Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Vor 16 Jahren wurde ich beim Pfarrfest als neuer Pfarrer hier in Bruck/Mur in mein Amt eingeführt. Seit einigen Monaten nun erging der Ruf Gottes durch die Kirche in eine neue Aufgabe an mich. Ich freue mich außerordentlich, als Bischof jenen Pfarrverband besuchen zu können, in dem ich einige Jahre lang gewirkt habe. Ja: Christsein - und das habe ich, im Nachhinein gesehen, ist etwas Handfestes, nichts bloß für den Kopf und den Verstand. So wie Kirchengebäude, die unsere Landschaft nach wie vor prägen, es deutlich machen: Nachfolge Jesu Christi ist konkret, fordert Hand und Fuß heraus. Schließlich ist ja auch Gott durch Maria einer von uns geworden, hat Hand und Fuß bekommen. Und um Seinetwillen wird Maria, wie am „kleinen Frauentag“ am 8. September verehrt.
Ich bin daher fast versucht zu sagen: Wehren wir den Strömungen, Christsein als etwas darzustellen, das nebulös bloß für die Vernunft sei. Wie ich das meine? Nun: Schauen wir uns nur mal um.
- Wir haben uns jetzt in dieser weithin sichtbaren Kirche versammelt, um zu feiern. Ihr Kirchturm macht deutlich: Du, Mensch, verwirklichst dein Sein nur dann und insofern als du dich mit deinem Schöpfer verbunden weißt - so wie Maria auch erst in der Erfüllung des Willens Gottes jene Größe erlangt hat, die sie uns auch Jahrhunderte nach ihrem Leben feiern lässt. Diese Erinnerung darf eigentlich nicht verstummen, gerade in einer Welt wie der Unsrigen, in der der Mensch Gefahr läuft, sich immer wieder als der Herr über Zeit und Geschick der Welt aufzuspielen. Nicht wir sind der Nabel der Welt, so bedeutsam auch jede und jeder von uns hier in den Augen Gottes ist, sondern Gott, der Schöpfer der Welt, ist der, der uns in diese Gegend hinein gestellt hat, um in der Welt im Kleinen und im Großen immer mehr Seinen Schöpferwillen deutlich zu machen. - Jede und jeder von uns wird angesichts all dessen, was uns tagaus, tagein begegnet, hier wohl zustimmend sagen: "Wir Christen, denen die frohmachende Botschaft des Evangeliums anvertraut ist, haben da noch einiges einzubringen an Gestaltungsvorschlägen." Papst Franziskus hat mit seiner Enzyklika "Laudato si'" dies eindrucksvoll erst in den letzten Monaten unter Beweis gestellt. Es lohnt sich allemal, unseren Auftrag zur Weltgestaltung ernst zu nehmen. Der Kirchturm hier mag als bleibende Mahnung und „Fingerzeig nach oben“ gelten.
- Wir werden uns nach der Feier hier draußen zusammenfinden als Gemeinschaft derer, die ihr Leben ausrichten nach dem, der sie mit Seinem Wort stärkt und mit dem Brot des Lebens nährt. Jahrhunderte leben in diesen Breiten Menschen davon. Der Glaube an Gott drängt danach, Gestalt zu bekommen, kann doch auch die Berufung derer, die sich zu Christus bekennen, umschrieben werden mit den Worten: „Gott möchte durch uns heute zur Welt kommen.“ So wie er damals Hand und Fuß aus Maria, der Jungfrau, bekommen hat. In dieser Gemeinschaft sind alle versammelt, junge und alte Menschen, Männer und Frauen, unterschiedliche Herkunftsorte genauso wie politische Gesinnung und so weiter. Damit wird deutlich: Die Welt muss sich nicht nach mir richten, sondern wir alle, jede und jeder von uns, richten uns täglich neu aus an dem, der uns in Taufe und Firmung berufen hat, Ihn als Maßstab unseres Denkens und Handelns zu nehmen. Und dies vereint uns eigentlich tiefer und mehr als alles andere, was uns verbindet, so unterschiedlich wir auch sind. In Ihm, dem Auferstandenen, wissen wir uns auch als Schwestern und Brüder, als Kinder Gottes, und begegnen daher einander in dieser Gesinnung - weltweit, ohne Unterschied. In Ihm sind wir aufgefordert, einander zu lieben wie Er uns geliebt hat. Damit ist eigentlich alles gesagt, wie wir uns als Menschen zu begegnen haben. Und angesichts all der Herausforderungen in unserer Heimat, die sich uns derzeit stellen, wird auch in diesem Punkt deutlich: wir haben als Christinnen und Christen so manches an Miteinander und Zueinander in unsere Welt einzubringen, damit alle erfahren können, was ihr Menschsein angesichts Gottes bedeutet. Hier kann und darf kein Abstrich gemacht werden, hier darf nicht eingeteilt werden in "besser" und "weniger wert" - die Geschichte belehrt uns hier eines Besseren. Hier wissen wir uns alle gefordert, weil wir eben als eine Menschheit eine Welt anvertraut erhalten haben. Wir können uns nicht "hinwegbeamen" von unserem Planeten, auf dem Kriege und Umweltfragen Millionen von Menschen im wahrsten Sinn des Wortes bewegen. Wie und wo gilt es entsprechend zu helfen? Hier, wenn sie anklopfen, wenn menschlich ertragbares Leben bei uns gesucht wird, wenn wir uns aufmachen um vor Ort möglichst vielen Leben zu ermöglichen?!
- Wieder einige Schritte weiter wird in Notschafstelle und Kleiderladen eine Art konkret gelebten Christseins deutlich. Hier engagieren sich, wenn ich es recht sehe, Dutzende ohne einen Cent zu erhalten. Weil sie spüren: wir möchten, nein aus unserem Innersten heraus "müssen" wir, den uns möglichen Beitrag dazu leisten, dass der Not hier bei uns Abhilfe geschaffen wird. Christsein beschränkt sich nicht auf Sonntagsreden, sondern beeinflusst mich und meinen Alltag. Nicht ich bestimme letztlich, was mich ausmacht, sondern ich weiß mich angerufen von IHM her, herausgerufen von IHM und bin mir selbst eigentlich „genommen“. Auch hier ist uns die Patronin dieser Kirche und damit der Pfarre ein deutliches Beispiel: weil und insofern ich mich selbst "verliere", ich mich selbst auf Gott hin ver-lasse – in diesem doppelten Sinn – wird mein Leben bedeutsam und heil, vollkommen. Maria sagt es mit ihrer Existenz: Ver-lasse Dich auf Gott!
Drei Beispiele habe ich benannt, in denen ein Aspekt immer wieder deutlich wurde: Nicht ich, sondern Du, mein Gott; nicht ich, sondern Er, der Schöpfer und Lenker der Welt, sind bedeutsam für mich und mein Menschsein. Nicht ich, sondern der Dreifaltige schenkt mir Würde, lässt mich leben, gibt mit Identität und stiftet bleibenden Sinn meinem Dasein ein. Ich behaupte: leben wir herausgefordert durch Seine Radikalität der Lebenshingabe mehr und mehr füreinander, damit die Welt glaubt, damit die Welt Seinem Plan entsprechend Gestalt erhält. Er hat sich uns Menschen, uns hier anvertraut!
Christsein ist eine tolle Berufung!