Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Wir feiern unsere „große“ gemeinsame Messe auf unserer Wallfahrt in jener Kirche, in der sich Papst Franziskus nach seinem Unterwegssein an die „existentiellen Ränder“ dieser Welt immer kurz zurückzieht, um hier seine Reisen, seine Anliegen vor die Mutter Gottes zu legen, die an diesem Ort als das Heil des römischen Volkes verehrt wird. Wir sind zwar nicht am Ende unseres Unterwegsseins, unserer Wallfahrt, hier zur Feier in der kleinsten der vier Patriachalbasiliken zusammengekommen, sondern mittendrin. Ich möchte aber einladen, hier einige „existentiellen Ränder“ unserer Heimat, für die wir stellvertretend nach Rom aufgebrochen sind, vor Maria hinzulegen.
Unsere Welt
Wir haben nur die eine. In seiner Enzyklika „Laudato si“, kurz vor dem Sommer veröffentlicht, wendet sich Papst Franziskus den vielen Fragen zu, die sich unserem Planeten heute stellen. Er macht dabei u. a. deutlich, dass wir uns nicht einfach dispensieren können, die Zusammenhänge auf dieser Erde ernst zu nehmen. Armut, Ökologie, Klima, Menschliche Entfaltungsmöglichkeiten, Ressourcen etc.: alles spielt zusammen. Er lädt ein, sich ganz bewusst alledem zu stellen, da wir ja von Gott und der Zusage seiner unendlichen Liebe berufen sind, diese zu gestalten: Sie ist nicht unser Eigentum.
- Wir leben in einer sich rasant ändernden Welt.
Ob wir es wollen oder nicht: Vor unseren Augen ändert sich die Welt in großen Schritten. Kriege in ganz anderen Gegenden wirken sich letztlich bis vor unsere Haustür aus. Mit der Gemeinschaft Sant'Egidio, die hier in Rom beheimatet sich konkret um Frieden in gefährdeten Gebieten bemüht, ist deutlich festzuhalten: Nicht die Flüchtlinge sind der Notstand, sondern der Krieg! - Klimawandel und andere Notsituationen bringen auch Vertreibung und Flucht in vermeintlich bessere Lebensmöglichkeiten mit sich. Täglich nehmen wir es wahr, auch vermittelt durch Medien: wir sind in dieser unserer Welt miteinander verbunden. Zäune, Mauern, Tränengas u. ä. m. können auch dieses Zusammenwachsen der Menschheit nicht verhindern. Tausende sind unterwegs - und in den ärmsten Ländern der Welt (!) kommen Millionen hilfesuchend an; wir selbst nehmen auch wahr, dass Tausende bei uns anklopfen. Wie gehen wir auf diese Menschen zu? - Ich weiß: da sind sehr viele Emotionen im Spiel, Argumente werden nur vage geäußert bzw. wahrgenommen; oft reichen Stich-, nein Reizworte wie „Flüchtlinge“, „Asyl“, „Ausländer“ schon aus, um unterschiedlichste Meinungen mitunter zu äußern, ohne einander wirklich zuzuhören. Differenziert wird wenig. Zunächst und zuallererst - also jenseits der Frage nach den Motiven: alle sind Menschen, diese aber sind Menschen in Not. Da ist jemand, der Hilfe sucht: Wie gehe ich auf ihn zu? - Erst in einer weiteren Frage sind Motive etc. zu klären - und das kommt mir in der Diskussion immer wieder zu kurz. Wer hat Anrecht auf Asyl? Dies wird nach unseren Gesetzen geregelt - aber auch, gern gehört oder nicht - angesichts unserer Bevölkerungsentwicklung: wie gehen wir in unserer Heimat mit Zuwanderung um? Schließlich - und auch hier können wir uns eigentlich nicht einfach abseits stellen -, gilt es, die Köpfe zusammenzustecken, wie denn Menschen dort, wo sie leben, auch leben können. Wenn ich mir etwa vor Augen führe, wie Lebensmöglichkeiten rund um den Globus, auch von uns verursacht, etwa durch den Klimawandel, genommen werden und wie viele Millionen Menschen deswegen in Hinkunft unterwegs sein werden: wir müssen lernen, mit einer sich radikal ändernden Welt umzugehen - auf mehreren Ebenen und in vielfachen Dimensionen.
- Ich selbst.
Ja, Sie hören richtig: auch ich selbst kann mir fremd sein, kann mir zur existentiellen Peripherie werden. Angesichts der zunehmenden Komplexität in dieser Welt mit all ihren Fragestellungen ist es nur verständlich, dass sich immer mehr Menschen zurückziehen auf das einzig Sichere, das persönliche Ich. Und dann hat die Welt sich um dieses kleine „Ding“ zu drehen. Und wenn Gefahr naht, werden Zäune und Mauern darum aufgerichtet, die nicht sichtbar sind. Man ballert „aus allen Rohren“ an den Stammtischen und postet, „was das Zeug hält“, in der Meinung, sich selbst zu schützen und Identität zu bewahren. Unseren Gott ernst nehmend muss aber gesagt werden: die Identität, aus der Er lebt, ist nicht Absicherung und Abgrenzung, sondern Hingabe: „Er, der Gott war, hielt nicht daran fest wie Gott zu sein, sondern entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich ...“ beginnt das älteste Lied der Heilsgeheimnisse der Christenheit im 2. Kapitel des Philipperbriefs.
- Familie
Es lohnt sich, auch nur einen kurzen Blick auf die Vielfalt der Fragestellungen zu werfen, mit der sich die kommende Familiensynode in einigen Wochen im Vatikan beschäftigt. Das Arbeitspapier hierfür kann auch in Deutsch schon seit Wochen aus dem Internet heruntergeladen werden. Weit mehr Fragestellungen tun sich da auf als jene, die medial in unserer Heimat transportiert werden. Können Familien überhaupt leben? - Wie geht es Kindern in den herausfordernden Situationen des Heranwachsens in unterschiedlichen Situationen, in denen Familie heute begegnet? Wie viel ist an Wohnraum vorhanden? Wie ist das mit den biologischen Möglichkeiten, die gegeben sind und welche Auswirkungen hat das? Wie leben die Generationen wirklich miteinander? Was heißt „glauben“ in der Familie? - Diese und noch viele andere Fragen sind zu stellen, damit die „Berufung und Sendung der Familie in der Welt von heute“ wirklich bedacht wird und erneut erstrahlen kann.
Einige Herausforderungen, die sich uns stellen, wenn wir unser Kirchesein in Graz-Seckau und weltweit ernst nehmen. Diese sind alles andere als weit entfernte. Die „existentiellen Peripherien“ finden sich vor Ort, bei mir, genauso wie in meiner unmittelbaren Nachbarschaft und im Großen und Ganzen der Welt. Viel, so denke ich, haben wir hier auf den Altar, vor das „Heil des römischen Volkes“, zu legen. Denn Maria hielt in ihrem Leben letztlich auch den äußersten Herausforderungen stand, damals unter dem Kreuz, damals als ihr - wie wir im Petersdom so eindrucksvoll in der Pietà des Michelangelo gesehen haben - toter Sohn ihr in den Schoß gelegt wurde. Weil sie bis zum Äußersten ging und dort standhielt, wird sie auch uns mit dem verstehen, was wir im Großen und Ganzen und im Persönlichen unseres Lebens heute hier vor sie hinbringen.