Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Papst Franziskus hat 2021 einen weltweiten, synodalen Prozess gestartet – mit dem Ziel, Kirche als „gemeinsamen Weg“ aller Getauften bewusst zu machen. Auf diese Art werden „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ als wegweisend für die Kirche in allen Kulturkreisen zusammengetragen. Die Diözese Graz-Seckau hat bereits die Menschen befragt; mehr als 1.790 Steirer:innen haben in den vergangenen Monaten mitgemacht.
Die Ergebnisse der Befragung werden nach der vorsynodalen Online-Versammlung mit 120 Teilnehmenden am 5. Februar im Sommer mit jenen der anderen österreichischen Diözesen zusammengeführt und zuletzt bei der Bischofssynode 2023 im Vatikan beraten. „Wir wurden vom Synodensekretariat des Vatikans gebeten, unsere Ergebnisse nicht zu glätten, sondern die Meinungen des Volkes Gottes weiterzugeben“, verspricht Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl maximale Transparenz.
An der Befragung haben 1.532 Menschen per Online-Fragebogen für Einzelpersonen, 235 Personen in 21 Gruppenkonsultationen sowie 22 Personen in qualitativen Tiefeninterviews teilgenommen. Darunter waren Kirchenkritische, aus der Kirche Ausgetretene, Jugendliche und junge Erwachsene, Menschen in sozial schwieriger Situation, Elternteile mit Jungfamilien sowie Personen mit Migrationshintergrund. Dazu kam ein Austausch mit der Partnerdiözese Bom Jesus da Lapa in Brasilien. Zudem gab es eine Sekundärerhebung aus weiteren Daten – aus dem Zukunftsbild der Diözese, aus Konzepten zur Kirchenentwicklung, aus Pastoralplänen oder Befragungen von Ausgetretenen, erklärt Stefanie Schwarzl-Ranz vom diözesanen Synodenteam und Bereichsleiterin für Seelsorge der Diözese Graz-Seckau.
Bei der Befragung waren acht Themenkreise als zentral: Synodalität (das gemeinsame, gleichwertige Voranschreiten aller Getauften), die Aufgabe der Kirche heute, die Rolle der Kirche angesichts der Spaltungstendenzen in Kirche und Gesellschaft, die Formen der Beteiligung, die Ausgrenzung mancher Gruppen, die Rolle der Frauen, die Rolle der Priester und das zeitgemäße Feiern.
Ein Thema war besonders brisant: Jenes der Ausgrenzung durch die Kirche. Ungefähr die Hälfte der InterviewpartnerInnen nennt „queere“ Personen sowie Frauen, die von der Kirche außen vorgelassen würden. Mehrmals in dieser Hinsicht werden außerdem Kinder, Jugendliche und junge Menschen sowie Wiederverheiratete genannt. „Bei allen Themen wurden unterschiedliche Standpunkte deutlich“, erklärt Stefanie Schwarzl-Ranz. Im Zwiespalt zwischen bewahrenden und fortschreitenden Kräften zu agieren, liege die größte Herausforderung der Kirche. Freilich unter der hoffnungsvollen Prämisse, dass alle Getauften die gemeinsame Nachfolge Christi eint.
Dass die Kirche sich gesellschaftlich klar positioniert bzw. einen Beitrag zur Lösung von Konflikten und Spannungen leistet, wird wenig gesehen – oder kritisch betrachtet. „Solange die Kirche sagt, was auch meine Meinung ist, passt es. Wenn nicht, dann trete ich eben aus“, beschreibt Bischof Wilhelm die oft gehörte Befindlichkeit – auch im Zusammenhang mit der COVID-Pandemie. Überdies werden gesellschaftliche Positionierungen von Kirche (z. B. zur Abtreibung oder zum assistiertem Suizid) teilweise als nicht zeitgemäß erlebt, weil man „zu sehr an der Bibel klebt“ oder sich im engen, kirchennahen Kreis bewege und nicht wisse, was die „normalen Menschen“ im Alltag brauchen. Bischof Wilhelm: „Hier braucht es weitere Gespräche, um nicht aneinander vorbei zu reden.“
Wichtige für die Kirche seien die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, das Lösen von ökologischen Fragen, die soziale Gerechtigkeit und die damit verbundenen wirtschaftlichen und psychischen Herausforderungen sowie die Migration. Hier könne die Kirche dadurch beitragen, indem sie leerstehende Pfarrhöfe für Menschen in Not – etwa Flüchtenden oder finanziell Benachteiligten – zur Verfügung stelle. Zentral sei natürlich die Sendung der Kirche: „Die Menschen hungern nach Spiritualität. Die Kirche hat so viel zu bieten für alle, die sich die Sinnfrage stellen oder Hoffnung suchen“, hieß es. Da sei ein aktiveres Zugehen auf die Menschen gefragt.
