Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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"Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein". Wir kennen die Stelle nur zu gut und malen uns wohl auch immer wieder aus, wie das denn tatsächlich damals im Tempel in Jerusalem zugegangen sein mag. Wir haben in den Lesungen des heutigen Tages ja zwei Mal vom Tempel gehört: von der Altarweihe in ihm während der Zeit der Makkabäer und vom der 'Tempelaustreibung' eben. Ja: das Haus Gottes soll eines sein, in dem Gottes Präsenz ernst genommen wird. - Verstehen wir allerdings die Rede vom "Haus Gottes" nicht zu schnell und identifizieren wir mit diesem Begriff nicht nur ein Bauwerk, das wir Kirche nennen. Denn Paulus erinnert die Korinther gleich zwei Mal daran: "Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?"[1] Wir selbst - und damit ist unsere Berufung als Christen umschrieben - sind Gottes Haus mitten in dieser Welt. Daher gilt eigentlich auch, und mit zumindest gleicher Berechtigung, die Forderung Jesu auf die Menschen anzuwenden: "Wir sollen ein 'Haus des Gebetes' sein!" Wir also sind diejenigen, die Gott in dieser Welt angreifbar machen, präsent machen. Denn das ist der Auftrag, den der Kirche unser Herr mitgibt.
Heute Nachmittag haben wir in mehreren Gesprächsrunden uns immer wieder genau diesem Wesentlichen von Kirche angenähert: "Wenn wir uns hierher gestellt wissen, in diese gesegnete Gegend der Welt: was ist unser Auftrag? Wo gilt es, den Schöpfer der Welt präsent zu machen, den Glauben an ihn zu leben, mit Berufung zum Christsein mitten in der Welt ernst zu machen?" Und, Schwestern und Brüder: davon können und dürfen wir nicht abgehen, wenn wir unseren Herrn, den Auferstandenen, wirklich ernst nehmen wollen. Ich weiß: Kirchengebäude erinnern uns daran, was unser Auftrag, unsere Berufung ist. Ja: Gebäude sind eine 'gefährliche Erinnerung', rufen sie doch in uns wach, dass wir hier nur dann unser Menschsein wirklich leben, wenn wir mit Gott ernst machen und damit mit seiner Botschaft. Also: "Christen der Südoststeiermark: wie haltet ihr es mit Gott?" Und damit verbunden: "Wie sehr ist dieser Gott, von dem wir glauben, dass er die Welt von Anfang an begleitet, von dem wir sagen, dass er uns unüberbietbar in Jesus Christus nahegekommen ist, von dem wir hoffen, dass er uns auf immer und ewig zu einem Leben bei und mit ihm ruft, in Eurem Leben präsent?" Denn: das Leben hat pro Tag 24 Stunden und pro Woche demnach 168. "Mein Haus, also ich selbst, soll ein Haus des Gebetes sein!" Das hörte ich heute als Bischof und die Frage an mich ist dieselbe: "Wie halte ich es mit diesem Gott, wie ernst nehme ich meinen Glauben?" Diese Frage ist tägliche Herausforderung. Ich mache aber auch die Entdeckung, dass erst dadurch mein Leben richtigen Tiefgang bekommt und nicht bloß irgendein Ablauf von Momenten ist, deren Wiederkehr man sich in einem weiteren Leben vielleicht erwünscht. Durch die Einmaligkeit meines Daseins, das von Gott her und auf ihn hin gelebt wird, wird mir erst die Ernsthaftigkeit und damit auch die Verantwortlichkeit für all mein Tun in dieser Welt deutlich: und von dieser darf und kann ich mich nicht drücken! So konkret wirkt sich Ernstnahme der Berufung aus: mein einzigartiges Leben, eingeborgen in die Wirklichkeit Gottes, ist von Bedeutung und nicht beliebig wiederholbar. Und genau das macht es erst voll von jener Freude, die Christen seit Anfang an antreibt, ihre Mitwelt nach dem Bild und Gleichnis Gottes zu gestalten. Leben wir daher immer wieder und aufs Neue diese Berufung! Nutzen wir die hier in unserem Land stehenden zahlreichen kirchlichen Gebäude dazu, sie mit diesem Leben aus dem Glauben betend und singend zu füllen, denn dafür sind sie da!
Mein Haus, also ich mich selbst, als Haus des Gebetes zu verstehen, bedeutet aber neben dieser allgemeinen Frage der Nachfolge auch die nach der Form in der ich mein Leben als Berufene/r leben möchte. Ja: mein Leben wird nur dort in der Tiefe des Daseins erfahren, wo ich ernstmache damit, mich auch zu fragen: "Wo und wie willst du, Gott, dass ich lebe?" Christ zu sein bedeutet auch, die Frage nach dem geistlichen Leben nicht einfach "außen vor zu lassen", sondern zu entdecken: Mein Leben in der Familie ist eines, das eigentlich nur dann gelingt, wenn ich den Ruf Christi in diese Form der Nachfolge ernst nehme. All das, was wir üblicher Weise mit "geistlichen Berufungen" meinen, kann und darf nicht jenseits unserer Vorstellungswelt bleiben. Wenn es uns wirklich um Gott geht, dann überlasse ich es nämlich IHM, wie mein Leben zur Fülle kommt. Das kann dann auch ein Leben in den Evangelischen Räten sein oder eines als Priester. - Gerade hier haben wir neu ernst zu machen mit dem, was unseren Glauben ausmacht; hier meine ich mitunter auch eine "Florian-Strategie" wahrnehmen zu müssen, unter dem Motto: "Ja, wir brauchen Priester, ja wir brauchen Ordensleute - aber ruf ja nicht mich, Gott, oder meine Tochter bzw. meinen Sohn!" Oder wir begegnen landauf, -ab der Frage nach Priesterberufungen, weil unser kirchliches Leben auch davon lebt, bleiben oft und oft aber nur bei der Mangelfeststellung stehen und dass es halt Priester brauche, für die aber Rom verantwortlich sei, weil ja in Rom Kriterien festgelegt werden oder so. Die Frage nach dem Weg in der Nachfolge, die alles andere als eine weiche sein soll, wenn wir die Tempelaustreibung heute auf uns selbst beziehen, stellt sich jedem und jeder von uns, weil es um Gott geht und ER uns zur Fülle des Daseins führt und nicht Geld, persönliche Macht und bloße Selbstverwirklichung.
"Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein". Denken wir nicht zu klein von uns! Wir sind der Tempel Gottes mitten in der Welt und unser Leben wird (nur) dann reich, wenn wir mit Gott radikal, also bis in die letzten Fasern unseres Daseins ernstmachen!
[1] 1Kor 3,16; 1Kor 3,17: "Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr."