Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Was im mittleren 20. Jahrhundert in der öffentlichen Wahrnehmung noch einfach war, ist für die Gesellschaft von heute eine Herausforderung: Die Definition von Geschlecht und die damit verbundene Wertschätzung für die geschlechtliche Vielfalt, die in unserer Gesellschaft vorhanden ist. Die Katholische Kirche Steiermark (Familienreferat, Fachbereich Pastoral & Theologie, Katholische Hochschulgemeinde) hat bei der Online-Veranstaltung „Sexualitäten Faktencheck 2021“ eine Annäherung versucht, wie Kirche mit „queeren Sexualitäten“ umgehen soll.
Wie vielfältig Sexualität heute gesehen wird, beschreibt Gabriele Rothuber, Geschäftsführerin der Fachstelle Selbstbewusst sowie Obfrau und Intersex-Beauftragte HOSI Salzburg. Zur Sexualität gehöre das körperliche Geschlecht, die bisweilen davon abweichende Geschlechtsidentität, also welchem Geschlecht man sich zugehörig fühle und der Geschlechtsausdruck, also wie man sich nach außen gebe, kleide, schmücke. Das alles sage wiederum nichts darüber aus, von welchem Geschlecht man sich sexuell oder romantisch angezogen fühle.
Gut zehn Prozent der Bevölkerung seien homosexuell, knapp zwei Prozent intergeschlechtlich, so die Expertin. Alle zusammen nenne man „queere Menschen“. Rothuber hält fest, dass Menschen, die nicht der klassischen Norm entsprechen, unter Stigmatisierungen leiden: „79 Prozent werden im öffentlichen Raum beschimpft, 26 Prozent in den Familien nicht akzeptiert, 21 Prozent erfahren Mobbing in der Schule.“ Rothuber ruft dazu auf, die Menschenrechte ins Zentrum der Beurteilung zu stellen - und ergänzt: „Jede und jeder kennt und schätzt queere Menschen."
Der Moraltheologe Walter Schaupp hält auf das Kirchenrecht verweisend fest, dass das Heil der Seele das oberste Gut sei. Mit „queeren“ Menschen tue sich die Kirche insofern schwer, als die christliche Tradition auf zwei biblisch begründeten Geschlechtern aufbaue. Auch viele spätere philosophische Betrachtungen gingen davon aus, dass „keine Zwischenformen zwischen den Wesenheiten von Mann und Frau denkbar sind“. Der „queeren Theorie“ hingegen liege eine unendliche Vielfalt von Geschlechtern durch das Trennen von biologischer und sozialer Dimension zugrunde. Bezogen auf das jüngste Schreiben der vatikanischen Glaubenskongregation, wonach gleichgeschlechtliche Paare nicht gesegnet werden dürfen, meint der Moraltheologe: „Das stößt an eine Grenze. Erstaunlich ist, dass homosexuelle Einzelpersonen gesegnet werden können, deren Beziehung aber nicht.“ Schaupp erklärt das moraltheologisch: In der Tradition gibt es die Ansicht, dass es „in sich schlechte Handlungen“ gebe. „Solange es solche Begrifflichkeiten gibt, ist eine Änderung schwierig“, so Prof. Schaupp.
Man dürfe nicht erwarten, dass Rom die ganze Moraltheologie in wenigen Jahren über den Haufen werfe. Erhoffen dürfe man hingegen eine „Offenheit zur Wirklichkeit“. Schaupp und Rothuber meinen, die Kirche müsse „queere“ Menschen jedenfalls seelsorglich und spirituell gut geleiten. Sie müsse sensibel vorgehen und dürfe keine sexuellen Minderheiten unterdrücken. Und man müsse mit Zähigkeit darauf beharren, dass ein moralisches Umdenken Not tue, so wie das beim Verhältnis zwischen Frau und Mann passiert sei: In der Kirchengeschichte wurden Frauen lange als den Männern unterlegen gesehen. Das ist inzwischen – Gott sei Dank – nicht mehr so.