Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Wir feiern die "Jahre der Bibel"! Mehr Lesen
Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
Schulen, Kindergärten, Bildungshäuser und vieles mehr: Kirche ist ein wesentlicher Bildungsanbieter. mehr Infos
„Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime,
die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat.“ – Dies ist nicht die Aussage von irgendwelchen „blauäugigen Gutmenschen“, sondern die offizielle Lehre unserer katholischen Kirche, wie sie vor fast genau 50 Jahren in der Konzilserklärung Nostra Aetate mit 2221 (von 2312) Stimmen der Bischöfe beschlossen worden ist.
Im Grunde ist diese Formulierung genial – und heute aktueller denn je. Schon der Begriff „Hochachtung“ geht über jede oberflächliche Höflichkeit und leere political correctness hinaus, er entspringt vielmehr einer zutiefst christlichen Haltung des Respektes vor jedem Menschen als Geschöpf und Ebenbild Gottes, und zugleich auch vor allem, was ihm in seiner eigenen Religion heilig ist. Indem das Konzil nun auf der einen Seite diese Haltung vorgibt und auf der anderen Seite ebenso klar das Bekenntnis zu Jesus Christus betont, zeigt es uns, dass zwischen ehrlicher Wertschätzung und christlicher Überzeugung kein Widerspruch besteht, sondern ein produktives Spannungsfeld: Unser eigener Glaube wird durch aktive Wertschätzung von Andersgläubigen nicht verwässert, sondern verwirklicht sich genau in dieser Wertschätzung und findet erst so seine eigene Tiefe! Echte Toleranz zeigt sich nicht dort, wo uns alles gleich gültig (oder gar gleichgültig) ist, sondern da, wo Unterschiede wahrgenommen werden, wo sie mitunter auch wehtun, und wo dieser Schmerz des Unterschiedes in Geduld (im Sinne des Wortes tolerare „erleiden“) ertragen wird.
Grundposition und Praxis
Freilich darf diese theologische Grundposition nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf der ganz praktischen Ebene der gesellschaftlichen Realität viele konkrete Probleme zu lösen sind. Aber auch dort gilt es zu erkennen, dass wir Christ/inn/en mit den Muslim/inn/en längst im selben Boot sitzen. Es geht in Europa nicht, wie manch gestrige Bewegung weismachen möchte, um einen Kampf zwischen christlichem Abendland und Islam, sondern vielmehr um die Frage, welchen Raum Religion insgesamt im öffentlichen Raum hat. Als 2009 ein (von atheistischer Seite in Italien angestrengtes) Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Kreuze aus den Klassenzimmern verbannen wollte, hat in unserem Land die Islamische Glaubensgemeinschaft offiziell gegen solche Vorstöße Stellung bezogen und sich öffentlich mit unserer kirchlichen Position solidarisiert – weil sie klar erkannt hat, dass sich die Logik derartiger Ideen gegen alle Religionen richtet. Probleme in unserer Kirche (z.B. Pädophilie) fallen auf alle Religionen zurück, und ebenso schwächt auch der Missbrauch der islamischen Religion durch Terroristen letztlich nicht nur das Ansehen aufrichtiger Muslime, sondern aller Religionen. Wenn die medial bekannten Gräueltaten von Verbrechern in unseren Köpfen undifferenziert mit „dem Islam“ assoziiert und „den Muslimen“ angelastet werden, haben die Terroristen ihr Match schon halb gewonnen – und das sollten wir nicht zulassen. Gegensteuern kann man hier nur entsprechende religiöse Bildung – und durch ein konstruktiv gelebtes Miteinander im Geist des genannten Konzilsdokuments:
„Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslimen kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.“
Markus Ladstätter
Diözesane Kommission für interreligiösen Dialog
Gekürzt erschienen in "kirche:konkret" 3/4-2015