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Religion ist ein mediales Top-Thema, kommt aber meist in negativen Kontexten und selten mit ihrer eigentlichen Botschaft vor: Diese Einschätzung hat die Schweizer Medienforscherin Carmen Koch bei einer Fachtagung in Graz zum Thema "Religionen im medialen Diskurs" vertreten. Für mehr fundierten Religionsjournalismus plädierten dabei am Mittwoch im Grazer Rathaus auch Medienschaffende wie die Leiterin der Religionsabteilung im "ORF"-Radio, Doris Appel, "Kleine Zeitung"-Außenpolitik-Ressortleiter Stefan Winkler und der Ressortleiter für Religion in der "Furche", Otto Friedrich. Mediale Berichterstattung über Religion könne - wie etwa am Beispiel Islam zuletzt besonders sichtbar - nämlich auch zur Verfestigung von Stereotypen beitragen, so die Experten.
Mediale Stereotypen über den Islam würden dabei verstärkt von jenen Medienkonsumenten übernommen, die bis jetzt keinen realen Kontakt zu Muslimen haben, betonte die an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft tätige Medienwissenschaftlerin Koch. Die mediale Prägekraft wirke sich aber auch bei den christlichen Kirchen immer stärker aus, die zwar noch viele reale Kontakte zu den Menschen hätten, die aber zusehends abnähmen.
Das Bild von Kirche werde daher künftig immer stärker medial geprägt sein, konstatierte Koch, die aber differenzierte: Gebe es bei überregionalen Medien vorwiegend Berichte über Kirche und Religion im Zusammenhang mit Sex, Gewalt, Politik, Erziehung und Schule, so hätten in lokalen Medien kirchliche Kernthemen und das religiöse Leben mehr Bedeutung.
Die Medienwissenschaftlerin machte darauf aufmerksam, dass in den vergangenen Jahren die mediale Berichterstattung über den Islam im Vergleich zum Christentum deutlich zugenommen habe. Koch zitierte aus einer Studie über Schweizer Informationsmedien aus dem Jahr 2015 wonach mittlerweile auf einen Bericht mit christlichen Bezügen 3,6 Berichte mit islamischen Inhalten kommen. Medienberichte über den Islam stünde jedoch meist im Kontext von Gewalt und Terrorismus und würden nur äußerst selten zwischen den verschiedenen innerislamischen Glaubensrichtungen differenzieren
Berichten Schweizer Medien über christliche Themen wird laut der Studie hingegen durchgehend zwischen den einzelnen Konfessionen unterschieden. Thematisch geht es vor allem und den Papst bzw. kirchliche Amtsträger, die Kirchenstruktur, kirchliche Lehre vor allem hinsichtlich Zölibat und Sexualmoral sowie Skandale aber auch Spiritualität.
Meist werde Religion in einem negativen Zusammenhang thematisiert, bei nichtchristlichen Religionen - mit Ausnahme des Buddhismus - sei das noch stärker, so das Fazit. Demnach waren 80 Prozent der untersuchten Medienberichte über den Islam negativ, bei der katholischen Kirche waren es mehr als die Hälfte (56 Prozent) und bei Protestanten ein Drittel (32 Prozent). Insgesamt gebe es in den Medien eine Dominanz von katholischen und islamischen Themen, resümierte die Medienforscherin Koch, wobei Religion im engeren Sinn oft nur nebenbei thematisiert werde. Während christliche Religionen dabei meist als religiöse Akteure wahrgenommen werden, kommen andere Religionen als politische Akteure vor.
