Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
Schulen, Kindergärten, Bildungshäuser und vieles mehr: Kirche ist ein wesentlicher Bildungsanbieter. mehr Infos
"Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?" (Lk 15,4). Das, was zunächst 'nur' schön klingt, Schwestern und Brüder, hat bei näherer Betrachtung einige Auswirkungen auf das Leben von Kirche und damit auf unser Leben. Wir wissen uns hier in dieser Region der Steiermark in der Nachfolge Jesu Christi und können uns auch in diesem Gleichnis vom 'verlorenen Schaf' wiederfinden – mehrfach.
Wir können uns etwa in der Rolle des Hirten sehen. Sagen wir nicht zu schnell, dass damit nur Bischof, Priester und Diakone gemeint sein könnten! Denn, im Gleichnis sagt Jesus allen, die ihn umgeben: Die Aufgabe des Hirten ist es, darauf zu achten, dass kein Schaf aus der Herde sich verläuft oder abhandenkommt. Der Hirt ist davon überzeugt, dass die Weidefläche, die er seiner Herde anbietet, sehr gut ist. - Anders und auf uns bezogen könnte das demnach heißen: wir sind als Christen füreinander verantwortlich. Kirche sind wir ja nicht nur alle nebeneinander. Wenn wir wirklich ernst machen mit dem, was Taufe ist, dann sind wir einander Brüder und Schwestern. Und das heißt: ohne dich, meinen Nachbarn, ohne dich, meine Nächste, wäre ich eigentlich nicht vollkommen! Du bist wichtig, damit ich mein Leben gut gestalten kann. Daher bist Du mir, weil Du mir nahe bist, weil ich auf Dich verwiesen bin, unendlich viel wert. Mehr noch: ich weiß um die Güte der Weide des Glaubens und bin daher sehr daran interessiert, dass alle diesen Weideplatz genießen. - Jede und jeder von uns ist daher von Gott berufen, sich ganz und gar mit dem auseinanderzusetzen, was uns ausmacht. Die Zeiten, in denen wir einfach sagen konnten: "Wir sind [Ost-]Steirer und daher katholisch", sind vorbei – und das spüren wir wohl auch in dieser Gegend immer stärker. Von einem jeden und jeder von uns wird zunehmend das verlangt, was auch Petrus in seinem ersten Brief den ersten Zeugen der Auferstehung mitgibt: "Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt" (vgl. 1 Petr 3,15). Ja: Lernen wir die Schätze unseres Glaubens neu kennen! Glaube ist weit mehr als moralische Vorschrift, er ist lebendige Beziehung zu einem Gott, den wir familiär "Vater" nennen können, und der sich jeder und jedem von uns immer wieder aufs Neue in Liebe zuwendet. In so manchen öffentlichen Debatten vermeine ich wahrnehmen zu müssen, dass die reiche Weide "christlicher Glaube" nur ganz wenig gekannt wird. Und gerade deswegen: Lernen wir neu den Reichtum der Sakramente! Lernen wir neu unmittelbare Begegnung mit dem Wort Gottes in den Heiligen Schriften - dazu braucht es keinen hauptamtlichen und studierten Profi, denn unser Gott redet uns persönlich darin an. Und: lernen wir neu und vertieft unseren Gott kennen, der mir, der uns im Bruder, in der Schwester neben uns begegnet!
Ähneln wir mitunter nicht auch dem Schaf, das sich von den 99 anderen entfernt? Ich weiß, dass ich mir schwertue, das zuzugeben oder mir einzugestehen. Doch wenn ich auf mein Leben schaue, dann gibt es hie und da schon den Drang, mich nach anderem, vielleicht fetterem Weideland umzusehen. - Und tatsächlich, so jedenfalls Paul M. Zulehner, leben wir heute in einer Zeit, in der viele sich ihren ganz persönlichen Glauben zurechtzimmern: ein bisschen Bibel da, gesalzen mit ein wenig von diesen oder jenen weisen Sprüchen und Einstellungen einer anderen Religion - Wiedergeburt ist da oft drin, gewürzt mit ein wenig Esoterik usw. usf. Damit entsteht eine für jeden eigene "patchwork-Religion", die nicht wehtut und handsam ist. - Wenn ich mir Jesus anschaue und seine Art, den Glauben mit den Menschen zu teilen, so ist zu bekennen, dass er radikal, also an die Wurzel gehend, von jedem Nachfolger ein klares Bekenntnis zu ihm verlangt: "Ich bin das Leben" sagt er - und das heißt eben auch, dass ich es nirgendwo anders finde. Und: im Wort, das mir in den Heiligen Schriften begegnet, und das letztlich der Mensch gewordene Sohn Gottes selber ist (!), ist demnach auch alles enthalten, was für ein reiches und vollkommenes Leben notwendig ist. Ich brauche nicht mehr!
Schließlich, so behaupte ich: sind wir nicht auch den Schafen ähnlich, die in der Herde leben? Gott sei Dank ist in diesen Breiten viel an kirchlicher Gläubigkeit vorhanden. Um das Bild der Weide zu bemühen: die Fläche zu grasen ist weit größer als wir es uns selbst mitunter zutrauen. Und: immer nur an einem Fleck das saftige Grün zu sehen, macht recht bald die üppigste Wüste zur Steppe. Lassen wir uns daher auf das ganze Feld unseres Glaubens ein, also auf die Welt, die uns leben lässt und das Nötigste bietet! Und diese Welt, diese Weide von heute, ist eben eine andere als jene, die vor Jahrzehnten zur Verfügung gestanden ist. Ja: heute wird Glaube anders gelebt als in früheren Tagen. Anders als der eine oder die andere es vielleicht gewohnt ist. Ich mache aber auch die Erfahrung, dass viele in unserer Welt sehr auf der Suche sind nach dem, worauf das Leben wirklich gebaut werden kann. Die Formen mögen heute andere sein, das üppige Gras ist nach wie vor der lebendige Christus inmitten der Seinen. - Genau darum ist es uns auch heute Nachmittag in den Stunden des gemeinsamen Austauschs gegangen: wir haben uns wieder einmal auf die Reise begeben, um IHN inmitten unserer Pfarren, in den Kindergärten und Schulen, bei der Caritas und an vielen weiteren Orten des Lebens von Christen zu entdecken. Wir sind da auf so manches Schöne gestoßen, haben aber auch entdeckt: Es gibt vieles, wo wir uns zu fragen haben, was denn all das für unser Glauben hier und heute bedeutet. Es gilt zunehmend und immer mehr gemeinsam nach dem in allen Gruppen und Erfahrungsräumen von Kirche aufmerksam im Miteinander nach dem Willen Gottes im Heute unserer Tage zu fragen.
Wagen wir es! Der Glauben, der auf uns gekommen ist, ist reich. Und: er ist auch für das Heute unserer Welt einer, der Leben und Fülle des Daseins bereiten kann!