Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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"Die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes" (Röm 8,19). Etwas ganz und gar Anziehendes ist uns als ChristInnen da zugesagt. Etwas, wofür es sich leben lässt! Ich hoffe, dass dies auch jene gespürt haben, mit denen wir den Nachmittag im Austausch verbracht haben: Ja, Christsein ist etwas Beglückendes, weil uns die "Freude des Evangeliums" antreibt. Ich sage das im Bewusstsein, dass wir mitunter ganz andere Dinge wahrnehmen und ins Wort bringen: Priestermangel, Glaubensmangel, Bedeutungsmangel, Geldmangel. Es mangelt, scheint mir mitunter, an so fast allem. Stimmt diese Diagnose wirklich, der wir uns dann auch noch gern ergeben und damit der Gefahr erliegen, nur mehr zu jammern? Schauen wir wirklich alles an, wenn wir über uns und unsere Kirche im Heute gerade dieser Zeit sprechen? Ist eine solche Rede nicht vielmehr etwas, so richtig manches daran vielleicht doch sein mag, was unseren Blick nur nach rückwärts richtet? Aber: "die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes". Und: warten ist nach vor gerichtet, auf Zukunft hin orientiert!
Wir sollen als Kinder Gottes offenbar werden. Das ist unsere Berufung als Kirche hier in der Steiermark. Was wird sichtbar von uns, was wird der Welt um uns herum, in der wir unser Christsein leben deutlich? Ich erinnere mich an eine PGR-Sitzung im Pfarrverband Bruck/Mur. Wir hatten hierzu einen Stadtrat eingeladen, der uns genau diese Frage beantworten sollte. Ohne uns wehtun zu wollen, meinte er, dass er nicht viel von uns mitbekäme, gäbe es nicht die Caritas mit ihrer Notschlafstelle und dem Kleiderladen. Ich konnte dem Politiker nur dankbar sein. Denn: er hat unsere Mühen und Anstrengungen auf so vielen Gebieten, in jenes Licht gerückt, das Welt heißt. Und tatsächlich musste ich mir selbst eingestehen, dass viele unserer Anstrengungen, so gut durchdacht und geplant sie auch waren, eher für uns selbst waren, für uns als Kirche und unseren Selbsterhalt. Dieses Eingeständnis fiel mir alles andere als leicht. Es brachte aber 'Licht ins Dunkel'. Und das war heilsam. Wir haben daher begonnen, alles unter diesem Vorzeichen "neu" zu sehen - und somit gingen wir etwa mit unserem Pfarrfest damals aus dem sicheren Innenhof auf den Kirchplatz hinaus und wir nahmen noch mehr die Arbeit der Caritas als Werkzeug der Verkündigung ernst ... Und: wir hielten es auch aus, nicht mehr alles hundertprozentig vollkommen gestalten zu wollen.
Wo also sehen wir uns als Kirche von unserer Sendung her? Und die heißt: "Zeichen und Werkzeug [zu sein] für die innigste Vereinigung mit Gott, wie für die Einheit der ganzen Menschheit"[1]. Wir verweisen also mit allem, was uns ausmacht, indem wir Christus folgen und damit Kirche sind, auf Gott und das Miteinander der Menschheit! Eine ungeheuer schöne Sicht auf uns als Kirche und unsere Strahlkraft, die wir nicht aus uns selbst haben, sondern die Er, die Sonne der Gerechtigkeit, Christus selbst ist. Wo leben wir 'innigste Vereinigung mit Gott'? Natürlich in der Feier der Liturgie und der Sakramente. Leben wir wirklich die Sakramente, also - um es beispielhaft zu formulieren - auch Buße, um also auch das, was zerbrochen ist an Miteinander mit Gott wieder ins Reine zu bringen?! Oder - um es an diesem Beispiel umgekehrt zu denken: ist wirklich in meinem, in unserem persönlichen Leben alles in Ordnung, ist wirklich alles heil? Messfeier, zumal sonntags, Taufe, Firmung usw. machen dies natürlich auch deutlich, doch: wie ist das dann beim Gebet, mit der Anbetung, mit dem Gebet am familiären Tisch, mit dem abendlichen sich vor Gott Hinstellen usw.? Und: wie leben wir die Einheit mit Gott im Lesen und Leben Seines Wortes, das jedem von uns in den Heiligen Schriften zu Hause wie auch in den Kirchen gereicht wird? - Sie merken: da ist durchaus "Luft nach oben", oder? Oder, um es angesichts der Flüchtlingskrise an einem Beispiel zu sagen, das der frühere tschechische Außenminister Schwarzenberg gesagt hat: "Ich habe nicht so sehr Angst vor der Flüchtlingskrise, sondern vor den leeren Kirchenbänken." - Ja: unser Leben mit Gott strahlt aus! Und dann sind wir Kirche, weil wir die Einheit der Menschheit mit Gott leben und deutlich machen.
