Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Den Auftrag des Auferstandenen an die 11 Apostel in Galiläa hat der Patron Ihrer Pfarrkirche sehr ernst genommen: Aus seiner angestammten Heimat machte er sich auf den Weg nach Osten, um in Regensburg, noch vor der Gründung der Diözese dort, das Evangelium zu verkünden. - Er war, und soviel kann man auf alle Fälle sagen, so sehr vom Leben in der Nachfolge Jesu Christi gepackt, dass er dem alles hintanstellte. Die Aussendung der Apostel, d. h. in die ganze Welt hinauszugehen, wird durch ihn lebendig - nicht bloß indem, dass er Menschen getauft hat, sondern dass er viele hinein geführt hat in das, was leben mit dem Auferstandenen bedeutet: "tauft sie [...] und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe" (Mt 28,19f.).
2. Dies aber ist bleibende Aufgabe all derer, die in der Nachfolge der Apostel stehen. Vor nunmehr 70 Jahren wurde Ihr damaliger Pfarrer Josef Schoiswohl als apostolischer Administrator ins Burgenland entsendet und 1951 dort dann auch zum Bischof geweiht, ehe er 1954 in die Nachbardiözese wechselte, wo er als 55. Bischof von Graz-Seckau am Silvestertag 1968 emeritierte. Ich war damals im 6. Lebensjahr und konnte ihn auch hernach selbst nie kennenlernen. Gerade deswegen bin ich Ihnen dankbar dafür, hier an einer seiner Wirkungsstätten am heutigen Tag feiern zu dürfen. Als einer, der das Zweite Vatikanische Konzil erlebt und daran mitgewirkt hat, wurde es Bischof Josef - so übermittelt es uns sein Lebenslauf - immer mehr zum Anliegen, dem Evangelium im Heute Gestalt zu verleihen. Viele Initiativen dessen, was wir heute "Kirchen-Entwicklung" nennen, hat er gesetzt: Priester fuhren in die Gruben der Bergbauarbeiter in der Obersteiermark ein, er richtete einen Priesterrat ein, der nach dem Konzil mit der Zeit für jede Diözese verpflichtend wurde und anderes mehr. Er hat aber an seinem eigenen Leib auch erfahren müssen, dass das, was der hl. Papst Johannes XXIII. mit "aggiornamento" bezeichnete, alles andere als leicht ist, in eine "alte Kirche" einzupflanzen - immerhin ist die Diözese Graz-Seckau im vergangenen Jahr 800 Jahre alt geworden - der spätere Erzbischof Schoiswohl hat das 750-Jahr-Jubiläum gefeiert. Denn - und wir sind ja selbst keineswegs immun dagegen - oft gibt es ein Bild von Kirche, das insinuiert: "Wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und bis in Ewigkeit." - Blicken wir aber auf die Geschichte der Ausbreitung des Glaubens an Jesus Christus, dessen Menschwerdung wir vor einigen Wochen gefeiert haben, so müssen wir feststellen: die eine Kirche hat im Laufe der Geschichte immer wieder Veränderungen durchgemacht und wurde zu solchen, ich denke etwa an den hl. Franziskus, mitunter auch durch charismatische Persönlichkeiten dazu angestiftet. Denn: das Wort Gottes ist immer eines, das im Heute gehört und gelebt werden will. Und: der Heilige Geist ist immer Heute, was dann aber eben auch Auswirkungen hat auf die Gestalt, wie sich Kirche uns darbietet und wie wir sie zu leben gerufen sind.
