Was willst du, Gott, von uns im Heute?

1. Wenn Orgeln geweiht werden, dann kommen mir immer wieder dieselben Gedanken. Dann bin ich dankbar für das große Engagement für dieses wunderbare Instrument - von Dritten der Pfarre,  aber auch der Musikschule und der Musikkapelle, dankbar für die vielen Handgriffe der Professionisten, dankbar für alle, die Hand angelegt haben, damit wir heute feiern können. Heute, angeregt durch das Evangelium des Tages, ein weiterer Gedanken: Auch Orgeln werden dienend eingesetzt. Sie dienen dem Lob Gottes, werden sie doch zumeist in Kirchen geschlagen. Eine Orgel dient, wiewohl sie als "Königin der Instrumente" bezeichnet wird. Mit dieser "Dienstbarkeit" wird deutlich, was vereinfacht und plakativ mitunter ausgedrückt wird in den Worten: "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts". Daher bitte ich Sie: Wenn wir uns als Gemeinschaft derer verstehen, die in der Nachfolge Jesu Christi und damit als "königliche Priesterschaft" gehen, dann sind auch wir gerufen zu dienen. Wir sind herausgefordert, denen, die neben uns gehen und leben, in Liebe zu begegnen. Der Seelsorgeraum ist die "strukturelle Hülle" dafür. Und Sie merken, ich spreche nicht zunächst von denen, die einen geweihten Dienst ausüben. Kirche nämlich sind alle, die getauft sind und aus dem Geist Gottes heraus die Welt mitgestalten wollen und sollen. Wenn wir Kirche auf die Geweihten reduzieren - wie es leider immer wieder in Gedanken und auch in Worten geschieht - oder gar von "Amtskirche" sprechen, dann würden wir nämlich gut steirisch ausgedrückt "schön aus der Wäsch' schauen". Weil bekanntlich die Zahl der Geweihten eine geringe ist und im Verhältnis zur Gesamtzahl der Getauften immer eine geringe war; erst recht würde das zutreffen, wenn ich in die Zukunft blicke. 30 Priester gingen uns durch Tod oder durch Rückholung ihrer Orden bzw. ihrer Diözesen im vergangenen Arbeitsjahr verloren. Was deutlich macht, dass wir uns schleunigst dem Wesen von Kirche aufs Neue bewusst werden müssen, dass eben wir alle Kirche sind. Und Kirche sind wir nicht nur hier vor Ort, sondern wenn wir nicht achtlos an denen vorübergehen, die unsere Weggefährten sind. Dies wollen Kirchenräume und damit auch Orgeln in Erinnerung rufen. Ich wünsche mir, dass auch Sie in Hinkunft diesen Klang der Orgel mitschwingen hören, wenn die 930 Metall-, Zinn- und Holz-Pfeifen erklingen.

2. Die Orgel dient noch in einem anderen Zweck, wird sie doch bei den Gottesdiensten vielfach zum Gesang jener geschlagen, die mit ihren Freuden und Hoffnungen, den Sorgen und Leiden sich zur Feier versammeln. Dazu bitte ich: Denken Sie nicht zu "eng", denn "Gottesdienst" ist weit mehr als die "Messe am Sonntag". Das häusliche Gebet, das Tischgebet wird genauso gemeinsam in der größeren Gruppe vor Gott hingebracht, wie die Feier der Sakramente begangen wird. Totenwachen, Maiandachten, eine Wort-Gottes-Feiern oder eine Osterspeisensegnung rufen uns in Erinnerung, dass wir letztlich aus Gott leben. Er kommt uns in SEINER Liebe und mit SEINEM Ruf in vielen Formen entgegen, gemeinsam Kirche zu sein. Auch das bezeugt der Klang dieser Orgel: "Menschen des 21. Jahrhunderts in der Pfarre Hollenegg, seid Euch bewusst, dass Ihr von Gott herkommst und Euch zeitlebens auf dem Weg zu IHM befindet!" Wenn also Eure Orgel nun wieder mit ihren unterschiedlichen Klangfarben, mit ihren 14 Registern erklingt, dann ist das eine Erinnerung an unsere Berufung, Christ in der Gemeinschaft der weltumspannenden Kirche zu sein.

"Was will Gott von uns heute?" Lassen Sie sich aufeinander ein, seien sie füreinander da - das sind wir als Kirche der Gesellschaft schuldig, die derzeit immer mehr in Eigeninteressen zu zerbröseln droht. Eine Pfeife allein macht keine Orgel - zum Leben der Christinnen und Christen gehört das Zusammenklingen!

3. Ich wünsche Ihnen, dass die renovierte "Königin der Instrumente" Sie erfreut und Ihnen allen hilft, Berufung und Sendung als Christinnen und Christen vor Ort und an den verschiedenen Erfahrungsräumen von Kirche im Seelsorgeraum zu hören und zu erleben; an diesem schönen Flecken Erde in unserer Diözese!