Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Schwestern und Brüder!
Zu Ostern feiern wir den Sieg des Lebens über den Tod. In schwierigen Zeiten zählt die Bedeutung dieses Festes mehr denn je, sind wir doch seit mehr als einem Jahr besonders herausgefordert und auch mit dem Tod konfrontiert. Gerade deswegen möchte ich allen danken, die sich in der Nachfolge unseres Herrn engagieren - trotz aller Sorgen und Probleme und der Einschränkungen, die wir erdulden. Einiges davon war aufs Erste nicht nachvollziehbar, aber im Blick auf unsere Nächsten wird vieles klarer. Dass wir alle mit unseren unterschiedlichen Biografien und Verantwortungen mitunter zu kurzsichtig gehandelt haben, wird vermutlich der Fall sein. Als Bischöfe haben wir das schon in unserem Hirtenwort zu Pfingsten 2020 eingestanden.
Ostern wird heuer in seinem umfassenden Sinn erfahrbar: mit der Endgültigkeit des Karfreitags, der Apathie des Karsamstags und dem Aufleben des Ostersonntags. Dennoch steht außer Frage, dass wir nur im bewusst gelebten Miteinander mit Gottes Hilfe diese Krise meistern werden.
Im Karfreitag werden wir auf dramatische Weise mit der Sterblichkeit konfrontiert und mit dem (scheinbaren) Ausgeliefertsein an Umstände, die wir nicht beeinflussen können. Blickt man auf die Schlagzeilen des vergangenen Jahres, finden wir viele gesellschaftliche Karfreitagserfahrungen: Die Corona-Krise mit all ihren Auswirkungen auf das wirtschaftliche, soziale und persönliche Leben, die Verfolgung von Christen und Menschen anderer Religionen, die Schicksale geflüchteter Menschen in Europa, Hunger, Naturkatastrophen, der Klimawandel. Vieles rückt durch die Pandemie in den Hintergrund. Schwierige Erfahrungen zu leben und zu durchleben ist ein Aspekt von Ostern, ist ein Aspekt von Leben. Vielleicht mag das Wort aus Psalm 22, mit dem Jesus am Kreuz mit seinem Schicksal hadert, auch uns selbst zum Ausdruck der Perspektivenlosigkeit werden: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens? Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; und bei Nacht, doch ich finde keine Ruhe." Zurückgeworfen zu sein auf sich selbst - das wurde und wird uns allen abverlangt. Das auszuhalten ist schwer, aber das alles durchaus auch klagend zu erfahren, macht uns einmal mehr menschlich.
Zur Feier von Ostern gehört auch die Ohnmachtserfahrung, für die der Karsamstag sinnbildlich steht. In der Kluft zwischen Karfreitag und Ostern, zwischen dem scheinbaren Triumph des Todes über den Sohn Gottes, dem Scheitern aller Hoffnungen und dem Jubel von Ostern, dem Geschenk neuen Lebens durch Christi Auferstehung, fordert uns gerade der Karsamstag zum Aushalten heraus. Die Machtlosigkeit wird unerträglich - so wie Unmut, Verzweiflung, psychische und finanzielle Belastung im Heute. Doch wir dürfen darauf bauen, dass der Herr unser Gott auch die dunkelsten Erfahrungen, die einem Menschen begegnen können, selbst am eigenen Leib ausgehalten hat. Sich dagegen zu erheben und laut zu werden, mag verlockend sein. Aber ein Virus lässt sich so nicht vertreiben. Wir müssen uns eingestehen, dass es das Anstehen, das nicht weiter Wissen gibt. Halten wir Gott auch diese Erfahrungen und unser Klagen hin! Ostern kann es nicht ohne Karfreitag und Karsamstag werden. Immer wieder stellt sich die "Warum-Frage". Warum lässt Gott dies oder jenes zu? - Bleiben wir nicht stehen bei der Suche nach Ursachen, suchen wir vielmehr nach dem Sinn und dem Zweck, dem "Wieso?", das auch in dieser Frage steckt. Dann finden wir im Leiden und Sterben des Karfreitags und in der Leere des Karsamstags die Kraft, auszuschreiten und jene Hoffnung, die uns Christinnen und Christen zuinnerst trägt. Auch der Psalm 22 verharrt nicht Trostlosigkeit, denn gegen Ende heißt es: "Aufleben soll euer Herz für immer."
Wir alle sehnen uns nach einem Aufleben. Sei es ein gesellschaftliches, sei es das der Natur, sei es ein Aufleben von Beziehungen oder der eigenen Lebensfreude. Dafür steht der Ostersonntag, der Tag der Auferstehung, der Freude, eben des Auflebens. Diesen Wert des Auflebens und damit des Lebens in seiner Fülle hat uns die Pandemie so deutlich gezeigt. Sie hat uns gelehrt, das wertvolle Gut des Lebens hochzuhalten, nicht leichtfertig damit umzugehen - besonders am Lebensanfang und am Lebensende. Die Diskussion rund um den Schiedsspruch des Verfassungsgerichtshofs zum assistierten Suizid zeigt uns die Komplexität und Vielfalt der Fragestellungen rund um das Leben auf. Krankheit, Pflege, Hospiz und Palliativbetreuung bekommen in dieser herausfordernden Zeit eine neue und vertiefte Bedeutung. Ebenso wie der aufopfernde Einsatz jener, die sich in diesen uns fordernden Monaten für das Aufleben von anderen Menschen eingesetzt haben.
Der Einsatz für das Leben heißt auch, sich für bessere Lebensbedingungen von armen und benachteiligten Menschen in unserer Gesellschaft stark zu machen. So betonte Papst Franziskus etwa in seinem Schreiben zum diesjährigen Welttag der Kranken: "Eine Gesellschaft ist umso menschlicher, wie sie sich ihrer schwachen und leidenden Glieder anzunehmen vermag und wie sie dies aus dem Geist einer geschwisterlichen Liebe leisten kann. Streben wir nach diesem Ziel und machen wir es in einer Weise, dass keiner einsam zurückbleibt und keiner sich ausgeschlossen oder fallengelassen fühlt." Unser Papst wird auch nicht müde, von einer gerechten weltweiten Verteilung der Impfstoffe zum Bekämpfen der Pandemie zu sprechen. Und mit einem weltweiten Bildungspakt will er erreichen, dass sich alle, die in der Erziehung tätig sind, die jungen Menschen zu Geschwisterlichkeit heranbilden, damit Trennungen und Konflikte überwunden, Gastfreundschaft, Gerechtigkeit und Frieden gelebt werden. Der Einsatz für das Leben in seinem umfassenden Sinne ist ein klarer Auftrag für uns Christinnen und Christen. Ein Auftrag, den wir nicht allein bestreiten müssen, denn der Auferstandene geht mit: "Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28, 20).
Wenn wir Ostern feiern und leben, dann feiern wir, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern neues Leben hervorbringt. Und dass es stets Hoffnung gibt. Voll Zuversicht miteinander voranzuschreiten - das wünsche ich mir für die Zukunft unserer Kirche in der Steiermark, für Österreich, ja für die ganze Welt. Ihnen wünsche ich von Herzen - verbunden mit meinem Segen - den Mut, den Verlust von Bekanntem zu benennen, die Zuversicht auf eine erfüllte Zukunft und die Chance, die neuen Möglichkeiten von Kirche und Gesellschaft wahrzunehmen, daran zu wachsen und daran mitzubauen. Verbunden im Glauben an die Auferstehung behüte und segne Gott Sie und alle, die Ihnen nahestehen!
Ihr
Wilhelm Krautwaschl, Diözesanbischof
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