Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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In einem Workshop am 17. Mai wurde der erster Teil der Fahne gestaltet, aus Altkleidungsstücken, die beim Magdalenengottesdienst gesammelt wurden. Aus diesen Stoffresten wurden Teile herausgeschnitten, geendelt und vorbereitet, sodass sie auf die Vorderseite der Fahne wie ein Netz zusammengenäht werden können. Symbole wie Häuser, Teile, Bäume, Zahlen, Fragezeichen wurden ausgeschnitten und Bilden den Hintergrund, auf dem das Zentrum der alten Fahne, der Kelch bzw. die Monstranz mit der Eucharistie aufgenäht werden soll. Dabei ist auch sichtbar, dass oberhalb vom Kelch nicht die Eucharistie alleine ist, sondern auch die Erdkugel – die uns ja zusammen mit der Klimabewegung heilig ist für unsere Zukunft.
Wir haben dann sehr schnell gemerkt: Was wir da tun, hat viel damit zu tun, was Kirche momentan erlebt. Am Anfang haben wir uns zusammengesetzt und einen Plan gemacht: Wir haben uns die alten Geschichten erzählt, wie wir Fronleichnam erlebt haben, was wir für eine Beziehung dazu haben und haben dann Stoffe ausgesucht zu diesen Begriffen und haben dann begonnen zu schneiden und zu nähen.
Ganz ein besonderer Moment war, wie die alte Fahne von der alten Fahnenstange heruntergelöst wurde. Der alte Stoff war so mürbe, dass sie sich einfach herunterdrücken ließ. Und dann war dieser Moment des Hineinschneidens. Wir wollen ja einen Teil der alten Fahne auf der neuen verwenden und dazu mussten wir sie zerschneiden. Dieser Moment war so besonders, weil es auf der einen Seite Stimmen gab, dass man den alten Stoff unmöglich zerschneiden darf, weil der so kostbar ist, auch wenn er schon so alt ist, auch wenn es nicht mehr verwendet wird, auch wenn es schon über Jahrzehnte in einem alten Kasten in der Sakristei gelegen hatte. Aber das darf man nicht, weil das ist so kostbar. Dann war eine andere Stimme, die gesagt hat, bitte, katholische Kirche, verändert euch endlich, schneidet rein, nehmt das alte heraus und macht aus diesem Alten etwas Neues.
Es war eine junge Frau dabei, die hat dann gespürt - und das hat sie im Nachhinein so benannt – dass sie da jetzt schneiden muss. Sie hat hineingeschnitten und wir haben das alle gut überlebt. Aber der Moment war schon sehr besonders. Ich sehe da die große Parallele zu Dingen, die für uns heilig sind: Sie sollen nicht zerstört werden, aber sie nützen uns nicht, wenn sie in der alten Form in einem Kasten stehen, sondern sie nützen uns dann, wenn wir das Kostbare herausnehmen und dieses Kostbare in unsere Zeit hineintragen, in unsere Zeit transformieren. Das wurde bei diesem Workshop so plastisch dargestellt, so konkret, weil wir die Hände angelegt haben und wirklich schneiden mussten.
Die Textilkünstlerin Karin Gollowitsch hat die vorbereiteten Teile dann alleine zuhause weitergenäht, damit man einmal einen Blick auf diese Seite der Fahne hat. Als wir ein Foto davon bekommen haben, hatten wir den Eindruck, das ist nicht schön, das ist nicht ästhetisch. Wir haben uns auch gefragt, was die Erwartung von Menschen ist, die von diesem Projekt wissen – ist das schön genug? Gleichzeitig war uns klar: Wir haben auch von der Kirche der Zukunft kein fertiges Bild, wir haben kein schönes Bild, dass man nur einfach noch zusammennähen muss, sondern wir haben ein konfuses Bild. Wir haben ein Bild, in dem unser Alltag zu präsent ist, den wir sozusagen in diese göttliche Atmosphäre hineinstellen wollen, aber den wir nicht als Gegenbild zu dem Heiligen sehen, sondern eher ein Verwobensein vom Heiligen und vom Alltäglichen.
In der Langen Nacht der Kirchen am 2. Juni es ab 16 Uhr im Stadtpfarrhof eine zweite Möglichkeit der Beteiligung geben. In der Herrengasse beim Kircheneck werden Menschen auf der Straße gefragt, was ihnen heilig ist. Wenn jemand möchte, kann er ein Wort, das eben dieses Heilige ausdrückt, im Stadtpfarrhof auf einen Stoffstreifen drucken zu lassen. Diese Streifen werden dann auf der Rückseite unserer Fahne im Wind tanzen.
Ein weiteres aussagekräftiges Element waren die Buchstaben der alten Fahne. Da stand „Venite Adoremus“ – lateinisch für „Kommt, lasst uns anbeten“. Der Spruch soll auf der Vorderseite der neuen Fahne im Original aufscheinen. Für die Rückseite haben wir begonnen, mit den vorhandenen Buchstaben ein Scrabble zu legen mit Worten, die aus diesen Buchstaben entstehen können. Ergebnisse waren Wörter wie „Welterde“ „Meererde“ „Es tun“, „Vision“, „Meteor“, „Adam“ oder „Eva“. Diese Begriffe sind alle mit diesen Buchstaben formbar und passen wie ein Kreuzworträtsel zusammen. Und auch das wollen wir auf der Fahne dokumentieren, diese Veränderung, das Auflösen.
Das ist ein wunderbarer Prozess, in dem sich ganz viel abbildet von dem, was wir in der Kirchenentwicklung erleben: Wie schwer es ist, das Alte loszulassen und in eine neue Form umzuwandeln. Es ist viel Begeisterung dabei, es gibt viele Menschen, die diese Ideen mittragen, sie toll finden und interessiert nachfragen. Wir hoffen, dass die Aktion bei den unterschiedlichsten Menschen in einem guten Geist ankommt und auch die Kirche ein Stück in die Zukunft bringt.
Viele junge Menschen gehen auf die Straße, weil sie um eine lebenswerte Zukunft kämpfen. Diese Praxis trifft auf die Tradition der Demonstration unseres Glaubens mit der Monstranz. „Monstrare“, „Demonstrare“, – Lateinisch für „Zeigen“ oder „deutlich Zeigen“ fängt beide Bedeutungen ein.
Marlies Prettenthaler-Heckel
Marsch mit Christus für die Schöpfung
Diese Kolumne steht Ihnen offen, um Themen des täglichen Lebens aus Ihrer ganz persönlichen Sicht als Christ:in in einem kurzen Text zu kommentieren.
Wir freuen uns über Ihren Beitrag an webred@graz-seckau.at!