Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Lieber Herr Diözesanbischof Wilhelm, und Sie, geehrte und liebe hier im Gedenken an den verstorbenen Papst emeritus Benedikt XVI. – Joseph Ratzinger versammelte Damen und Herren, Schwestern und Brüder!
Der Herr Diözesanbischof hat mich eingeladen, bei diesem von ihm geleiteten Gottesdienst im Gedenken an den Papst emeritus Benedikt XVI. zu predigen. Ich habe gerne zugesagt, weil ich mit dem Verstorbenen seit vielen Jahrzehnten verbunden war.
Denken und danken, das sind in unserer Sprache zwei fast gleichlautende Wörter, die auch innerlich zusammenhängen. Das Danken ist ja eine besonders erfreuliche Art des Denkens. Wir feiern Eucharistie, das heißt Danksagung. Zuerst und zuletzt ist dies ein Dank an Gott für Schöpfung und Erlösung. Wir feiern dieses Requiem aber besonders auch als Dank im Blick auf das Wesen und Wirken des verstorbenen Papstes und als Gebet für ihn.
Hoch betagt ist er am letzten Tag des Jahres 2022 über jene Schwelle gerufen geworden, vor der auch wir alle irgendwann stehen werden. Es ist die Schwelle vom Leben zum Tod und bezogen auf diese Schwelle erhofft ein profunder Christ durch Gericht und Läuterung hindurch eine ewige Heimat bei Gott. Der Theologe Joseph Ratzinger hat über diese sogenannten letzten Dinge in frühen Jahren ein wichtiges Buch geschrieben.
In den wenigen Tagen seit seinem Tod waren weltweit und besonders auch im deutschen Sprachraum unzählige Stimmen der Würdigung von Wesen und Wirken des Verstorbenen vernehmbar: Stimmen aus der christlichen Ökumene, aber auch aus anderen Weltreligionen und aus Politik und Kultur. Das ergibt einen großen, aber nicht immer harmonischen Chor, der immer noch anwächst. Generelle Dankbarkeit, ja Zuneigung kommen hier ebenso zu Wort, wie differenzierte und aggressive Kritik. Hämische Kritik gibt es aber selten und das zeigt die Stärke eines gemeinsamen humanistischen Ethos in unserer weithin säkularisierten Zivilgesellschaft.
Der katholisch-bayerische Christ, Professor, Kardinal und Papst Joseph Ratzinger war so etwas wie ein herausragender Weltdenker, ein Mann der Synthese, ein Mensch mit besonders viel Herzkraft, aber auch mit besonders viel Denkkraft. Ungemein bescheiden und fähig zu viel Empathie war er zugleich ein Mensch mit festen Prinzipien. In die Aufgabe des Leitens als Bischof, Kardinal oder gar als Papst hat er sich nie gedrängt und er war dazu auch nicht am stärksten begabt. Daraus haben sich auch die bekannten Konflikte besonders über das ungeheure Thema „Missbrauch“ ergeben. Der Papst hat dies schließlich auch einbekannt und sich dafür entschuldigt.
Am Schluss dieser Predigt zitiere ich einiges aus meiner Würdigung des Verstorbenen, die von KATHPRESS und einer steirischen Tageszeitung gemeinsam erbeten worden war und vorgestern dort veröffentlicht worden ist. Dort heißt es wörtlich:
„Größe und Grenze, das sind sehr ähnliche Worte, die zueinander in Spannung stehen. Im Ganzen gilt dies auch für die Biografie von Joseph Ratzinger und auch für Papst Franziskus. Im deutschen Sprachraum dominiert aber in der Auseinandersetzung um den Synodalen Weg Enttäuschung über die Bilanz von Leben und Werk des verstorbenen Papstes, des unbestreitbar großen Theologen und geistlichen Meisters aus Deutschland. Es gibt aber auch niveauvolle Kritik an solcher Kritik und manche jetzige Enttäuschung könnte später als Befreiung von Täuschung erfahren werden.“ Als ein nun alt gewordener Bischof, der mit dem verstorbenen Papst seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden war, sage ich hier unzweideutig, dass ich Benedikt XVI. als einen der großen, ja größten Päpste des 20. Jahrhunderts kenne, und ich sage ihm bezogen auf das Ganze seines Wesens und Wirkens ein großes katholisches Vergelt’s Gott.
„Die Welt verabschiedet sich vom Christentum“, hat der Journalist Karl-Peter Schwarz jüngst in der Zeitung „Die Presse“ geschrieben. Gegen einen solchen Abschied steht und wirkt mit aller Kraft der Papst Franziskus. Und der Papst Benedikt hat auf eine andere, dazu komplementäre, Weise gewirkt. Ich konnte ihn im August 2016 mit einigen Mitgliedern seines „Schülerkreises“ nach meinem Vortrag über Europa in Castel Gandolfo vor seinem Klösterchen in den Vatikanischen Gärten begegnen. Er war entmutigt durch Berichte über Krisen des kirchlichen Lebens in Deutschland. Ich habe ihm dann gesagt: „Ich kann und will da nichts schönreden, aber ich möchte dem Heiligen Vater ein Wort Gottes aus dem Prophetenbuch Isaias in Erinnerung rufen. Es lautet: „Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es noch nicht?“ Dieses Wort der Hoffnung ist für mich ein Leitwort auf dem Weg der Kirche, der Christenheit, in die Zukunft.
Geehrte, liebe hier versammelte Brüder und Schwestern!
Mit einer Bitte an Gott für den Papst emeritus und geistlichen Meister Joseph Ratzinger beende ich diese Predigt. Sie lautet: „Gott gebe ihm die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihm, möge er ruhen in Frieden“ – und dies im geliebten Latein wiederholt: „Requiem aeternam dona ei Domine et lux perpetua luceat ei. Amen!“