Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
Schulen, Kindergärten, Bildungshäuser und vieles mehr: Kirche ist ein wesentlicher Bildungsanbieter. mehr Infos
1. "Siehe, wie gut und wie schön ist es, wenn Geschwister ἐπὶ τὸ αὐτό, sprich: miteinander, in Eintracht wohnen", ruft der Psalmist aus (Ps 133,1). Wenn es hier ἐπὶ τὸ αὐτό heißt, bedeutet dies nicht bloß ein örtliches Nebeneinander, sondern vor allem ein Zusammensein mit der gleichen Gesinnung, also miteinander. Unser großer gemeinsamer Kirchenvater, der hl. Athanasios, meint dazu, dass der Ort des Zusammenwohnens der Geschwister die Kirche sei – mit der gleichen Gesinnung.[1]
Lieber Bruder Arsenios, Metropolit von Austria und Exarch von Ungarn und Mitteleuropa, Schwestern und Brüder!
2. Mit gleicher Gesinnung haben wir uns heute hier versammelt, um unserem Gott zu danken und ihn zu lobpreisen. Ich freue mich, dieser göttlichen Liturgie beiwohnen und das Wort ergreifen zu dürfen. Zugleich – und das sei nicht verschwiegen – schmerzt es mich zutiefst, dass wir heute nicht gemeinsam in voller kirchlicher Gemeinschaft und in Konzelebration Eucharistie feiern dürfen. Dennoch, was wir heute können, ist, gemeinsam Gott danken für den begangenen Weg mit dem ersehnten Ziel, eine volle kirchliche und sakramentale Gemeinschaft zu erlangen. Wir sind mit IHM gemeinsam unterwegs, was nicht immer selbstverständlich war. Diesen gemeinsamen Weg wollen wir unbeirrt fortsetzen, um den Willen unseres Herrn Jesus zu verwirklichen, "dass alle eins seien, wie ich Vater in dir und du in mir bist, damit die Welt glaubt" (Joh 17,20). Das ist SEIN Testament an uns, das wir zu verwirklichen haben.
3. Daher möchte ich an dieser Stelle an die "Ökumene-Enzyklika" von Papst Johannes Paul II. "Ut unum sint" erinnern, in der er den Willen der Katholischen Kirche deutlich und offiziell zum Ausdruck bringt. Der Papst fordert darin unmissverständlich auf, sich für die Förderung der kirchlichen Gemeinschaft mit allen ihren Kräften einzusetzen: "Das gehört zum bischöflichen Auftrag und ist eine Verpflichtung, die sich direkt aus der Treue zu Christus, dem Hirten der Kirche, ergibt. Es sind aber auch alle Gläubigen vom Geist Gottes eingeladen, ihr Möglichstes zu tun, damit sich die Bande der Gemeinschaft unter allen Christen festigen und die Zusammenarbeit der Jünger Christi wächst".[2] Auch das Ziel der Ökumene wird noch einmal klar und deutlich von Papst Johannes Paul II. ausgesprochen: Die Kirche bittet "den Geist um die Gnade, ihre Einheit zu stärken und sie zur vollen Gemeinschaft mit den anderen Christen wachsen zu lassen."[3] Freilich bekannte der Papst ganz offen, dass er allein diese Probleme nicht lösen könne. Deshalb hat er den ökumenischen Dialog als das wichtigste Instrument bezeichnet und seine Aufnahme dringend gewünscht. Diese Aufforderung wiederholten seine Nachfolger Benedikt XVI. und Papst Franziskus in aller Deutlichkeit und Intensität. Tatsächlich haben wir keine Alternative zum ökumenischen Dialog, und zwar in seiner vielfältigen Form: Als Dialog der Liebe, als Dialog des Lebens und als Dialog der Wahrheit und der Lehre.
4. Heute, in dieser feierlichen eucharistischen Stunde, in der das Mysterium des Todes und der Auferstehung Jesu Christi vergegenwärtigt wird, stehen wir gemeinsam vor Gott und vor den Menschen aus verschiedenen Kirchen mit der gleichen Gesinnung und mit unserem Bekenntnis zu diesem ökumenischen Dialog. Und gerade in dieser Stunde möchte ich an unsere gemeinsame Verantwortung erinnern, wie sie bei uns in Graz vor mehr als 25 Jahren von Vertretern aller Europäischen Kirchen in der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung formuliert und in eindrucksvoller Weise am heutigen Platz der Versöhnung vor ca. 30.000 Menschen aus ganz Europa in einer Schlussbotschaft verkündet wurde. Versöhnung, Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens. Versöhnung zwischen den Kirchen, Versöhnung zwischen den Religionen, Versöhnung zwischen den Völkern und allen Menschen, Versöhnung mit der Schöpfung und mit der ausgebeuteten Natur ist heute mehr denn je gefragt. Daher lasst uns mehr als bisher den Dialog des Lebens führen, gemeinsam voranschreiten, gemeinsam aus dem Geist des Evangeliums nach Christus Wort handeln! Denn wo zwei oder drei im Namen des Herrn versammelt sind, also in Seiner Liebe, ist Er mitten unter ihnen, lebt also Kirche. Dazu ist es notwendig, dass wir uns als eine große christliche Familie betrachten, in der alle mit vereinten Kräften das Leben der Menschen im Geist des Evangeliums wirksam unterstützen und fördern.
5. Lieber Bruder Arsenios, ich bin dankbar, dass wir heute in dieser heiligen Stunde unseren starken Willen öffentlich und unmissverständlich bekunden, auf dem gemeinsamen Weg zur Verwirklichung der vollen kirchlichen Gemeinschaft unbeirrbar gemeinsam, also synodal, weiterzugehen. Denn die Geschichte lehrt uns, vom Gegeneinander sind wir zum Nebeneinander und schließlich zum Miteinander gekommen – so jedenfalls steht es auf einer Platte im Grazer Landhaushof, die wir angesichts des Gedenkens an 500 Jahre Reformation vor einigen Jahren verlegt haben. Wir bekennen uns zu diesem gemeinsamen Weg nicht nur am Ende des ökumenischen Wochenendes hier in Graz, sondern auch inmitten einer Phase der Menschheit, die sogar von kriegerischen Auseinandersetzungen unter Geschwistern im Glauben geprägt ist. Wir können gegenüber diesen blutigen Auseinandersetzungen nicht unbeteiligt bleiben. Wir sind als Christen auf der Seite des Friedens und der friedlichen Lösungen von Problemen und verurteilen jeden Angriffskrieg und bitten: "Beschreitet Wege des Friedens!" Denn: "Wenn die Kirchen der Menschheit [...] das Bild einer zankenden Christenheit zumuten, sind sie abgeschrieben", so jedenfalls benennt es Kardinal Kurt Koch klar, der ergänzt: "Das Christentum vermag in Europa nur dann wieder eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu erlangen, wenn die Kirchenspaltungen überwunden sein werden."
Liebe Schwestern und Brüder!
5. Der Weg ist offen; lasst uns diesen gemeinsamen Weg mit Gottes Hilfe in Wort und Tat weitergehen. In diesem Sinne: Erklären wir uns dem heiligen Anliegen der christlichen Einheit verpflichtet und stellen wir uns dafür zur Verfügung!
[1] Athan. Tomos ad Antiochenos, 1, PG 26,797A
[2] Johannes Paul II. "Ut unum sint" 101.
[3] Ebd., 102.