Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Es gibt Bibelstellen, die "hängen" bleiben, die faszinieren, auch wenn man sie schon oftmals gehört hat. Die Stelle aus dem Evangelium mit der Schilderung, was die Eltern Jesu am 40. Tag nach der Geburt ihres Kindes den Vorschriften des Glaubens entsprechend getan haben, ist eine solche - aus mehreren Gründen. Über einen möchte ich heute angesichts unserer Feier am Tag des gottgeweihten Lebens nachdenken. Ich staune wirklich jedes Mal bei dieser Stelle, wenn von Hanna und Simeon die Rede ist, die gleichsam als alte "Haudegen" im Glauben geschildert werden, wie sie im Baby-Jesus den Retter der Welt erkennen. Anscheinend haben sie sich ein Leben lang eingeübt in die "Tiefenschau" des Daseins - die Umgebung, in der sie lebten, der Tempel als "durchbeteter" Ort wird das seinige dazu beigetragen haben.
2. Könnte mit dieser Lebensumschreibung nicht ein Aspekt unseres Christseins beschrieben werden? Aus dem - beständigen - Leben im "du auf du" mit Gott die gesamte Welt nicht bloß als Aneinanderreihung verschiedenster Ereignisse wahrzunehmen, sondern in unserer Welt - wie sie mir auch entgegentreten mag - die Größe Gottes zu erkennen? Ich glaube, dass Sie als Ordensfrauen und -männer einen überaus wertvollen Dienst an unserer Gesellschaft leisten, der meines Erachtens viel zu wenig beachtet wird. Natürlich - und das möchte ich gleich vorausschicken - es gibt auch Scheitern, weil wir Menschen sind. Aber deswegen wird noch lange nicht die Schönheit eines Lebens abgesprochen, das geprägt ist vom beständigen und immer wieder neuen mit IHM-Sein, vom Bestreben, die Welt mehr und mehr mit den Augen Gottes zu betrachten. Und damit in der Welt stets aufs neue zu entdecken, dass Gott uns auch heute vielerorts entgegenkommt. Gerade in unseren bewegten Zeiten ist dieser feste Grund mehr vonnöten als viele meinen. Gerade auch, weil die Lebensform eines gottgeweihten Lebens auch unter Getauften nicht wirklich "en vogue" ist. Weil Sie als Frauen und Männer sich mit Haut und Haaren Gott verschrieben haben - teilweise schon vor Jahrzehnten -, wird deutlich, was genau genommen für alle gilt: Das Dasein in dieser Welt ist weit mehr als ein simples Dahinleben. Daher bitte ich verbunden mit dem großen "Vergelt's Gott!" unserer Kirche: "Werden Sie weiterhin nicht müde, Ihrer wunderbaren Berufung der beständigen Gottsuche täglich, ja jeden Augenblick nachzukommen. Gerade angesichts einer Welt, in der offensichtlich Schnelllebigkeit, Beliebigkeit, Oberflächlichkeit, Schaffen und Werke, Effizienz und was weiß ich noch zählen, sind Sie mit Ihrer Lebensform lebendige Zeichen dafür, dass es sich lohnt und zu einem erfüllten Leben führt, Gott als den Herrn der Welt zu bekennen und das eigene Leben mit allen seinen Äußerungen IHM entsprechend zu gestalten. Gerade in einer teilweise Gott- und damit ewigkeitsvergessenen Welt ist dieses Zeugnis immens wichtig, dass es mehr als alles hier in dieser Welt Erreichbare gibt. Damit "leisten" Sie allen in die Kirche Gerufenen, nein eigentlich der ganzen Gesellschaft einen wichtigen Dienst, denn: inmitten des Alltags, mittendrin im persönlichen Leben gilt es, Gott an- und ernst zu nehmen, also mit IHM zu rechnen.
3. Ihre Lebensform macht's möglich durch Ihr Leben in den Evangelischen Räten. Auch diese – Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam - sind heute alles andere "mainstream". Kein Wunder also, dass manche angesichts eines Menschen im Ordensgewand den Kopf schütteln und es als "gestrig" abtun. Wenn aber Gott wirklich der ist, an den wir glauben, dann lohnt es sich erst recht, alles auf diese Karte – auf IHN - zu setzen. Sich selbst hintanzustellen und etwa deutlich zu machen im Gelübde der Ehelosigkeit: Du bist mir so bedeutsam, dass ich viel irdisch vermeintlich Wichtige hintanstelle. Damit zeige ich Solidarität mit vielen und gebe deutlich zu erkennen: Auch wenn ich nicht alles erlebe, was üblicherweise zum Menschsein gehört, so kann Leben dennoch erfüllt gelingen. Durch Ihr Umsetzen der Ratschläge des Herrn ins eigene Dasein setzen Sie ein deutliches Zeichen der Solidarität mit jenen, die den Leistungsidealen unserer Weltzeit nicht entsprechen: den Kranken und Pflegebedürftigen etwa oder jenen, die durch eine Behinderung besondere Bedürfnisse haben. Ich weiß: Am Leben aus den Evangelischen Räten, zumal in der Ehelosigkeit, stoßen sich viele, weil sie im allgemeinen und unbedachten Gerede Liebe mit ausgelebter Sexualität verwechseln und damit dies schon als "menschenunwürdig" abtun. Wenn ich das so betone, bedeutet das ja nicht, dass ich andere Lebensgestalten nicht wertschätze, ganz im Gegenteil. Und wir müssen uns auch eingestehen, dass die Ehe als lebendiges und angreifbares Zeichen dafür, dass Gott treu ist und seine Liebe zu jeder und jedem von uns nie zurücknimmt, gesellschaftlich so bedingungslos und endgültig bei weitem nicht mehr akzeptiert ist.
4. Gerade heute also ist es meines Erachtens von Bedeutung, deutlich zu machen - auch wenn wir nicht alle hinter uns haben: Gott hat was mit dieser Welt zu tun und wir sind ge- und berufen, IHN wahrzunehmen, IHN zu entdecken, IHM im persönlichen Leben Raum zu geben und den Menschen zu vermitteln, wie schön ein Leben mit Gott ist. "Vergelt's Gott!" für diesen Ihren Dienst, liebe Ordensleute.