Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Predigt von Bischofsvikar Dr. Heinrich Schnuderl zum Weltgebetstag für Geistliche Berufungen im Grazer Dom
„Wofür lebst du?“ – Diese Frage hat uns heute hier im Grazer Dom versammelt.
Wir werden immer wieder gefragt und stellen immer wieder Fragen; oft gibt es schnelle Antworten: „wie heißt Du?“ Auf manche Fragen erwarten wir gar keine Antwort: „wie geht’s?“ Dann aber gibt es auch Fragen, die uns treffen, die uns berühren, weil sie uns selbst infrage stellen, oder die uns ahnen lassen, dass ihre Antwort in uns etwas verändern würde. Solche Fragen verunsichern, wir weichen ihnen aus; vielleicht verdrängen wir sie, sie kommen aber wieder – zum Beispiel die Frage: „Wofür lebst du?“
„Wofür lebst du?“ - Wer stellt uns diese Frage? Ist es ein Selbstgespräch? Der hl. Augustinus hat einmal geschrieben: „Ich bin mir selbst zur Frage geworden.“ Vielleicht fragt in mir ein anderer?
1. Ich bin jetzt in dieser Zeit zwischen Ostern und Pfingsten oft als Firmspender unterwegs. Wenn ich die vielen jungen Menschen sehe, die gefirmt werden wollen, stelle ich mir und auch ihnen die Frage: „Wofür lebst Du? Wofür lebt ihr?“
Bei der hl. Messe zur Firmung wird oft das Evangelium des Pfingstsonntags verkündet. Jesus, der Auferstandene, sagt zu den Jüngern: „Empfanget den hl. Geist!“ Wir hören, dass die Apostel durch diese Begegnung mit Christus von innerer Freude erfüllt, mit neuem Mut ausgerüstet, vom Geist Christi erfasst worden sind. Und wir beten, dass dieser Geist auch uns geschenkt wird: „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17,28).
Wie können wir vom Heiligen Geist reden? Eigentlich nur in Bildern: „Er ist die Schwerkraft der Liebe, der Zug nach oben, der der Schwerkraft nach unten widersteht“ (vgl. Augustinus, Bekenntnisse), Überwindung der Schwerkraft. Paulus spricht von „Früchten des Geistes: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Langmut, Treue“ und davon, dass der Geist in uns vielfältige Begabungen hervorbringt. Jedem Menschen sind solche Gaben geschenkt – und sie sind immer auf andere ausgerichtet und uns gegeben, damit wir sie auch anderen mitteilen.
In diesem Evangelium hören wir aber auch: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ Das hat damals die Jünger Jesu verändert, sie sind ausgezogen, haben Menschen zu Christus geführt, Glaubensgemeinschaften, Gemeinden, Kirchen gegründet. - Ich frage mich immer wieder: verändert die Taufe, die Firmung, der Glaube, das Christsein auch uns, mich, die Firmlinge?
2. In der Steiermark haben wir in den letzten Monaten – im Hinblick auf unser Diözesanjubiläum – nachgedacht: Wie werden wir in Zukunft als Christen leben? Wie wird die Kirche in unserem Land in 20 – 30 Jahren aussehen und ihren Auftrag erfüllen? Wir wollen ja die Kirche und unsere Kirchen nicht in ein Museum verwandeln. Das Jubiläum soll uns auf einen neuen Weg führen. Wir wollen „Zukunft säen“.
Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, welche Herausforderungen uns bevorstehen. Die Umwelt verändert sich, die Gesellschaft ist im Wandel, auch in der Kirche wird vieles anders werden. Wir gehen auf spannende, uns herausfordernde Zeiten zu. Das Engagement für Christus und als Kirche ist kein bequemes Ruhekissen, sondern verlangt Menschen mit Wagemut, die hinausgehen und neue Wege suchen und beschreiten. Die steirische Kirche braucht Menschen, die das Wort Jesu unmittelbar auch an sich gerichtet verstehen: „Wie mich der Vater gesandt hast, so sende ich euch!“ Jeder und jede, die wir getauft und gefirmt sind, ist damit gemeint.