Das schwindende religiöse Wissen in der Gesellschaft, aber auch unter Journalisten ist eine ernstzunehmende Herausforderung für Medienschaffende wie auch für die betroffen Glaubensgemeinschaften selbst. Das war der Grundtenor einer Podiumsdiskussion im zweiten Teil des Studientages, an dem neben den drei Religionsjournalisten Appel, Friedrich und Winkler mit Carla Amina Baghajati und Georg Plank auch zwei ehemalige Medienverantwortlichen der Islamischen Glaubensgemeinschaft bzw. der katholischen Diözese Graz-Seckau zu Wort kamen. Plank und Baghajati stimmten darin überein, dass Religionen eine "Bringschuld" gegenüber der medialen Öffentlichkeit hätten. Neben der Bereitschaft zur Kommunikation mit und in Medien sei seitens der Religionen auch mehr Kompetenz und Verständlichkeit nötig. "Wenn Kirche dient, verdient sie auch mediale Relevanz", hielt Plank fest.
Neben dem fehlenden Wissen über den Islam komme heute erschwerend hinzu, dass der Islam primär als politisches Phänomen wahrgenommen wird, erklärte Baghajati. Die "spirituelle Dimension des Glaubens wäre das Gegengift gegen islamistischen Extremismus und Vorurteile", sei aber unter diesen medialen Bedingungen nur schwer zu vermitteln. Umso mehr brauche es diskursorientierte Medien. Weil es dabei wesentlich um Bildung gehe, habe der konfessionelle Religionsunterricht einen hohen Stellenwert genauso wie die religionsübergreifende Zusammenarbeit bei der Ausbildung von islamischen Religionslehrern, wie das in Österreich bereits Realität ist.
Dass das Wissen über Religion nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch unter Journalisten rapide abnimmt, bestätigte Otto Friedrich von der Wochenzeitung "Die Furche". Damit verbunden sei ein gravierende kulturelles Problem, weil etwas "von der Substanz der Gesellschaft verlorengeht", zumal die kulturelle und geistige Prägung der Gesellschaft ohne Wissen um Religion nicht mehr verständlich sei. In der Folge würde mediale Berichterstattung über religiöse Phänomene oft mit Alarmismus statt differenzierter Berichterstattung oder Ratlosigkeit reagieren.
Für den heimischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk bildet der gesetzliche Auftrag zur "angemessenen Berichterstattung über Kirchen und Religionsgesellschaften" die Basis für die Religionsprogramme. Das erläuterte ORF-Journalistin Doris Appel und nannte dafür drei Kriterien: Neben Information und Aufklärung über religiöse Ereignisse und Themen gehe es im Programm auch um Anregung und Inspiration sowie um Angebote für Gläubige. Zu letzteren zählten die sonntäglichen Radiogottesdienste, die unter den Religionssendungen mit rund 650.000 Zuhörern die höchste Reichweite haben.
Die diskutierende Religionsjournalisten stimmten darin überein, dass die eigentliche Herausforderung in der heute für alle medial zugänglichen Informationsflut bestehe. "Es gibt im Netz ein Schattenimperium, das sich der einseitigen Information und Hetze verpflichtet hat", so "Kleine Zeitung"-Journalist Winkler. Die positive Reaktion im Journalismus sei der Trend, nicht mehr nur zu berichten, was geschehen ist, sondern auch zu erklären warum. Unabhängige Rechercheplattformen, aber auch positive Zugänge zu Themen im Sinne eines "konstruktiven Journalismus" und der bewusste Blick auf "good news" sind aus Sicht der Diskutanten sinnvolle Maßnahmen, um Qualität und Glaubwürdigkeit des Journalismus allgemein und in der Religionsberichterstattung zu stärken
Veranstaltet wurde die Enquete "Connecting. Religionen im medialen Diskurs" vom Afro-Asiatischen Institut Graz, der Kirchlich Pädagogischen Hochschule Graz und dem Netzwerk "ComUnitySpirit", das mit Unterstützung der Stadt Graz im interreligiösen Dialog engagiert ist. Unter den Teilnehmern im vollbesetzten Gemeinderatssaal der steirischen Landeshauptstadt waren der emeritierte Grazer Bischof Egon Kapellari, mehrere Gemeinderäte und zahlreiche Studierende.
kathpress