ich bin mir sicher, dass es Gott war, der jedem zugehört und getröstet hat. „Brannte nicht unser Herz!“ sagten die Emmausjünger. Die Teilnehmer am Trauerspaziergang drücken es meist anders aus: „Danke, es hat so gutgetan, mit anderen zu sprechen, zu erfahren, dass man nicht allein ist und das Vertrauen zu haben, dass man diesen Trauerweg so wie andere auch einmal schaffen wird.“
Meist gehe ich müde und innerlich bewegt heim, einige Erzählungen und Emotionen wirken oft lange noch nach. Am stärksten jedoch ist die Erfahrung, etwas „Großes“ und äußerst Sinnvolles erlebt zu haben.
Bernhard Pletz
Unter https://www.katholische-kirche-steiermark.at/trauer können die Termine und Informationen über die Trauerspaziergänge nachgelesen werden.
Diese Kolumne steht Ihnen offen, um Themen des täglichen Lebens aus Ihrer ganz persönlichen Sicht als Christ:in in einem kurzen Text zu kommentieren.
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