Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Exakt ein Jahr vor dem Verfassen dieser Zeilen leitete ich die letzte Probe meines Kirchenchores ante Coronam. Im Rückblick kommt mir diese Erinnerung wie etwas aus einer längst vergangenen Zeit vor, etwas, was man in Geschichtsbüchern liest, etwas, an das man sich kaum mehr erinnern kann. Mit diesem Gefühl werde ich wohl nicht ganz allein sein.
Ich bin Kirchenmusiker der Pfarre Graz-Münzgraben sowie Leiter des Grazer Schubertbundes, eines Chores mit langer Tradition, immerhin wurden „wir“ 1888 gegründet. Man kann sich denken, dass einen Tag später auch beim Schubertbund die letzte Probe für längere Zeit stattgefunden hat. Nebenbei muss ich gestehen, dass diese letzten beiden Proben äußerst schlecht besucht waren. Da lag wohl schon ein gewisses Unbehagen in der Luft. Freilich war das C-Wort in den letzten Wochen immer wieder Thema, aber irgendwie war das alles halt schon eher weit weg.
Nun denn, wie umgehen mit dieser für uns alle so ungewohnten Situation? Man kann es sich ja kaum vorstellen, aber im ersten Moment ist man davon ausgegangen, dass diese „Ferien“ zu ungewöhnlicher Zeit nur wenige Wochen dauern, und zu Ostern alles wieder ganz normal ist. So habe ich voller Elan und Motivation sofort ein Probenkonzept auf die Beine gestellt und den Sänger*innen gegenüber kommuniziert. Demnach hätten wir die (wenigen) verlorenen Proben an einem Wochenende nachgeholt und die Liturgie der Karwoche bis hin zum Ostersonntag wie üblich feierlich musikalisch mitgestaltet. Denn es war völlig undenkbar, den liturgischen Höhepunkt des ganzen Kirchenjahres nicht entsprechend zu feiern. Genau diese Highlights sind es, die das Leben des Kirchenmusikers/ der Kirchenmusikerin abwechslungsreich und spannend machen. Den eigenen Glauben im Lauf des Kirchenjahres auch in der Musik zu leben und die Mitfeiernden auf diesem Weg musikalisch zu begleiten ist wohl ein großes Privileg unseres Berufes.
Wie wir alle wissen, sind diese Pläne nicht aufgegangen.
Dann begann das große Warten. Auch in meiner Aufgabe als Organist war das alles sehr ungewöhnlich. Auch hier der erste Gedanke: na gut, Urlaub in einer Zeit, in der man eigentlich viel zu tun hätte in der Vorbereitung der Osterliturgie, aber so lange wird's schon nicht dauern. Dann die Feiern in kleinstem Kreis, die ich mit äußerst gemischten Gefühlen erlebt habe. Natürlich stand der Gedanke der Stellvertretung im Vordergrund, aber – um ein sehr profanes Beispiel zu nennen – wenn ich zu einer Geburtstagsfeier eingeladen bin, will ich dort auch selber hingehen und mich nicht vertreten lassen.
Mitte und Ende Mai war es dann endlich soweit: zuerst durften wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert, dann auch Chorproben abgehalten werden. Die Auflagen, unter denen all das geschehen durfte, waren die nächste Herausforderung. Abstand halten, man darf Menschen, die man seit einer gefühlten Ewigkeit nicht gesehen hat, nicht die Hand geben, geschweigen denn jemanden umarmen. Aber die Freude, wieder zu feiern und zu proben, hat überwogen, man hat das auch am Kirchenbesuch gemerkt, der nicht überbordend war (was ja ohnehin nicht möglich gewesen wäre), sich aber in einem schönen Durchschnitt eingependelt hat.
Da ich in Münzgraben das große Glück habe, einen großen Saal zur Verfügung zu haben, habe ich auch so schnell wie möglich mit den Chorproben begonnen. Das war wirklich eine beglückende Erfahrung. Einige Sänger*innen sind aus Gründen der Vorsicht nicht zu den Proben gekommen, was klarerweise auch absolut akzeptiert wurde. Bei den anderen hat man aber gemerkt, wie ausgehungert sie schon waren, und wie sehr sie sich auf das gemeinsame Musizieren gefreut haben. Auch meine Freude war riesig. Erstens konnte ich selbst meiner Leidenschaft wieder nachgehen, andererseits war es wunderschön, diese Möglichkeit anderen zu bieten.
Nach längerem Nachdenken (und gutem Zureden mancher Chormitglieder) habe ich mich auch entschlossen, den traditionellen Sommerchor Münzgraben sozusagen als Corona-Edition durchzuführen. Eine Orchestermesse war natürlich nicht möglich, aber unter Einbeziehung von einigen Babyelefanten waren sowohl die Proben als auch die Gestaltung der Messe machbar. Auch hier erlebte ich große Freude und Dankbarkeit der Mitwirkenden.
Nach einigen Proben, die im Herbst noch erlaubt waren, sind wir nun an einem Punkt angelangt, der leider noch keine erkennbare Perspektive zeigt, wie es in der Kultur weitergeht. Das ist durchaus eine Belastung. Trost finde ich in der Tatsache, dass es erlaubt ist, vier Musiker*innen in der Liturgie einzusetzen. Mit Ensembles dieser Größe bereite ich mich nun auf die kommende Karwoche und Ostern vor. Aufbauend sind für mich Motivation und Engagement der Mitwirkenden.
Was ist nun das Resümee aus religiös-künstlerischer Sicht? Man kann nur schwer bestreiten, dass sich die Situation etwas zäh gestaltet. Andererseits kann ich gar nicht genug betonen, in welch privilegierter Situation ich ganz persönlich bin. Als Kirchenmusiker sowie als Musiklehrer habe ich weiterhin Arbeit, dafür bin ich unendlich dankbar. Und diese kleinen und großen Momente des gemeinsamen Musizierens in welcher Besetzung auch immer geben ordentlich Auftrieb. Aus der Erfahrung der Proben und Begegnungen im letzten Sommer und Herbst bin ich durchaus optimistisch, dass es in einer guten Form weitergehen wird. Diese Hoffnung lasse ich mir von der Pandemie nicht rauben.
Diese Kolumne steht Ihnen offen, um Themen des täglichen Lebens aus Ihrer ganz persönlichen Sicht als ChristIn in einem kurzen Text zu kommentieren.
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