Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Die Bibelstelle aus dem Alten Testament, die wir gehört haben (Mi 5,1-4), ist uns bekannt. Sie wird von uns verständlicher Weise auf den Gesalbten hin gedeutet, auf Christus, den Messias. Und das ist auch recht so. Ich möchte am heutigen Sonntag, kurz vor dem Heiligen Abend, aber auf einen kleinen Aspekt aufmerksam machen, der mir in meiner Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben immer bedeutsamer wird: "du, Betlehem-Efrata, bist zwar klein unter den Sippen Judas, aus dir wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll" haben wir da gehört. Als groß wird da etwas angesagt, was nicht den herkömmlichen Idealen der Welt entspricht. [Ganz nebenbei: mit dieser Bemerkung verbinde ich unwillkürlich die Seligpreisungen, in denen auch vieles benannt wird als im Bereich Gottes "lebend", was alles andere als hervorragend im menschlichen Bereich ist.]
2. So gesehen ist diese Bibelstelle eine, die Gott mitten unter uns deutlich macht - ER ist gerade an Stellen anzutreffen, an denen wir ihn nicht vermuten. Vor einigen Jahren hatte ich einen Austausch mit einer Ordensfrau im Nordosten Indiens - also in einer Gegend, in denen Katholiken einen winzigen Bruchteil der Bevölkerung ausmanchen. Sie meinte damals im Blick auf die Evangelisierung: "Das Reich Gottes zu verkündigen ist einfach: es ist hier. - Wir müssen es nicht suchen." Anders ausgedrückt: nicht unbedingt (nur) dort, wo "Kirche" d'raufsteht ist "Reich Gottes" drin. Mit ihrer Arbeit möchte sie alles daransetzen, dass die Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können, und ermöglicht den Kleinen und den Großen den Zugang zu Bildung, hilft Frauen auf, kümmert sich darum, dass 100% der Kinder eingeschult werden usw. usf. Alles andere als eigentlich zu erwartende Dinge, die sie da macht - in Lehmhäusern mit offenem Feuer. Aber genau dort ist das Reich Gottes - im Kleinen. -
Am heutigen Tag frage ich mich, wo all dies zu finden ist in den Debatten, die derzeit bei uns geführt werden - oft unter dem Vorzeichen, dass man nicht bereit ist, auf den anderen zu hören, sondern nur sich selbst und die eigene Meinung in den Vordergrund zu rücken, die anderen - mitunter sehr pauschal - in ein Eck zu stellen, nicht die Wahrheit zu suchen, sondern bloß rechthaben zu wollen etc. Wäre es da nicht angebracht, in aller Ruhe Argumente zu hören statt sich mit den Meinungen der eigenen "social media - Blase" auf die anderen zu stürzen? Da wären wohl Sorge und Angst aus unterschiedlichen Motiven wahrzunehmen vor der Ausbreitung der Krankheit oder vor der Impfung, vor dem Klimawandel, gegen den wir uns nicht impfen können, und die damit ins Haus stehenden Wanderungsbewegungen, vor den ins Haus stehenden Pflegedebatten, den Fragen rund um die psychische Verfasstheit von Kindern und Erwachsenen rund um lockdowns und anderen Herausforderungen, die uns fordern und teilweise überfordern? Wo kann ich, wo können wir mittendrin und damit im Kleinen dazu beitragen, dass Reich Gottes erfahrbar wird - gerade jetzt, da wir uns aufmachen, die Geburt des Gotteskindes zu feiern?
3. Haben wir nicht Ähnliches in unserem Zukunftsbild stehen, das uns als Kompass für die nächsten Jahre in unserer steirischen Kirche zur Verfügung steht? Ruft nicht auch der Papst uns das immer wieder in Erinnerung? Dann nämlich, wenn er von den "existentiellen Peripherien" spricht, an die wir als Christen in der Nachfolge zu gehen hätten - also an jene Orte, die wir nicht "erwarten", wo wir nicht erwartet werden, an die wir nicht sofort denken, wenn wir an Glauben denken?! An Orte eben die wie Betlehem im Lande Juda alles andere als die bedeutendsten sind? Vielleicht ist es uns als einer mehr als 800 Jahre alten Diözese aufgegeben, diese Sensibilität neu zu entwickeln, Gott zu suchen und zu finden, wo und wie wir ihn nicht vermuten - jenseits all dessen an Kirche und ihren Vollzügen, was uns so lieb geworden ist?! Aber: sind nicht auch wir, kirchenintern, gefangen in unseren eigenen Vorstellungen, wie Kirche zu sein habe? Schärfen wir daher unsere Blicke, schärfen wir unsere Ohren, schärfen wir all unsere Sinne, damit wir nicht zu bloßen "Verwaltern" von Kirche "verkommen", an die irgendwann einmal in der Geschichte erinnert wird! Machen wir uns auf, denn die Botschaft die uns anvertraut ist, rüttelt uns auch heute auf, lässt aufbrechen und damit - erfüllt - Nachfolge leben. Unser Zukunftsbild kommt uns auf diesem unserem Weg der Nachfolge zu Hilfe.