Papst Franziskus hat erst vor wenigen Tagen den Verdacht ausgesprochen, dass sich viele Christen an vermeintlich sichere Orte zurückgezogen haben, und er hat daran erinnert, dass verschlossene Räume am Ende nach Moder riechen und uns krank machen (Gaudete et exsultate 133). Wir sollten uns fragen: Haben wir uns zu sehr in solchen stickigen Räumen eingerichtet? Franziskus nennt diese Versuchung, an einen sicheren Ort zu fliehen, beim Namen: Selbstbezogenheit, Einschließen in kleine Welten, Abhängigkeit, Wiederholung festgelegter Vorgaben, Nostalgie, Pessimismus, Zuflucht zu Normen (134). In der Lesung aus der Apostelgeschichte, die wir vorhin gehört haben, ist uns als Kontrast ein Diakon vorgestellt worden, Philippus, der an die Ränder hinausgegangen ist, sich den Fragen eines Fremden gestellt und ihm den Weg zu Christus gewiesen hat.
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ Das ist die Richtung, in der wir eine Antwort auf unsere Frage „wofür lebst du?“ suchen sollen.
Christus braucht auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die es als ihren geistlichen Lebensauftrag verstehen, mit ihm als Priester, Diakon, in einer Ordensgemeinschaft, in einem seelsorglichen oder caritativen Beruf diesen Weg zu gehen. Das ist spannend, braucht Mut und hat etwas von einem Abenteuer an sich. Aber Er geht mit. Beten wir mit Papst Franziskus „um die Gnade, nicht zu zögern, wenn der Heilige Geist uns auffordert, einen Schritt vorwärts zu tun; bitten wir um den apostolischen Mut, anderen das Evangelium weiterzugeben und es zu unterlassen, aus unserem christlichen Leben ein Museum voller Andenken zu machen“(139).
3. „Wofür lebst du?“ – Diese Frage soll uns nicht loslassen, sie soll uns aufwecken: Euch die Jungen, uns die Älteren und Alten. Sie ist aber auch begleitet von der anderen Frage: „Wovon lebst du? Wovon leben wir?“
Der Weg, auf den uns Jesus mitnimmt, ist ein „gemeinschaftlicher Weg“ (141). Jesus hat seinen Jüngern wenige Stunden vor seinem Kreuz beim Abendmahl aufgetragen: „Tut das zu meinem Gedächtnis!“ Nach seiner Auferstehung hat er diese Gemeinschaft wieder aufgenommen: „Sie erkannten ihn, als er das Brot brach!“ Und sie sagen von sich: „Wir, dir wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben.“ Wo Menschen in seinem Namen beisammen sind, ist er mitten unter ihnen.
Davon leben wir und das hindert uns, zu meinen, alles allein und selbst machen zu können oder zu müssen. Die Gemeinschaft mit Christus, dem lebendigen Brot, ist es, wovon wir leben. Diese Gemeinschaft verleiht uns die Gabe des Heiligen Geistes. „Das Wort Gottes miteinander zu hören und die Eucharistie gemeinsam zu feiern, macht uns immer mehr zu Brüdern und Schwestern“ (142). Aber auch dieser Dienst braucht Menschen, die ihn leisten im Namen Jesu und dazu Ja sagen, wenn Christus sie ruft: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich Dich!“
Zu dieser Gemeinschaft sind wir in dieser Stunde versammelt: danken wir Gott für die vielfältigen Gaben und Berufungen, die es unter uns gibt. Danken wir auch den Menschen, die im Auftrag und in der Sendung Jesu uns den Tisch des Wortes und der Eucharistie decken. Und bitten wir darum, dass wir den Mut aufbringen, uns vom Herrn fragen zu lassen: „Wofür lebst du?“.
Amen.
Donnerstag, 19.04.2018
Lesung: Apg 8, 26-40;
Evangelium: Joh 6, 44-51;