Den Teilnehmenden ist bewusst, dass die Zukunft der Kirche bei den jungen Menschen liegt – noch ohne ein Rezept, wie man diese in unserer kurzlebigen, auf Events fokussierten Zeit erreichen und dauerhaft begeistern könne. Zeitgemäße Gottesdienste und Feiern können hier ein Weg sein – ebenso wie ein vorbildhaftes, gutes Leben, wie es im Evangelium beschrieben ist. Viele meinen, dass an Weihämtern für Frauen kein Weg vorbeiführe. „Ohne Wertschätzung und Bevollmächtigung der Frauen wird die Kirche aussterben”, heißt es in einer Stellungnahme überspitzt. Gleichzeitig war sichtbar, dass die Möglichkeiten für Frauen, in der Kirche führend mitzuarbeiten, bis auf das Weiheamt schon jetzt groß seien.
Bei der Offenheit für Anliegen, Fragen und Probleme der Menschen bekommt die Kirche mit 4,3 von zehn Punkten nur ein mäßiges Zeugnis. Darauf bezieht sich der Wunsch nach mehr Beteiligung – durch Versammlungen, persönliche Kontakte sowie Formen der Bürgerbeteiligung und Online-Umfragen. Letzteres wird von fast 50% der jüngeren Teilnehmenden (bis 35 Jahre) gewünscht. Lob gab es für die Arbeit der Caritas und für die kirchlichen Bildungseinrichtungen. Hilfreich für Pfarrer wurden die neuen Strukturen in den Seelsorgeräumen mit geteilter Verantwortung genannt.
Bischof Wilhelm: „Dies alles zu hören, ist extrem wichtig, damit wir unser Zukunftsbild weiterentwickeln können. Ich bin bestärkt darin, dass es unsere Kernaufgabe ist, die Frohe Botschaft (das Evangelium) zu den Menschen zu bringen, die so wertvoll für alle sein kann. Wie auch immer das passiert.“ Deshalb werde nun an jenen Themen weitergearbeitet, die man in der Diözese Graz-Seckau abwickeln könne. „Komplexe Bereiche wie die Weihe von Frauen oder der Umgang mit der Geschlechtervielfalt ist auf diözesaner Ebene kaum lösbar, die Beteiligung aller Gläubigen hingegen kann sehr wohl in unseren Seelsorgeräumen angegangen werden“, sagt Gerlinde Paar, Vorsitzende des Diözesanrats der Katholischen Kirche Steiermark.
Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse im Priester- und Diözesanrat diskutiert und geklärt, was man in der Diözese schon direkt machen könne. Unser diözesanes Ergebnis wird bei der Bischofskonferenz im Sommer 2022 mit jenen der anderen Diözesen zusammengeführt und – so wie die Ergebnisse aus aller Welt – ans Synodensekretariat des Vatikan übergeben. Bei der Bischofssynode 2023 werden – nach einer kontinentalen Phase ab Herbst – die internationalen Ergebnisse diskutiert. Zusätzlich wollen die österreichischen Bischöfe brennende Fragen beim nächsten ad-limina-Besuch im Vatikan ansprechen, verspricht Bischof Wilhelm.
Der Prozess hin zur Bischofssynode 2023 in Rom hat für die Diözese Graz-Seckau am 17. Oktober 2021 mit einer Wort-Gottes-Feier auf der Grazer Murinsel begonnen. Gleichzeitig startete der Befragungsprozess, der bis 9. Jänner 2022 lief und bei dem 1790 Menschen mitgemacht haben; gut ein Drittel davon ohne Kirchenbindung. Auf die Auswertung der Befragung folgte die synodale Versammlung der Diözese am 5. Februar mit 120 TeilnehmerInnen aus verschiedensten Bereichen. Die Essenz aus Befragung und Versammlung wird im April vom Priester- und Diözesanrat freigegeben, im Sommer in der Bischofskonferenz mit den Ergebnissen der anderen österreichischen Diözesen zusammengeführt, auf Europa-Ebene beraten und dann an den Vatikan weitergereicht. Im Oktober 2023 findet schließlich die Bischofssynode in Rom statt. Österreich wird dort durch Erzbischof Franz Lackner als Vorsitzendem der Österreichischen Bischofskonferenz vertreten sein.