3. Gerade diese einleuchtende Wirklichkeit macht es uns aber immer wieder schwer, da wir doch auch im Blick haben, dass die Kirche Jesu Christi auf dem Fundament des Apostels Petrus und der anderen Apostel gebaut ist - und mit "Fels" verbinden wir meist etwas, das unverrückbar und damit auch unveränderbar ist. Weil Kirche aber all jene sind, die durch Taufe und Firmung in die Nachfolge unseres Herrn und Meisters gerufen worden sind, ist schon in ihr Wesen eingegraben, nicht in Formen verhaftet zu bleiben, die "gestrig" sind. Wenn wir etwa - und wir in der Steiermark sind mit unserem "Zukunftsbild" anlässlich unseres Jubiläums damit auch an die Öffentlichkeit gegangen - mit der demographischen Entwicklung ernst machen und diese auch ernst nehmen, müssen wir bekennen: die Zeiten, in denen wir dem Evangelium Sichtbarkeit verleihen wollen, sind andere. Wir merken, dass es Menschen gibt, die ohne religiösen Bezug aufwachsen, sich gegen kirchliche Institutionen abgrenzen, wir begegnen zunehmend Menschen anderer Religion oder Konfession usw. usf. - Wenn ich in die Steiermark blicke, mache ich auch die Entdeckung, dass es dort einige Gegenden gibt, die zutiefst von der Reformation geprägt sind, während in anderen Gegenden es nach wie vor Schulen gibt, in denen es nur katholische Schüler gibt. In meinen Jahren als Seelsorger in verschiedenen Gebieten meiner Diözese habe ich darüber hinaus auch feststellen können - und müssen, dass auch die Mentalitäten unterschiedliche sind. Wenn wir darüber hinaus auch noch ernst- und annehmen, dass sich die Bindung der Menschen zur Kirche in den letzten Jahrzehnten verändert hat und die Kirche auch nicht mehr so viel "mitzureden" hat in der Gestaltung der Gesellschaft wie vor Jahrzehnten, wird deutlich: Formen, die uns über die Zeit lieb geworden sind, Kirche zu leben, die uns die Jahrhunderte herauf auch Sicherheit gegeben haben, tragen nicht mehr in dieser Stärke. Deutlich wird dies u. a. in der abnehmenden Zahl an Berufungen zum Ordensstand wie auch zum Priesterberuf. Dies nur mit einigen Formalitäten zu begründen und daher zu meinen, dass etwa mit Änderungen von Zulassungsbedingungen alles wieder wie "früher einmal" sein würde oder auch zu meinen, dass man mit deutlicheren Bindungen an die "reine katholische Lehre" das Schifflein Petri von damals ins Heute herüberretten kann, greift meines Erachtens zu kurz.
4. Es geht vielmehr - damals im Evangelium wie heute - darum, dass Menschen in das Leben mit Jesus Christus eintauchen und aus dieser innigen Verbindung heraus ihr Leben gestalten. Christsein geht nicht anders als die Melodie Gottes und damit Sein Leben in uns aufzunehmen und sich mit den Menschen von heute unterwegs zu wissen zu IHM, den wir als den ewigen Gott bekennen. Dabei sind uns die Menschen in ihren Freuden und Sorgen, in ihrer Trauer und ihrer Hoffnung, und hier wiederum vor allem die Bedrängten und Armen jeder Art (vgl. Vaticanum II, Gaudium et spes 1) wesentliche Wegbegleiter, weil sie uns etwas vom Evangelium in Erinnerung rufen, was einer - auch an Geschichte und Strukturen, Gebäude und Geld - reichen Kirche notwendig ist: nämlich, dass wir allezeit angewiesen sind auf die Nähe und liebende, barmherzige Zuwendung Gottes. Wie schnell doch der Mensch, auch der Christ, sich der Gefahr ausgesetzt weiß, zu meinen, alles selbst und erst recht allein seligmachend in der Hand zu haben. Angesichts der Komplexität der Vorgänge in unserer Welt tut hier allemal Selbstbescheidung not: Nicht wir "machen" Kirche, sondern "wir sind nicht allein", weil ER mit uns ist. Verschiedene Verfehlungen Einzelner in der Kirche und auch so mancher, die ein Amt in ihr innehaben, rufen mir genau dies als Notwendigkeit immer wieder in Erinnerung. Nicht die Form zählt, sondern der Inhalt.
5. Wenn Sie hier mit einem in die Zukunft gehen, der aufgebrochen ist in ein neues Land, um dort das Evangelium zu verkünden, das Leben der Menschen also angesichts Gottes zu deuten und zu gestalten versuchte, dann möchte und kann ich Sie am heutigen Festtag Ihrer Pfarre nur dazu ermutigen, nicht müde zu werden, aufzubrechen, auch wenn Sie mitunter nicht wissen wohin die Reise geht. Aufzubrechen im Vertrauen auf Gottes Nähe ist aber eines der wesentlichen Kennzeichen biblischer Gestalten. Solch ein Verständnis von Christsein heißt aber auch, sich ständig und aufs Neue auszurichten an dem, von dem wir sagen, er sei uns Wahrheit und Leben. Wer aber sagt schon gern von sich, dass er ständig der Bekehrung bedarf und nicht selbst das Maß aller Dinge ist? Gehen wir mit einem solchen grundlegenden Verständnis hinein in das, was Zukunft heißt, damit uns ein bereits kurz angedeuteter Aspekt aus dem Leben Ihres Pfarrers Josef Schoiswohl erspart bleibt, nämlich der, zu meinen, dass ohnedies die Kirche "festgemauert" und daher unveränderbar eingeschrieben ist in die Geschichte dieser Welt.
Die Schriftlesungen der Festmesse:
Lesung: 1Kor 2,1–10a;
Evangelium: Mt 28,16–20