Wir sind Licht der Welt, Senfkorn oder auch Sauerteig in dem Großen, was Welt heißt (vgl. Lk 13,19.21), wenn wir unser Dasein verstehen und leben als Miteinander aller in der einen Welt. Wir können uns nicht dispensieren von ihr, nicht wegbeamen gleichsam von alledem was uns irritiert und ärgert. Unser Auftrag ist es, in jedem, der uns begegnet, in jeder, die uns begegnet, jemanden zu sehen, mit dem ich dieses Miteinander der Einheit leben kann. Die Menschen rund um mich herum sind nicht Hindernisse meiner Selbstentfaltung, Gefährdung meiner Identität, Infragestellung dessen was mich und mein Ich ausmacht, sondern mir an die Seite gestellt, um mich zu ergänzen, da ich selbst nicht der Nabel der Welt bin, alles andere als die Mitte dieses Planeten. Denn die ist Er. Und Er ist dort, wo "zwei oder drei in [Seinem] Namen versammelt" sind (vgl. Mt 18,20). Und das heißt, wo zwei oder drei in Seiner Liebe beisammen sind, also wie Er bereit sind füreinander zu leben, mag kommen was will. - Die Ehe als Sakrament ist ja auch eigentlich zutiefst davon geprägt, deutlich zu machen, dass im Miteinander von Menschen der Herr selbst gegenwärtig ist inmitten der Welt. Schade, dass wir Fragen rund um Ehe und Familie meist nur von der Seite des Scheiterns aus betrachten und andenken und dabei mitunter sogar Gefahr laufen, das Schöne, das sich Gott ausgedacht hat, wenn er uns als Mann und Frau erschaffen hat, im Blick zu haben. - Ja: wenn wir in Seinem Namen, in Seiner Liebe sind blitzt mitten unter uns eine Wirklichkeit auf, die Gott selbst durchstrahlen lässt in diese Welt, in der wir viel Dunkel, viele Fragen, Sorgen und Probleme wahrnehmen. Werden wir nicht müde, diese Art des Lebens für uns selbst zu entdecken und umzusetzen. Das aber hat auch Gewaltiges zur Folge. Denn, wenn wir uns ehrlich sind: Wie wirken wir in unserem Miteinander tatsächlich auf die Menschen um uns herum? Da gibt es - auch - gegenseitige Vor- und Anwürfe wenn es darum geht, Katholizität jemandem zu- oder absprechen zu wollen; da gibt es Lagerbildungen und da werden auch medial (!) Unterschiede oft und breit ausgewalzt. Nicht, dass es all das nicht gibt, aber: unser Zeugnis sollte inmitten dieser Welt, die ohnedies schon zerrissen ist, wenn wir auf die zahlreichen Kriege in der näheren oder weiteren Umgebung oder die gesellschaftlichen Herausforderungen, die die Menschen rund um uns etwa in der Flüchtlingsfrage spalten, schauen, ein ganz und gar anderes sein. Wir sind berufen, zu einen und nicht zu trennen. Wir sind berufen, auf den anderen zuzugehen und nicht die Chance echter Begegnung zu vertun usw. usf.
Lassen wir uns daher wirklich aufeinander ein! Wir sind "Zeichen und Werkzeug [sein] für die innigste Vereinigung mit Gott, wie für die Einheit der ganzen Menschheit" und: "Die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes"! Das ist die Freude des Evangeliums, die uns antreiben soll und die ich mir und uns täglich wünsche.
[1] Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium 1.