Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Maria Magdalena trauert um Jesus. Sie geht zum Grab, da kommt ihr ein Mann entgegen; der auferstandene Jesus. Maria jedoch erkennt ihn nicht gleich. Das neue Leben kommt auf sie zu, aber es ist schwer zu fassen nach der großen Krise der Kreuzigung. Maria braucht ein Vertrauenszeichen. Sie erkennt Jesus erst, als er sie persönlich mit ihrem Namen anspricht. Sie erkennt ihn an der vertrauten Stimme. Sie sieht das Wunder der Auferstehung erst, nachdem sie genau hingehört hat. Plötzlich wird sie von Freude und neuer Lebenskraft erfüllt.
Ostern ist eine Einladung, genauer hinzuhören – auf das, was sich in unserer Gesellschaft an Gutem zeigt. Oft passiert das sehr leise und unbemerkt. In unserer krisengeschüttelten Zeit sind das Unglück und die Not so präsent und laut: Erdbeben und Kriege, Unterdrückung von Menschen aufgrund von Geschlecht und kultureller Zugehörigkeit, Fluchtbewegungen, politische Grabenkämpfe, Teuerung und Krankheiten sind ständige Begleiter im Alltag und in immer mehr Haushalten spürbare Realität. Wie kann es da gelingen, zuversichtlich zu bleiben? Was hilft uns dabei, an die Zukunft zu glauben? Welche Hoffnung können wir unseren Kindern und Jugendlichen ins Herz pflanzen?
König Salomo, der vor 3000 Jahren das Land Israel regierte, hatte in einem Traum einen Wunsch von Gott frei. Er sprach damals zu Gott: „Gib mir ein hörendes Herz.“ (1 Kön 3,9) Dieses hörende Herz wünsche ich uns heuer zum Osterfest. Genaues Hinhören auf das, was der andere wirklich braucht. Hinhören, wie die andere selbst ihr Leben sieht und was sie sich von mir erwartet. Ich wünsche dieses hörende Herz Salomos allen Menschen, damit sie getragen von Nächstenliebe die Gesellschaft mitgestalten. Ich lade alle ein, Zeuginnen und Zeugen des neuen Lebens zu sein, mehr das Gute zu suchen, auch wenn es klein und leise ist. Ich lade Sie ein, jeden Tag ein Stück mehr Menschen der Zuversicht zu werden, Menschen, die einander zuhören, sich als Geschöpfe Gottes Achtung und Wertschätzung entgegenbringen, anstatt einander zu verurteilen und die gesellschaftliche Spaltung zu verstärken.
Die Katholische Kirche erlebt weltweit gerade einen großen „Hinhör-Prozess“; die Weltsynode. Mit diesem Hineinfragen nach den Anliegen der Menschen lernt und übt unsere Kirche eine Haltung, die dem Vorbild Jesu wesentlich entspricht. Hierbei geht es vor allem um jene, die in der Gesellschaft zu wenig Gehör finden: „Was willst du, dass ich dir tue?“, fragt Jesus den blinden Bartimäus. Dieses Fragen, was dem anderen hilft, soll das Wesen von Kirche sein. So danke ich allen, die im Hinhören so konkret werden, dass sie Not lindern, Einsame besuchen, Kranken beistehen, körperlichen und seelischen Hunger stillen, Initiativen für mehr Mitmenschlichkeit setzen und auch strukturell die Weichen stellen für eine bessere Zukunft. Die Nächstenliebe ist der eine Flügel des Schmetterlings Kirche. Die Gottesliebe und der Gottesdienst der andere. Nur das Zusammenwirken beider Flügel wird Kirche in die Zukunft tragen.
Ostern, die Zeit der Auferstehung Christi, ist die Einladung schlechthin, stets voll Hoffnung zu sein, dass es zu einem Aufleben kommt. So wie die Natur jedes Jahr neue Triebe hervorbringt, soll auch unser Leben vom Aufleben getragen sein. „Die Armen sollen essen und sich sättigen; den HERRN sollen loben, die ihn suchen. Aufleben soll euer Herz für immer“, heißt es dazu in den biblischen Psalmen. Aus meiner Erfahrung ist jede Begegnung, jeder Neuanfang eine Möglichkeit, aufzuleben. Aufleben lässt mich auch das Engagement der jungen Menschen, die sich mit echter Hingabe, der Bereitschaft zum Verzicht und ihrem ganzen Enthusiasmus für die Zukunft der Erde einsetzen. Sie sind beharrlich und weisen uns darauf hin, dass sie Hoffnung haben. Enttäuschen wir sie nicht! Gehen wir mutig Wege der Veränderung. Nur so kann Solidarität weltweit Frucht bringen.
Ostern ist eine Einladung, „Zuversichtsmenschen“ zu bleiben oder zu werden, Menschen, die das Positive weitererzählen: die frohe Botschaft der Auferstehung. Die Corona-Krise scheint größtenteils überwunden zu sein. Es gibt viel zu reflektieren und auch zu vergeben. Aber die Angst dürfen wir zurücklassen. Auch das ist ein Anlass, Auferstehung zu feiern. Jesus sagt zu Maria Magdalena und den Jüngern: „Fürchtet euch nicht. Ich bin es.“ Hören wir auf dieses Wort und lassen wir es in unserem Leben Frucht bringen. Lassen wir nicht den Tod siegen, sondern das Leben.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostern!
Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl