Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Es war Abend, als sich damals auf dem See von Gennesareth das ereignet hat, was wir eben im Evangelium gehört haben. In der Dunkelheit ist das Leben um einiges beschwerlicher, man sieht eigentlich nicht viel, ja übersieht mitunter sogar das Eine oder Andere. Kein Wunder also, dass sich bei den Jüngern angesichts des Gegenwinds Angst und Schrecken breitmachen, als dieser - wie dort üblich - beinahe ansatzlos als Sturm über sie hereinbricht. Darüber hinaus droht das Boot vollzulaufen; sie wähnen sich dem Untergang nahe.
Als ich diese Stelle für die heutige Messfeier mir vor meinem geistigen Auge vorgestellt habe, sind mir einige Parallelen fürs Heute gekommen. Es gibt vieles, das uns Angst einjagt, bei so manchem sind wir knapp davor - oder tun wir es nicht auch schon? - zu schreien: "Das Boot läuft voll!" Denn - um nur einige der "vielen" Nachrichten zu benennen: - Da setzen wir uns ein, studieren - und was ist mit dem Arbeitsplatz? Gibt es nur Projektanstellungen und alles geht probeweise? -
- Da gibt es die Sehnsucht nach Heimat und Familie, nach Geborgenheit: und zugleich machen wir vielfach die Entdeckung, dass Beziehungen die wir leben alles andere als hundertprozentig sicher und stabil sind. -
- Da sind die Zeitungen voll von Dingen, die wir nicht verstehen und die daher alles andere als einladend sind: wie geht das mit der Staatsverschuldung - wie werden junge Leute in Hinkunft leben? Wie ist das mit einem Grexit, der gegebenenfalls ins Haus steht und was könnte das an Auswirkungen für uns haben? -
- Da spielt sich vor unseren Augen, um Papst Franziskus zu zitieren, eine Art "dritter Weltkrieg" verteilt auf verschiedene Orte ab: Menschen in Not, Menschen ausgesetzt blinder Tötungswut mancher suchen nach Obdach: himmelschreiend was sich da abspielt. -
- Da werden wir Zeugen davon, dass - wie viele meinen, die Erderwärmung, großteils durch den Menschen selbst verschuldet, derzeit nicht absehbare Veränderungen im Klima bewirkt und daher der Lebensraum vieler Menschen und Arten schlicht und ergreifend bedroht ist. -
Für Tausende, die ihre letzte Habe riskieren, scheint die Flucht aus der geliebten Heimat der einzige Überlebensweg und wird das Mittelmeer daher auch die Möglichkeit in ein vermeintlich besseres und sichereres Leben zu gelangen, das tausendfach allerdings im Tod endet. -
- Da erlebt man an einem ganz normalen Samstag in Graz mitten in der Stadt, mitten im Alltag etwas, was das Leben vieler Menschen nachhaltig beeinflusst: die Wahnsinnstat eines Menschen, die die Abgründe des Menschlichen offenkundig macht, tötet und verletzt; da werden viele als Helfer notwendigst gebraucht; da tun sich tausende in Stille zusammen um deutlich sichtbare Zeichen dafür zu setzen, dass wir Licht und Orientierung brauchen angesichts dessen, was Menschen anrichten.
- Ja: angesichts all dessen, was da noch gesagt werden könnte bzw. müsste, kann einem schon Angst und bang werden.
Mitten in ihrer Angst und Not nehmen die Jünger damals im Boot Jesus wahr. Er ist der einzige, den sie mitten in der Nacht erkennen. Sie rufen, ja sie schreien ihn wohl an: "Herr, hilf uns!" Und genau damit sind die von Furcht Besetzten plötzlich wieder ermächtigt für ihr Dasein, eben weil sie nicht nur auf sich selbst schauen, sondern auch auf den, der mitten unter ihnen ist. - Welch ein Bild für die Situation heute! Und tatsächlich: dann, wenn es finster ist, sehen wir den Sternenhimmel - und damit weiter, als wenn die Sonne taghell vom Himmel strahlt. Wenn es dunkel um uns ist, dann kann es auch sein, dass wir näher bei Gott dran sind als in Zeiten, in denen alles paletti ist oder zu sein scheint.
Schreien wir - um das Bild des Evangeliums aufzugreifen - wirklich nach Seiner Hilfe? Nehmen wir inmitten des Dunkels Seine Nähe überhaupt wahr? - Das ist nicht einfach Schönfärberei, sondern Ermächtigung, das was uns möglich ist, anzupacken, um nicht in Schockstarre zu vergehen angesichts des Vielen, das uns bedrängt. Dies könnte bei allen Beispielen, die ich eingangs als bedrängend benannt habe, durchbuchstabiert werden. Es sei bei einem Beispiel belassen.
Mit Ihm die Wanderungsbewegungen angeschaut, Ihn in der Situation eigener Hilflosigkeit als nahen Gott wahrgenommen, könnte mehrfaches gesagt und damit auch getan werden, etwa:
- Wir können uns nicht abschotten und so tun, als ob es nur uns in dieser Welt gäbe: nicht oft wurde uns bislang bewusst gemacht, in dieser Frage eben auf eine schmerzliche Situation, wie sehr die Welt zusammenwächst. Medien und anderes ermöglichten dies die längste Zeit ohnedies schon, wahrgenommen wird dies wohl in all seiner Deutlichkeit erst durch die schrecklichen Bilder und die Erfahrungen, die wir selbst in diesen Monaten machen, auch vor unserer eigenen Haustür. - Wir können uns nicht länger gerieren als jene, die in dieser Welt alles in der Hand haben. Wir haben ernst zu machen damit, dass wir alle rund um den Globus Brüder und Schwestern sind, weil wir ein- und denselben Vater im Himmel haben; wir sind aufeinander verwiesen und daher auch aufgefordert, das was Liebe heißt in konkreten Taten erlebbar zu machen. Danke daher an dieser Stelle an das, was im Bereich der KHG und des AAI an Möglichem getan wird, um Flüchtlingen und Asylwerbern Heimat anzubieten. Auf die großen Zusammenhänge zwischen den Vorgängen in unserer Welt und den sozialen Fragen weist Papst Franziskus eindringlich in seiner Enzyklika "Laudato si" mehrmals mit aller Deutlichkeit hin.
- Schließlich: Nur dann (!) wenn wir ernst machen damit, dass nicht wir die "Macher" der Welt sind, wenn wir uns also eingestehen, angesichts der Schrecknisse und Dunkelheiten, die uns umgeben, ein Teil der Schöpfung zu sein, wenn wir also demütig anerkennen, dass Gott der Herr der Welt ist, der allem Bedrängenden Ruhe einhauchen kann, dann werden wir - gemeinsam mit den anderen in der Welt - daran gehen können, alles miteinander und auf Augenhöhe zu bewerten. Dann (!) wird er uns auch befähigen, den Weg mitten in der mitunter großen Dunkelheit weiterzugehen.
Mit IHM wird das Boot nicht voll. Mit IHM kehrt Ruhe ein und damit auch die Befähigung zu handeln, weil wir dann als Menschen auf dem rechten Fleck unseres Daseins mitten in dieser Welt und im Kosmos sind.