Jugendlicher Glaube ist Not wendend

1. Dass man 75-jährigen zur Jugendlichkeit gratulieren kann und darf, kommt nicht alle Tage vor. Heute feiern wir dies aber in großer Dankbarkeit. Bei wie vielen jungen Menschen doch in den vergangenen Jahrzehnten seit dem letzten Weltkrieg die Botschaft des Evangeliums Frucht getragen hat! Dass durch die KJ auch deutlich gemacht wurde und wird: Wenn Kirche und damit das Evangelium jung sind, dann braucht es hierfür auch ein deutliches Zeichen: Deutlich ist wohl auch in diesen Jahrzehnten geworden, wie unterschiedlich die Menschen sind, in die das Evangelium einem Samenkorn gleich eingesenkt wird. Und wohl auch - ich erinnere an das Evangelium, das wir eben gehört haben: wie unterschiedlich bei den Menschen im jeweiligen Heute der Same des Wortes Gottes aufgenommen wird.

2. Daher bitte ich um ein Mehrfaches:

a. Werdet auch weiterhin nicht müde, das Wort Gottes auszustreuen! - Ein Aspekt des Gleichnisses im heutigen Evangelium ist meines Erachtens ja der, dass auf alle Fälle zu säen ist, auch im Wissen, dass vieles davon "auf unfruchtbaren Boden fällt".

b. Werdet daher auch nicht müde, den jungen Menschen in ihren unterschiedlichsten Lebenswelten von heute Jesus Christus als Lebensideal anzubieten! - Wenn wir vom Leben der Menschen ausgehen, dann bedeutet dies eben auch: in jedes Menschen Leben wurzelt sich die eine Botschaft verschieden ein. Die Breite der Suchbewegungen ist enorm: jene, die sich draußen in der Welt engagieren, gehören genauso dazu wie jene, die sich einmütig vor dem Tabernakel IHM anvertrauen.

c. In der Nachfolge Jesu Christi zu stehen bzw. zu gehen ist spannend: es gibt eben so viele Wege zu Gott wie es Menschen gibt, um an Papst Benedikt zu erinnern. "Katholisch", wie sich die KJ sich nennt, ist nicht Enge, sondern Weite und Tiefe, um meinen Vorgänger im bischöflichen Dienst zu zitieren. Werdet daher nicht müde, das Große und Ganze im Blick zu haben und dies alles zusammen zu halten: viel zu viele leben derzeit in unseren Breiten, meine ich, für die die eigene Überzeugung das Maß aller Dinge ist.

d. Damit eine Botschaft die Zeit hindurch getragen werden kann, braucht es Institutionen. Die Kirche als ganze, die KJ als Einrich tung in unserer Kirche im speziellen, dürfen sich immer neu herausgefordert wissen, sich in der Orientierung am Ursprung zu erneuern. Gebt Euch also nicht einfach damit zufrieden, zu meinen, irgendwann einmal "fertig" sein zu müssen. Dabei ist ständige Hinkehr, "Bekehrung" angesagt, also: "Denk dich neu! "

e. Ja: Werdet nicht müde, auch gegen so manchen Widerstand, die Freude des Evangeliums zu leben! So manches in modernen Gesellschaften legt die Vermutung nahe, dass das Phänomen "Religion" - ganz allgemein ausgedrückt - als rückständig oder auch dem freien Geist des Menschen von Heute nicht entsprechend dargestellt wird. Lasst Euch nicht beirren, sondern geht und verkündet, wovon Euer Herz voll ist! Das heißt mitunter auch anzunehmen, dass der Zeitgeist nicht immer Sein Geist ist.

f. Schließlich: bringt die Frohe Botschaft hinein in Eure Lebenswelten, hinein in Schulen, Hochschulen und Arbeitsstätten, hinein in Beziehungen, hinein in Freizeit genauso wie hinein in intellektuelle Auseinandersetzung, hinein in die vielfältigen Hoffnungen und Freuden, Sorge und Nöte dieser Welt - und werdet dabei nicht müde, andere in der einen Kirche nach dem zu fragen, was sie wirklich an Hoffnung erfüllt - angesichts der Fragen rund um den Erhalt der Schöpfung, der Würde menschlichen Lebens von Anfang an bis zu einem natürlichen Ende, der Fragen rund um Verteilungsgerechtigkeit im gemeinsamen Haus unserer Welt und den vielen damit zusammenhängenden sozialen Fragen.

3. Vielleicht ist euch bei diesen paar und kurzen Gedanken deutlich geworden: junge Menschen, die sich für Christus engagieren, sind auch nach 75 Jahren KJ notwendig, weil Not wendend für das Gelingen unserer Gesellschaft. Gott behüte und begleite Euch mit Seinem Segen auch auf den nächsten Schritten im Suchen nach "touchpoints", in denen ER die Menschen von heute berührt.

Während der Festmesse wurden folgende Schrifttexte verkündet:
Lesung: 2Kor 9,6–11;
Evangelium: Mk 4,1–9