Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
Schulen, Kindergärten, Bildungshäuser und vieles mehr: Kirche ist ein wesentlicher Bildungsanbieter. mehr Infos
1. Wenn wir in das Angesicht eines Menschen blicken, können wir ahnen, wer Gott ist. Denn jeder Mensch ist nach Seinem Bild und Gleichnis geschaffen. Demnach ist jedes Leben ein Geschenk Gottes und daher unverfügbar, weil es IHM gehört und niemandem sonst. Das, was eigentlich so selbstverständlich klingt, muss in diesen Tagen hierzulande bedeutsam in Erinnerung gerufen werden: Wir geben uns nicht selbst das Leben. Es wird uns geschenkt mit der Aufgabe, etwas Gutes draus zu machen. "Nicht als Marionetten, sondern als freie Menschen haben wir den Auftrag, Verantwortung zu übernehmen und Sorge zu tragen – für uns selbst, für unsere Nächsten, für das Wohlergehen der gesamten Menschheitsfamilie und für das 'Haus' der Schöpfung", schrieben wir österreichischen Bischöfe in unserem Wort zum Tag des Lebens.
2. Wenn wir uns dies am heutigen Tag des Lebens bewusst machen, dann tun wir das in einem besonderen Jahr. Das "Geschenk des Lebens" ist uns in der Pandemie ein Stück weit deutlicher bewusst geworden und wir sind eingeladen, dieses Geschenk intensiver zu bedenken. Deutlich wurde das etwa in den weltweiten Anstrengungen in der Forschung nach Medikamenten und Impfstoffen gegen die neue Viruserkrankung. Deutlich wurde das aber auch im oft übermenschlichen Einsatz, den Pflegekräfte in Spitälern und Heimen in den letzten Monaten aufgebracht haben, um Erkrankten das Leben zu ermöglichen. Und auch die mehr als 10.000 Menschen allein in Österreich, die an oder mit dem Corona-Virus verstorben sind, rufen uns in Erinnerung: Wir Menschen vermögen im 21. Jahrhundert viel. Aber letztlich müssen wir zugeben, dass wir nicht Herren der Welt und damit auch nicht Herren über das Leben sind.
3. Wie sehr doch diese eigentlich klaren Überlegungen konterkariert werden durch eine andere Debatte, die derzeit aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs in Österreich losgetreten wurde. Ich bin davon ehrlich getroffen. Was haben wir uns nicht nur im vergangenen Jahr eingesetzt, damit Menschen aufleben können - in einer Zeit von Krankheit, Isolation, Depression, Verunsicherung? Und was müssen wir in Zukunft in die Waagschale werfen, damit auch soziale, wirtschaftliche oder ökologische Aspekte des Lebens neben der physischen Gesundheit entsprechend berücksichtigt sind. All das Bemühen mutet fehl am Platz an, wenn nun bei der Selbsttötung rechtens assistiert werden darf. Dies als altvaterisches Denken der Katholikinnen und Katholiken darzustellen, missachtet meines Erachtens die vielen Wortmeldungen aus weiten Teilen unserer Gesellschaft, die davon geprägt waren, dass es gilt, Menschen an der Hand und nicht durch die Hand anderer sterben zu lassen. Erst recht in dieser besonderen Zeit, wo wir uns mühen, Leben rund um den Erdball in einer Pandemie zu retten, erscheint das Nachdenken über die Hilfe zum Sterben fast grotesk. Das offenbart ein Denken, das nicht von hohen Grundsätzen geleitet ist, sondern je nach - eigener - Überzeugung Konsequenzen zieht. Mehr noch: Christen rund um die Erde wissen sich dem Leben verpflichtet, auch wenn sie selbst da und dort fern der Menschlichkeit lebten und nach wie vor leben. Oder als Sünder verführt von allen möglichen Verlockungen den Wert des Lebens nicht achten.
4. Was es heute bei uns wirklich braucht, ist eine Assistenz zum Leben, aber keine Hilfestellung zur Selbsttötung. Wir brauchen einen Beistand beim Aufleben und beim Ermöglichen von Leben - von Anfang bis zum natürlichen Ende hier auf dieser Welt. Einen Beistand, der für alle zugänglich ist. Wir brauchen auch weiterhin das Bekenntnis zum Leben, das den Christen eigen, ja heilig ist. Das Leben ist ein kostbares Geschenk Gottes und eine große Aufgabe und Verantwortung. Kämpfen wir darum, dass dieses Bekenntnis zum Leben nicht zur Worthülse verkommt.