Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Der heutige Samstag und der morgige Sonntag sind wichtige Erntetage für die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von der Unbefleckten Empfängnis, die man zusammenfassend, aber nicht ganz zutreffend in der Steiermark einfach als Schulschwestern bezeichnet. Es geht nicht um eine agrarische, sondern um eine geistliche Ernte bezogen auf 50 Jahre des segensreichen Wirkens von hochverdienten Ordensfrauen: heute geht es um das Goldene Professjubiläum von sechs Ordensfrauen und morgen um ein diamantenes oder um ein zeitlich noch umfassenderes Professjubiläum von neun Schwestern dieser Kongregation. Ich beziehe mich in dieser Ansprache konkret nur auf das Goldene Jubiläum der Schwestern Gertraud Müller, Hildegard Gölles, Eva-Maria Lechner, Carina Klammer, Mechthild Weber und Gerda Gufler. Fünf von ihnen stammen aus der Steiermark, davon eine aus der Obersteiermark, die anderen aus der Oststeiermark. Sr. Gerda Gufler ist als einzige von ihnen nicht in der Steiermark, sondern im schönen Südtirol geboren. Fast alle Jubilarinnen waren über längere oder kürzere Zeit Schulschwestern im wörtlichen Sinn, während der Dienst von Sr. Gerda Gufler vor allem kranken oder betagten Menschen zugewendet war. Nun leben fünf der Jubilarinnen hier in Graz im Mutterhaus in Eggenberg oder im Provinzhaus am Murkai; Sr. Eva-Maria war durch viele Jahre Gemeindeassistentin in Großlobming und wirkt nun weiterhin im steirischen Norden, nämlich als pastorale Mitarbeiterin in Haus im Ennstal.
In der bisherigen Biografie dieser Jubilarinnen zeigt sich insgesamt viel von der Buntheit des Lebens und des Wirkens der Kongregation der Grazer Schulschwestern. Der Roman des Lebens dieser Frauen wird wahrscheinlich nie geschrieben werden. Es gäbe aber für einen aufmerksamen Blick und eine entsprechende literarische Begabung in jeder dieser Biografien viel Faszinierendes zu sehen und zu besprechen.
Wir feiern heute die Heilige Messe im besonderen Gedenken an den heiligen Priester und Ordensgründer Johannes Eudes, der im 17. Jahrhundert in Frankreich überaus segensreich gewirkt hat. Indirekt verdankt sich ihm auch die Kongregation der Schwestern vom Guten Hirten und die Herz-Jesu-Verehrung wurde von ihm stark gefördert. Die Perikopen der heutigen Messe sind auf ihn bezogen, aber sie haben auch Bezüge auf das Wesen und Wirken der Grazer Schulschwestern. Die Lesung ist aus dem alttestamentlichen Buch Josua genommen, das den meisten Christen wenig vertraut ist. Ich zitiere hier nochmals die erste Zeile dieses langen Textes. Sie lautet: „Dient dem Herrn in vollkommener Treue.“ Treue, das ist ein Leitwort für das Leben jeder Ordensfrau und jedes Ordensmannes. Und jedes Ordensjubiläum, schon gar ein goldenes oder diamantenes, gibt davon Zeugnis, dass die Jubilarinnen und die Jubilare in allem Auf und Ab ihres Lebens und des Lebens der Kirche und der gesamten Zivilgesellschaft dem Versprechen des Anfangs treu geblieben sind. Diese Treue war oft nicht leicht durchzuhalten. Sogar im Leben von vielen heiliggesprochenen Ordensfrauen und Ordensmännern gab es Zeiten der Anfechtung ihres Glaubens, Zeiten geistlicher Dürre, Zeiten der Erfahrung von Nacht und Wüste im negativen Sinn. Diese Heiligen haben aber immer wieder ein „Trotzdem“ der Treue zu ihrem christlichen Glauben gesprochen. Dieses „Trotzdem“, dieses „Und doch“ finden wir auch im 73. Psalm der Bibel. Martin Buber hat es auf seinen Grabstein in Jerusalem schreiben lassen. Es lautet als ein Wort an Gott in den Versen 23 und 24: „Und doch bleibe ich stets bei dir, deine rechte Hand hast du auf mich gelegt. Mit deinem Rat leitest du mich, und am Ende nimmst du mich in Ehren auf.“
Dieses „Trotzdem“, dieses „Und doch“ gab und gibt es auch in den meisten Biografien von Ordensfrauen und Ordensmännern, die ein goldenes oder gar ein diamantenes Professjubiläum feiern können. Und es gibt auch das Lebensmittel Freude: Freude durch Gott, Freude an Gott, „Evangelii gaudium“. Ich glaube, dass dies auch für jede von Ihnen, liebe Jubilarinnen, gegolten hat und heute gilt. Immer wieder gab und gibt es im Leben der Kirche und in der Geschichte der Ordensgemeinschaften ein Auf und Ab. Heute gibt es inmitten vieler Umbrüche auch viele Abbrüche, die wehtun. Es gibt aber immer wieder auch neue Aufbrüche, die zahlenmäßig freilich meist noch nicht im Vordergrund stehen.
Liebe Schwestern! Durch fast 20 Jahre, nämlich von Ende 1981 bis Frühjahr 2001, war ich Diözesanbischof für Kärnten und habe in dieser Zeit mehrmals alle Pfarren besucht oder sogar genau visitiert. An einem Sonntagnachmittag habe ich eine kleine Bergpfarre oberhalb von Brückl visitiert und dort auch das Firmsakrament gespendet. Beim Einzug in die Kirche führte der Weg an einem Brunnen auf dem Dorfplatz vorbei. Der alte vermorschte hölzerne Brunnentrog war erst vor kurzem durch einen neuen ersetzt worden. Aber der alte Brunnenspruch war geblieben, eine wichtige Aussage über diesen Brunnen und sein Wesen und Wirken. Der Spruch lautete: „Immer nur geben, das ist mein Leben.“ Dieses Wort gilt auch für das Leben und Wirken einer jeden von Ihnen, liebe Jubilarinnen. Sie haben viel gegeben und geben immer noch viel, manchmal bedankt und oft unbedankt. Der Brunnen kann nur geben, weil ihm das Wasser aus einer Quelle zukommt. Auch Sie, liebe Jubilarinnen, konnten und können geben, weil die Quelle Ihrer Energie schließlich Gott war und bleibt. Und Sie können daher zu Gott und zur Kirche ein Ja sagen mit den schönen Worten eines anderen biblischen Psalms. Es lautet: „Alle meine Quellen entspringen in dir“ (Ps 87,7).
Liebe hier versammelte Christen! Ein Erntetag ist heute, wie ich am Beginn dieser Predigt schon gesagt habe. Es ist ein Erntetag für die hier anwesenden sechs Jubilarinnen und ein Erntetag für ihre Kongregation, für die ganze Diözese Graz-Seckau und für die ganze Weltkirche. Es ist eine unspektakuläre, aber auch unübersehbare Ernte. Der Dank dafür gilt Ihnen, liebe Schwestern, und mit Ihnen ist es ein Dank an Gott, der oft rätselhaft fern erscheint und dann plötzlich wieder nahe wird. Im Blick auf die heute bedankte Ernte können wir alle den Text des alten Kirchenliedes „Lobet den Herrn“ mitbeten und mitsingen. In diesem Text geht es besonders auch um die Worte: „In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir, über uns Flügel gebreitet“. Und wohl wir alle können dazu ein dankbares nüchtern-frohes Amen sagen.