Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Die Stimmung ist aufgeheizt. Wohl nicht nur deswegen, weil Jesus erneut ein Zeichen, sein letztes und wohl größtes, gewirkt hat. Da waren Erwartungen geschürt worden - viele fragen sich, ob er wirklich all dem entsprechen wird, was in ihn an Hoffnungen gesetzt wurde. Etwas von dieser unruhigen Zeit ist uns zuvor im Evangelium deutlich geworden.
2. Unruhig – so kann man heute auch unsere Gesellschaft bezeichnen und sogar uns in der Kirche.
a. Da stehen Wahlen ins Haus, nicht nur bei uns, sondern für Milliarden von Menschen - und hier bei uns dann auch gleich mehrere. In vielen Ländern der Erde wird damit das Verständnis von Demokratie "geprüft", wenn der Souverän, das Volk, über jene entscheidet, die es vertreten. Die Stimmen werden da und dort schon lauter und bei uns und in anderen Weltgegenden sogar schroff und bedrohlich. Wird das, wofür - interessensgeleitete - Parteien eintreten, sich am Ziel, dem Gemeinwohl, orientieren oder nur am Ziel der Kernklientel? Werden die Teilaspekte - Partei hat bekanntlich "pars" in sich - irgendwo auch das Große und Ganze durchscheinen lassen? Solange es nämlich jemanden gibt, der dieses große Ganze hütet, kann es ruhig auch Teilwahrheiten geben. Eine weitere Frage: Wie verhalten sich jene in dieser Zeit, die sich zu Christus bekennen? Lassen Sie sich vereinnahmen von einer Seite? Oder sieht man ihnen ihr Ringen an, mit dem sie sich ihre Meinung bilden, die sich in der Wahlurne dann manifestiert? Und vor allem - sind sie bereit, durch eine gut überlegte Wahl das zu hüten und zu schützen, was unsere Vorfahren - oft hart errungen - uns mit der Demokratie übergeben haben? Wird also im Stimmengewirr, das in den kommenden Wochen und Monaten noch lauter werden wird, auch auf Seine, auf Jesu Stimme geachtet? "Wird er zum Fest kommen" oder nicht, haben sich damals die Menschen in Jerusalem aufgeregt gefragt ...
b. Bald steht die zweite Versammlung der großen Synode an, die Papst Franziskus mit dem großen Bogen Gemeinschaft - Teilhabe - Sendung überschrieben hat. Da werden Erwartungen geäußert und mitunter auch gegenseitig lizitiert. Alles andere als "leise" geht es zu, denn wiewohl es um das große Thema der Synodalität geht, werden alle möglichen Themen verhandelt werden. Angesichts all der Gegensätze bleibt offen, was denn nun wirklich herauskommen wird oder soll? Und bevor sich noch irgendetwas ereignet, wird schon fleißig in den katholischen "bubbles" - links wie rechts - debattiert und aufeinander "losgegangen" ... Von den unterschiedlichen Seiten, also jenen, die Jesus folgen, und denen, die den Beschluss gefasst haben, ihn zu töten, haben wir auch eben gehört.
3. Was hält aufrecht im Stimmengewirr, in der schieren Rat- und Orientierungslosigkeit, die vielfach beklagt wird und auch der Kirche bescheinigt wird angesichts großer Veränderungen in Demographie und Kirchlichkeit? Ich möchte auf ein Wort aus der Lesung des heutigen Tages verweisen:
4. Da war von einem Gott die Rede, der alle, die zerstreut waren und damit herumirrten in ihrem Leben, wieder sammelt und heimbringt ins Land, zum Ackerboden, der sie leben lässt (vgl. Ez 37,21). Und dann haben wir gehört: "Ich werde mitten unter ihnen auf ewig mein Heiligtum errichten und über ihnen wird meine Wohnung sein. Ich werde ihnen Gott sein und sie, sie werden mir Volk sein." Freilich denken wir da sofort und unwillkürlich an den Tempel. Aber könnte das Ganze nicht auch so verstanden werden, dass Jesus dort sei, wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind? Ja: Gott wird - mitten unter den Seinen - Orientierung sein und geben. Bei allem Durcheinander und aller Gereiztheit und Unruhe mag dies eine frohmachende und auch entlastende Botschaft sein, die Gott seinem Volk angesagt hat - heute und immer wieder in der Geschichte des Bundes mit ihm. Wäre darin nicht auch eine Medizin für uns alle gelegen, auf IHN zu bauen? Dass wir Seine Nähe in der "Anhauche"[1], die wir Geist nennen, an- und ernst nehmen. Dass wir in Seiner Liebe aufeinander hören und nicht aufeinander losgehen? Dass wir uns in Seinem Namen zusammentun und beständig IHN suchen, statt triumphierend zu meinen, IHN in der Hosentasche zu haben? Ist nicht ER unser Schutz - angesichts all dessen, was auf uns zukommen wird und was sich in Gesellschaft und Kirche ändern wird, wo so manches enden und so manches zu neuem Leben erwachen wird? Ist wirklich ER unsere Sicherheit oder sind es vermeintliche Garantien, die auf Sand und nicht auf Gott bauen?
5. Ich möchte mich, ich möchte uns einladen, am heutigen Tag vielen von diesen existentiellen Fragen nachzuspüren. Lassen wir uns auf die Unsicherheit ein, die darin besteht, dass wir uns als Gottsucher verstehen und damit auch sagen, dass wir in der Kirche eigentlich kein "Haus aus Glorie", schon gar nicht eine "Burg" vor uns haben, sondern bloß ein Zelt, das da und dort aufgeschlagen wird, aber beständig auf jenen verweist, der Mitte und Ziel ist. Auf Gott in unserer Mitte.
[1] Martin Werlen: Baustellen der Hoffnung. Eine Ermutigung, das Leben anzupacken, Freiburg 2024, ringt um ein rechtes Wort für "Geist".