Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Dass die menschliche Würde ein wichtiger und gleichzeitig schwer fassbarer Begriff ist, zeigte sich beim Ethikimpuls 2022 der Grazer Elisabethinen am 22. Juni, als im Minoritensaal Kardinal Christoph Schönborn mit Elisabethinen-Direktor Christian Lagger über die Würde sprach. Zurückblickend auf seine Kindheit erzählt Kardinal Schönborn davon, dass seine Eltern und Großeltern geschieden waren: „Das war damals ein Skandal. Man hat uns deshalb schief angeschaut, man fühlte sich unwürdig.“ Auch das Adelssystem war der Würde nicht zuträglich. „Die Menschen waren nicht gleich gestellt bis in den Tod“, so der Kardinal. Je höher der Status, desto höher war man aufgebahrt.
Viel hat sich seither gebessert, dafür taten sich neue Schwierigkeiten auf. So etwa, dass die Befürworter des assistierten Suizids damit werben, dass dies ein Sterben in Würde ermögliche. „Ist der normale Tod würdelos?“, fragt der Kardinal und warnt davor, das Sterben in Würde auf die gesteuerte Art des Sterbens zu reduzieren: „Sterben in Würde ist etwas, das sich alle wünschen.“
Die Würde des Menschen sieht der Kardinal als zutiefst im Christentum verankert und verweist auf den griechischen Philosophen Kelsos und sein christliches Gegenüber Origines. Kelsos kritisierte die ChristInnen als Revoluzzer, weil diese von einer Menschheitsfamilie mit gleicher Würde sprachen; zu einer Zeit, als es Sklaven und Herren gab, wurde das als Sprache des Aufstandes gedeutet. „Das Christentum hat die Sklaverei nicht beendet, dazu hatte es nicht die Macht. Aber es hat Veränderung gebracht“, so Schönborn und verweist auf Paulus, der einen Sklaven zu seinem Herrn zurückschickte mit den Worten „diene ihm wie Christus“ – und dem Herrn verordnete „nimm ihn auf wie Deinen Bruder“.
Zudem sei durch die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus die Menschenwürde universell festgelegt. Umso schlimmer sei es, wenn die christliche Kirche immer wieder von Missbrauch erschüttert werde. „Durch Missbrauch wird eklatant gegen die Würde des Menschen verstoßen“, so der Kardinal. Das Benennen von Schuld sei die Voraussetzung dafür, dass die Würde wiederhergestellt werde. Wer seine Schuld nicht einsehe, verletze auch seine eigene Würde, sagt Schönborn und erzählt von zwei Priestern, die sich selbst der Polizei gestellt haben, weil sie mit der Schuld nicht mehr leben konnten. Einer verbüßte eine Haftstrafe, der zweite nahm sich das Leben. Und er spricht von der Opferschutz-Kommission und der Hoffnung, den Opfern die Würde zurückzugeben.
Als würdelos stellte sich zudem Zweierlei heraus: Der Umgang mit PolitikerInnen und die Chat-Affäre. Kardinal Schönborn kritisierte die Veröffentlichung von Ermittlungsinhalten und die Vorverurteilung von PolitikerInnen und verweist auf die Unschuldsvermutung, solange es kein Urteil gebe: „Der Schutz der Menschenwürde in der Politik ist eine Frage der Rechtskultur eines Landes. Die Rechte eines Menschen werden durch die ständige Durchlöcherung der Unschuldsvermutung ausgehöhlt und das ist gefährlich für die Gesellschaft.“ Angesprochen auf die Chat-Affäre sagt das österreichische Kirchenoberhaupt, es gebe die Dinge, die sich nicht gehören: „Vielleicht hätten wir damals lauter protestieren sollen.“
Trotz aller Schwierigkeiten ist Kardinal Schönborn voll Zuversicht, was die Enkelgeneration angeht. Diese werde ihren Weg finden, so wie seine Vorfahren zwei Weltkriege und den Wiederaufbau gemeistert hätten. Vor allem: Die Liebe Gottes sei nach wie vor da.
„Wir sind täglich mit der Würde des Menschen konfrontiert“, sagt Schwester Bonaventura von den Grazer Elisabethinen. Deshalb sei im Leitbild des Gesundheitsstandortes festgehalten, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und das menschliche Leben in jeder Situation seine eigene Qualität hat. „Dieser Aspekt ist in der Pandemie nicht einfacher geworden“, so die Generaloberin. Entscheidend sei, nie aufzuhören, nach der Würde zu suchen danach, was notwendig und Not wendend ist. Ein Baustein ist das VinziHospiz am Spitalsstandort, wo Obdachlosen Menschen ein Sterben in Würde ermöglicht wird.