Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Vor Jahren habe ich als Pfarrer die Kinder einer heutigen Pastoralreferentin unserer Diözese getauft. Sie stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien. Bei diesen Taufen waren Menschen aus unterschiedlichen Nationen anwesend - mit ihren je eigenen Geschichten, Kulturen und Mentalitäten; Menschen waren vereint, wiewohl sie unterschiedliche persönliche Fähigkeiten besitzen. Deutlich wurde mir damals schon: Das kann eigentlich nur Gott selbst "schaffen", denn wenn wir auf uns selbst verwiesen sind und dem entsprechend leben, werden wohl eher die Unterschiede im Vordergrund stehen und nicht das, was uns zuinnerst eint. Durch so manche Vorgänge, deren Zeitzeugen wir derzeit sind, wird dies im Übrigen uns deutlich vor Augen geführt. - Im Evangelium heute, in einem Ausschnitt der sogenannten "Feldrede" bei Lukas, haben wir auch einen Satz vernommen, der als "Wort Gottes" dies zum Ausdruck bringt: Weil wir um Gott wissen, gibt uns die "Goldene Regel" etwas mit, was eigentlich die Menschen in unseren Unterschiedlichkeiten zu verbinden vermag.
2. Diese Erfahrung habe ich immer wieder auf Reisen zu Projekten unserer Missions- und Hilfsorganisationen gemacht. Sie gilt es mehr und mehr in unsere Heimat einzupflanzen: Nicht auf das schauen, was uns trennt, sondern vielmehr das im Blick zu haben, was uns zunächst und zuinnerst zusammen führt, weil es das Ziel ist, auf das zu wir uns alle bewegen. Ich glaube, dass diese Wirklichkeit ernst zu nehmen gerade im Heute unserer Tage nottut. In einem Heute, in dem es eher den Anschein hat, dass das "Ich" der eigenen Persönlichkeit, das "Ich" einer Ethnie, das "Ich" einer Nation, das "Ich" meiner Einstellung zu einer gewissen Sache in den Vordergrund gerückt wird, ist die Versuchung groß, sich nicht auf anderes und andere einzulassen, ist doch auch alles rund um "mein Ich" herum so kompliziert oder auch komplex, weswegen es einfach besser sei, auf sich selbst zurückgezogen zu leben. Und: dieses "Ich", das mir selbst mehr und mehr bedeutsam wird, führt dann auch dazu, dass das Lebensmotto bei manchen lautet: "Hinter mir die Sintflut!" - "Wieso soll ich an meine Nächsten denken - ich habe genug mit mir selbst zu tun."
3. Tagaus, tagein machen wir die Erfahrung, dass wir aber nicht allein unterwegs sind. Wie gut doch in einer solchen Situation dieses einfache Wort des Herrn aus dem heutigen Evangelium tut, dass wir alles, was wir von anderen erwarten, auch ihnen tun sollten. - Gebietet das nicht eigentlich "der Anstand"? Sollte das nicht wirklich als "Goldene Regel" in der ganzen Welt ernst genommen werden - im Kleinen und im Großen? Nicht umsonst wird unser Papst nicht müde, etwa in seiner Enzyklika "Fratelli tutti", von einer universalem Geschwisterlichkeit zu sprechen, die es zu leben gilt - unter anderem auch im Bildungswesen, um es konkreter werden zu lassen. Und: Würde mit der Umsetzung dieses Wortes des Herrn, das sich ähnlich auch in den Schriften vieler Religionen findet, nicht auch unser Selbstverständnis der einen Welt wachsen, des gemeinsamen Hauses "Erde", von dem in "Laudato si", der Sozial- und Umweltenzyklika Papst Franziskus' die Rede ist? Und: würde damit das, was derzeit mit "Selbstbestimmung" immer wieder - mitunter bis zum Exzess - in die Argumentation zu verschiedenen Fragestellungen eingebracht wird, nicht auch heilsam zurechtgerückt, damit nicht nur das "Ego" überlebt, sondern deutlich wird: Wir sind aufeinander verwiesen.