Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Heute ist ein toller Tag, denn heute feiern wir eine Erfolgsgeschichte. Wir feiern 100 Jahre Caritas unserer Diözese Graz-Seckau. Mir ist bewusst ist, dass die „Erfolgsgeschichte“ der Caritas eine wuchtige Schattenseite hat. Denn der Erfolg resultiert aus dem Leid, aus dem Elend von Menschen, die auf der Strecke geblieben sind. Aus der Not der Vergessenen.
Lassen wir kurz einige Dramen der letzten 100 Jahre vor unseren geistigen Augen Revue passieren: Weltwirtschaftskrise, Zweiter Weltkrieg, Atombomben, kalter Krieg, Vietnam, Tschernobyl, Fukushima, Covid, Inflation, Terror, Kriege vor unserer Haustür in Ex-Jugoslawien und nunmehr in der Ukraine. Selbst wenn wir nicht unmittelbar davon betroffen sind und es daneben auch – Gott sei Dank dafür – sehr viel Schönes gibt. Das alles macht etwas mit uns als Gesellschaft. Und wir merken schnell: Immer wird es Einsamkeit, Leid und Not geben, die Tröstung und Hilfe brauchen. Im Matthäus-Evangelium sagt Jesus: „Arme wird es immer bei Euch geben.“ Deshalb wird es immer gelebte Nächstenliebe brauchen.
Und wirklich, caritas als christliches Glaubensprinzip gibt es schon viel länger als 100 Jahre. Sie begleitet die Kirche von Anfang an und ist der Menschheit quasi eingeschrieben. Mit Jesus wurde die caritas ein Wesensteil unseres christlichen Glaubens. Aber erst die Neuaufstellung kirchlicher Nächstenhilfe als Organisationsform namens „Caritas“ hat eine ungemeine Multiplikation kirchlicher Hilfe zugunsten der Armen und Entrechteten bewirkt.
So haben sich im Lauf der Jahrzehnte Markenzeichen für die Caritas herauskristallisiert: Einsatzbereitschaft, Mut, die Kreativität des Helfens, die ständige Weiterentwicklung der Möglichkeiten, dass Menschen aus ihrer existentiellen Not herauskommen. All das hilft unzähligen Menschen und gibt vielen die Chance, ihre Nächstenliebe ganz persönlich ausüben zu können, ist doch die Caritas von vielen Menschen getragen. Ob als Ehrenamtliche oder Angestellte, ob als Spendende, als für die Caritas Betende, als Mittragende der Anliegen der Caritas, als Pfarre oder Ordensgemeinschaft – alle tragen zum Guten bei.
Wenn Nächstenliebe auf diese Weise Hand und Fuß bekommt, dann wird aus ihr das, was Papst Benedikt XVI in seiner Enzyklika Deus caritas est benannt hat (DCE 15): Die Nächstenliebe drückt sich dann nicht durch eine unverbindliche, anonyme Fernstenliebe aus, sondern sie wird real durch unseren praktischen Einsatz hier und jetzt. Nächstenliebe wird zur Wirklichkeit.
So wichtig unser Engagement auch ist – das allein reicht nicht, um die Nöte der Zeit umfassend zu beheben. Auch im öffentlichen, politischen Leben, in den Gemeinden, Bezirken, auf Landeseben ist es bedeutend, dass die Verantwortlichen solidarisch sind und solidarisch handeln. Erst dann kann caritas multiplikatorisch wirken. Zugegeben, caritas kann eine Strapaze sein, zumal für Politikerinnen mit einem gefüllten Terminkalender – und natürlich für alle, die unmittelbar mit der Not konfrontiert sind. Aber es ist eine alternativlose Strapaze – außer man wollte die eigene politische und persönliche Dividende aus der Abkehr von den Notleidenden ziehen. Und das kann nicht aufgehen, denn das wichtigste Prinzip menschlichen Zusammenlebens ist das Prinzip der Mitmenschlichkeit, der einzige Maßstab ist jener der Not, das einzige Ziel ist es, dass sich die Lebensumstände Not leidender Menschen verbessern. Damit alle Menschen würdevoll leben können.
So möchte ich jenen, die hier beitragen und Gutes tun, ein herzliches „Vergelt’s Gott“ sagen. Euer Einsatz ist unbezahlbar, wertvoll und vorbildhaft. Und gleichzeitig bitte ich: Tragt weiter zu einer besseren Welt bei, so wie Euch das möglich ist, tut das Gute und ladet zum Guten ein, mit Leidenschaft, mit Engagement, Herz, Verstand und wenn es passt, auch mit Humor. Das Angebot der Caritas — es ist das jesuanische Programm des barmherzigen Samariters – ist dabei eine Stütze. Es steht für das immerwährende Tun auf dem langen Weg zum Abschaffen von Not und Elend. Letztendlich steht es für den Weg zu Gott.