Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Stellen Sie sich die eben gehörte Szene einmal bildlich vor: Er, der Herr und Meister, vollführt jenen Dienst an den Seinen, der eigentlich den Haussklaven vorbehalten ist. Sogar Judas wäscht er die Füße, der ihn später ausliefern wird. Ich muss gestehen - in Erinnerung an einen Besuch in einem nordostindischen Dorf von Indigenen - dies an sich selbst geschehen zu lassen, ist alles andere als einfach. In diesem Dorf habe ich das erstmals als örtliche Begrüßungssitte erlebt: Wenn man ankommt, gilt es, sich all das von den Füßen wegwaschen zu lassen, was unterwegs an Sand, an Staub und Dreck hängen geblieben ist. Das braucht Mut auf der einen und verlangt Demut auf der anderen Seite. Diese Umkehrung der Werte ist freilich nicht demütigend, sondern geschieht aus Freiheit und Liebe, um dem Anderen entgegenzukommen, ihm jene Würde zu schenken, die ihm gebührt. Dann wird Miteinander auf eine ganz neue Art und Weise möglich.
2. So miteinander umzugehen, würde unsere Welt ändern; auch in unserer Umgebung. Allzu oft erleben wir, dass Menschen einander nicht die Füße, sondern den Kopf waschen - und das bedeutet etwas ganz Anderes. Da erheben sich die einen über andere, meinen besser zu sein, sich behaupten zu können und zurechtweisend deutlich zu machen, wer "Herr" im Haus ist und wer zu folgen hat. "Bei euch aber soll es nicht so sein ..." (vgl. Lk 22,26), hat Jesus seinen Jüngern mitgegeben und mit der Fußwaschung vor dem Mahl und mit seinem Leiden und Sterben, dessen Feier wir heute Abend beginnen, selbst gelebt. Dieser Lebensstil voll Nächstenliebe ist Maß unseres Daseins - persönlich wie auch als Gemeinschaft der Kirche.
3. Nicht, weil ich nichts bedeute, lebe ich auf Augenhöhe mit denen, die meinen Lebensweg teilen. Sondern weil Gott mit mir ist, mich liebt und mich groß macht, muss ich nicht um meine Identität fürchten, wenn sich meine Meinung nicht mit der von anderen deckt. Wir können ohne Gesichtsverlust einander lieben und daher andere höher einschätzen als uns selbst (vgl. Phil 2,3), weil wir uns nicht behaupten müssen, sondern aus der erfahrenen Geborgenheit in Gott um unsere unantastbare Würde und Größe wissen. Eine von Gott gegebene Würde, die durch keinen Dienst geschmälert wird. Nicht umsonst heißen Regierungsmitglieder mitunter Minister, also Diener. Nicht umsonst werden jene, die in der Kirche geweiht sind, zum Dienst am Volk Gottes geweiht, sollen diese doch mit ihrem Dasein deutlich machen, dass Jesus, unser aller Herr, nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen (vgl. Mt 20,28). Als Priester und Diakon, als in der Seelsorge Angestellte verliere ich nicht meine Identität, wenn ich die Würde aller Getauften und damit ihren Einsatz für Kirche und Gesellschaft wertschätze und achte.
4. Ähnliches kann man auch von einer Gemeinschaft sagen, die in der Nachfolge Jesu Christi unterwegs ist. Nicht die Selbstbehauptung und das Gieren nach den besten Plätzen macht uns reich, sondern unser Maß an Liebe, das wir den anderen erweisen, wenn wir etwa die Pfarre unserer Nächsten gleich schätzen wie unsere eigene. Teilen schafft Leben -; neues Leben entsteht nicht, wenn wir nur an uns selbst denken, sondern wenn wir uns verschenken. Ich denke, dass wir in der Kirche da und dort noch einige Luft nach oben haben.
5. Nutzen wir die heutige Feier - wir alle um einen Altar - als Anlass für einen neuen Umgangsstil, weil wir bewusst mit den anderen leben wollen. Ein solches geschwisterliches Miteinander wird dringend in unserer Welt gebraucht. Es kann als Beispiel dafür dienen, wie Unterschiede fruchtbar als Einheit gelebt werden können und wie Verschiedenheit nicht zur Gefährdung, sondern zur Stärkung des eigenen Selbst wird. Und wie Freiheit nicht darauf vergisst, dass sie für ein redliches Miteinander Grenzen braucht. Leben wir unser Christsein einzeln, in den Pfarren und als Kirche im Seelsorgeraum in Einheit vor. Damit die Welt erkennen kann, dass der, der für uns gestorben und auferstanden ist, unser größtes Vorbild ist und niemand sonst. Damit alle erkennen, dass füreinander da sein, dass nur ein von Jesus vorgelebtes, dienendes Leben ein erfülltes Leben ist.