Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Schon die ersten Christengemeinden in Palästina und Syrien sind von der Wiederkunft Jesu überzeugt. Darauf weist der in Aramäisch erhaltene Ruf „Maranatha“ hin. Er bedeutet: „Unser Herr, komm!“ (vgl. 1 Korinther 16,22). Wenn Jesus nach der schrecklichen Kreuzigung wirklich von den Toten auferweckt worden ist, dann – so sind christliche Männer und Frauen von Anfang an überzeugt – hat mit ihm etwas völlig Neues begonnen, dann ist Jesus nicht bloß Vergangenheit, sondern vor allem Zukunft. Dann ist er der Kommende schlechthin. Das Gute, das Gott mit Jesus begonnen hat, wird sich gegen alle Widerstände durchsetzen und eines Tages als Sinn des Ganzen aufleuchten: Dann ist Jesus für alle „sichtbar“ gekommen!
Jesus selbst und später auch die christliche Gemeinschaft, in deren Mitte die Evangelien entstehen, verwenden gerne Motive aus dem Alten Testament, wenn sie über die Zukunft der Welt sprechen und Hoffnungsbilder „malen“. Im alttestamentlichen Buch Daniel findet sich z. B. eine Vision über den Lauf der Weltgeschichte: Mehrere unmenschliche, Regimes, verkörpert durch Raubtiere, lösen einander ab. Schließlich aber kommt „mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn“ (Daniel 7,13); ihm überträgt Gott die endgültige Herrschaft. „Menschensohn“ heißt hier soviel wie „wahrer Mensch“, Inbegriff der Humanität; die ihn tragenden Wolken symbolisieren, dass er von Gott kommt. Das Buch Daniel will damit sagen, dass die Geschichte der Menschheit trotz bestialischer Grausamkeiten und Absurditäten nicht im Chaos enden, sondern von Gott zu einem guten Ziel geführt werden wird. Christlicher Glaube greift diese Bilder auf und verkündet: Jesus ist dieser „Menschensohn“. In Jesus hat Gott die Erlösung der Welt begonnen, durch ihn wird er sie auch vollenden.
Die Hoffnung, dass Gott das Leid der Armen, Geknechteten, Hingemordeten - unter ihnen viele Kinder - nicht übersieht, sondern den Entrechteten eines Tages ihr Recht verschaffen und ihr Elend zum Guten wenden wird, findet sich schon in den Psalmen des Alten Testamentes. Ohne diese „Hoffnung wider alle Hoffnung" hätte ja die ganze Schöpfung keinen Sinn. Jesus hat diese Hoffnung radikal gelebt bis zu seiner Hinrichtung am Kreuz. Christen glauben, dass er durch seine Auferstehung zum Urbild und Bringer dieser Gerechtigkeit geworden ist: Das Leben in dieser Welt mag oft ungerecht sein, vielleicht sogar schmachvoll enden, aber Gott, der in Jesus den Tod überwunden hat, kann neues, unzerstörbares Leben schenken! Wenn wir im Credo sagen, dass Jesus als Richter kommt, verkünden wir primär diese Hoffnungsbotschaft.
Ja, die Bilder und Gleichnisse vom Gericht wollen auch aufrütteln und daran erinnern, dass sich jeder nach Ablauf seines Lebens für sein Verhalten auf Erden verantworten muss. Wir sind ja nicht nur Opfer, sondern oft auch Täter. Jeder Mensch – so christlicher Glaube - wird Jesus begegnen und in der Begegnung mit diesem „Richter“ klar erkennen und spüren, wo er im Leben der Liebe entsprochen hat und wo nicht (vgl. Matthäus 25, 40 und 45). Vielleicht ist es so, dass im Antlitz des „Menschensohnes“ dann jeder auch die Gesichter all derer sieht, die er während seines Lebens geliebt bzw. geschädigt hat. Wenn jemand auch nur ein wenig für die barmherzige Liebe Gottes offen ist, wird diese Begegnung ihn läutern, vielleicht schmerzhaft, aber sicher heilsam. (Das ist wohl der Kern der traditionellen Fegefeuer-Lehre; vgl. auch 1Korinther 3,12-15). Wer hingegen bis zuletzt reuelos die Liebe Gottes ablehnt, wird Jesus fremd, ja sogar abstoßend finden... - ähnlich wie jemand, der zu lange im Finstern war, das Sonnenlicht als Qual empfindet. Das wäre die Hölle. Wir dürfen hoffen, dass dieser Fall nie eintrifft.
Zu allen Zeiten neigen Menschen, die sehnsüchtig oder angstvoll auf das „Ende der Welt" warten, zur Annahme, dieses stehe unmittelbar bevor. Aber es lässt sich nicht terminlich fixieren. (Man kann bestenfalls sagen, dass für den Einzelnen bereits mit dem eigenen Tod das Ende der Welt gekommen ist; in diesem Sinne wäre dann das große Weltende die Zusammenschau vieler individueller Welt-Enden.) Naturwissenschaftlich gesehen scheint es völlig unmöglich, dass unser Universum und die Menschheitsgeschichte gemeinsam innerhalb eines 24-Stunden-Tages zu Ende gehen. Der biblische „jüngste Tag“ oder „letzte Tag“ ist wohl genau so wenig wörtlich zu verstehen wie die „Schöpfungswoche" am Anfang der Bibel (Gen 1), die 969 Lebensjahre Methusalems (Genesis 5,27) oder „die Stunde“ Jesu im Johannesevangelium (z. B. Johannes 12,23). Dieser „Tag" ist keine messbare Zeiteinheit, sondern Symbol für die gläubige Gewissheit: Gott liebt alles, was er erschaffen hat – das Universum, die Menschen, „Materie“ und „Geist“ - und möchte alles in Liebe vollenden. Das „Wie“ kennen wir nicht. Uns sind nur Bilder der Hoffnung gegeben und der Glaube, den Jesus gebracht und vorgelebt hat. Das genügt.
Karl Veitschegger (November 2007)