Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Es ist mir eine große Freude, Sie heute Abend zu diesem Empfang im Kulturzentrum bei den Minoriten willkommen heißen zu dürfen. Wie wir eben gehört haben, befinden wir uns mitten in der Grazer Altstadt, in einem Haus, das sich mit zeitgenössischer Kunst, Gegenwartskultur und Religion auseinandersetzt. Als ein kulturelles und geistiges Zentrum sucht das Kultur-zentrum stets die Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart, widmet sich oft auf unbequeme Weise aktuellen Herausforderungen und lädt zum kritischen Hinterfragen unserer Gesellschaft und manchmal auch des eigenen Ichs ein. Welchen Beitrag leisten Christinnen und Christen in der heutigen Gesellschaft? Welchen Einfluss hatte unser Glaube in den vergangenen Jahrhunderten? Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch gut an die Ausstellung „VULGATA. 77 Zugriffe auf die Bibel“, die ich gemeinsam mit dem damaligen Superintendenten Hermann Miklas im Jahr 2017 hier eröffnet habe – ein Beitrag des Kulturzentrums zum 500. Jahrestag der Reformation. Am Eingang zum Saal erinnert Martin Luther noch daran, wie sie gesehen haben. Die Ausstellung ging der Frage nach der Bibel als Inspirationsquelle nach. Welchen Einfluss hat also die Bibel auf unsere Gegenwart und welchen Stellenwert hat sie bei all den unterschiedlichen Wahrnehmungen der Menschen in unserer heutigen Gesellschaft? Spannende Fragen, die sicher heute noch genauso relevant sind wie vor sieben Jahren.
Dennoch hat sich seitdem viel verändert. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem rasanten Wandel, und die Welt ist von politischen Umbrüchen und damit verbundenen Heraus-forderungen geprägt. Ich denke dabei nicht nur an den erschütternden Krieg in der Ukraine oder die Eskalation des Nahost-Konflikts, sondern auch an das zunehmende Infragestellen demokratischer Werte. Das Superwahljahr 2024 hat immer wieder die Sorgen um die Zukunft der Demokratie und das Miteinander in unserer Welt ins Zentrum gerückt.
Vor etwas mehr als zwei Wochen haben wir uns beim traditionellen Ökumenischen Empfang des steirischen Landtages mit der Frage nach Demokratie und Synodalität auseinandergesetzt. Landtagspräsidentin Manuela Khom betonte die Bedeutung der Demokratie, um unser „Miteinander zu gestalten und vorzuleben, damit Freiheit und Frieden weiterhin das höchste Gut in unserer Gesellschaft bleiben“. Den Kirchen und Religionsgemeinschaften wird eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung unserer freien Gesellschaft zugeschrieben. Das müssen wir als unseren Auftrag und Dienst an der Gesellschaft verstehen. Es geht eben nicht um die Durchsetzung von Interessen Einzelner, wodurch immer die Gefahr von Machtmissbrauch, Ausbeutung und Unterdrückung gegeben ist. All das widerspricht dem Evangelium und unserem Auftrag als Christinnen und Christen. So haben wir schon seit den Anfängen der Kirche die Gemeinschaft in den Mittelpunkt gerückt und Synodaliät als Prinzip und Weg etabliert. So unterschiedlich die Praxis der Synodalität in unseren christlichen Kirchen auch sein mag, eines ist uns allen gemeinsam geblieben: das Bild des gemeinsamen Weges, des syn-odos, das uns als Christinnen und Christen nicht nur innerhalb unserer eigenen Kirchen, sondern auch im ökumenischen Sinne dazu einlädt, vom Gegeneinander über das Nebeneinander zum Miteinander zu kommen. Ich bin dankbar, dass wir in Österreich dies bereits in vielfältiger Form leben, und halte es dennoch für äußerst wichtig, die ökumenische Verbundenheit immer wieder zu betonen. Denn, wie der weit über die Grenzen von Graz hinaus bekannte orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis treffend sagte: „In der Synodalität geht es nicht um das Ich, sondern um das Wir.“ Dies ist eine wertvolle Lektion, die die Gesellschaft von uns als Kirchen lernen kann – und die wir immer wieder einmahnen müssen. Das Wir darf nicht den Interessen einer egozentrierten Gesellschaft zum Opfer fallen.
Ich möchte Sie daher ermutigen, als Christinnen und Christen Zeugnis zu geben – für das Miteinander anstelle des Gegeneinanders, für das Wir, das nochmal größer ist als das Ich und letztlich für die Liebe Gottes, in die wir uns alle hineingenommen wissen.
Ich wünsche Ihnen und uns allen somit einen schönen Abend, gute Gespräche und Begegnungen, weiterhin gute Beratungen in Ihrer Synode und Gottes Segen für all Ihr Tun!