Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
Schulen, Kindergärten, Bildungshäuser und vieles mehr: Kirche ist ein wesentlicher Bildungsanbieter. mehr Infos
Grußwort anlässlich des Festveranstaltung „70 Jahre Katholische LehrerInnen- und ErzieherInnengemeinschaft“, 28. November 2015, Priesterseminar Graz, 14 Uhr
Sehr geehrte Damen und Herren!
Es gilt heute einen Geburtstag zu feiern, einen 70er. Würde das einen einzelnen Menschen betreffen, so könnten wir uns einige Anekdoten aus einem wahrscheinlich intensiven und erfüllten Leben erzählen.
Auf ein intensives und erfülltes „Leben“ kann und hat auch die Katholische LehrerInnen- und ErzieherInnengemeinschaft in den 70 Jahren ihres Bestehens zurückzublicken: Gegründet im Herbst 1945 von Prof. Franz M. Kapfhammer und dem späteren Prälaten Josef Schneiber, wuchs auf den Trümmern des Krieges am Standort Leechgasse 24 rasch eine lebendige und intensive Gemeinschaft von christlichen Pädagogen und Pädagoginnen in verschiedenen Bildungseinrichtungen heran und zusammen. Betrachtet man diese 70 Jahre von 1945 bis 2015, so hat diese Gemeinschaft wesentliche und spannende Entwicklungen im Bereich Bildung und im Bereich der Kirche mitgestaltet und geprägt.
Ich denke dabei an die schwierigen und herausfordernden Jahre der Nachkriegszeit und der Aufbaujahre, die ich selbst zwar nicht erlebt habe, aber in denen die christliche Stimme im sich neu zu ordnenden Bildungsbereich ganz wichtig war. Ich denke weiter an die rasanten organisatorischen Entwicklungen im Schulbereich in den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts, und ich denke zugleich an die Zeit rund um das II. Vatikanische Konzil, das auch in der Steiermark zu einer entscheidenden Öffnung der Kirche und zu einem ganz neuen Dialog zwischen Kirche und Gesellschaft, und auch zwischen Kirche und Schulwirklichkeit führte.
An dieser Stelle ist allen von Ihnen persönlich und herzlich zu danken: für Ihr langjähriges und intensives Engagement dafür, dass Kirche und Religion in der Schul- und Bildungswirklichkeit auch heute eine Rolle spielen. Die Kirche hat bei vielen Entwicklungen in der Schullandschaft eine Pionierrolle eingenommen, nicht nur durch Ihr Engagement im Namen der Institution Kirche, sondern vor allem durch das ganz persönliche Engagement vieler Einzelner von Ihnen. Durch Einbringen des christlichen Geistes in viele Konferenzzimmer und Kindergärten, in die Universität, in die Erwachsenenbildung und in zahlreiche Erziehungseinrichtungen entstand ein Netzwerk, das für viele auch identitätsstiftend wurde. Dieses profilierte sich durch viele Tagungen und kreativ-musische Bildungsveranstaltungen, aber auch durch gemeinsame Unternehmungen und Reisen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber nicht nur dankend in die Vergangenheit schauen, sondern gemeinsam mit Ihnen auch die gegenwärtige Situation bedenken, und Sie um ein gemeinsames Nachdenken und Weitergehen bitten:
Die Katholische LehrerInnen- und ErzieherInnengemeinschaft hat eine Zeit im Bildungsbereich entscheidend mitgestaltet, in der „Bildung für alle“ ermöglicht wurde,
in der es zum Beispiel selbstverständlich wurde, dass der Staat für Schulbücher und für Schülerfreifahrt aufkommt. Mit Sorge ist zu beobachten, dass manche dieser Errungenschaften heute gefährdet sind. Nicht, weil die Schulbuchaktion abgeschafft werden sollte – aber ein Blick in die Wirklichkeit von Schule und Bildungseinrichtungen heute zeigt, dass wir uns – auch die Kirche – stark an einer Mittelschicht orientieren. Wir gehen in den Anforderungen der Schule in der Regel davon aus, dass es Aufgabe von Eltern ist, ihre Kinder und Jugendlichen auf ihrem Bildungsweg möglichst gut zu unterstützen. Diese Aufgabe ist – aus verschiedensten Gründen – für manche Eltern heute nicht mehr selbstverständlich möglich.
Kirche steht vor allem und gerade unter dem Pontifikat von Papst Franziskus dafür, nicht nur die eigenen Kernschichten im Blick zu haben, sondern auch den Blick auf die Ränder zu richten, dorthin, wo es schwierig und brüchig wird, an diese Ränder zu gehen. Was bedeutet das für den Bildungsbereich? Ich denke, es geht auch hier um eine Erweiterung der Perspektive. Aus christlicher Sicht haben alle Menschen Anrecht auf eine qualitätsvolle Bildung, und diese ist gegenwärtig nicht für alle gewährleistet. Bildungslaufbahnen werden zu einem erheblichen Teil durch den Sozialstatus der Familie bestimmt: Migrationshintergrund, soziale Benachteiligungen und Entwicklungsverzögerungen haben entscheidenden Einfluss auf die „Bildungskarriere“ junger Menschen.
Das kann strukturell etwa bedeuten, dass Sie als christlich motivierte und engagierte Pädagoginnen und Pädagogen, Erzieherinnen und Erzieher im Bildungsbereich Anwälte sind für eine qualitätsvolle Bildung, für eine möglichst gute, individuelle Unterstützung etwa durch konsequente Einführung von ganztägigen Betreuungsangeboten für Schülerinnen und Schüler. Aus christlicher Perspektive ist die Gleichwürdigkeit aller Menschen zu beachten, und daher ein hohes Maß an Bildungsgerechtigkeit einzufordern.
Die Katholische LehrerInnen- und ErzieherInnengemeinschaft hat sich in den letzten 70 Jahren für die Gestaltung des Bildungssystems aus christlicher Perspektive engagiert. Ich bitte Sie, diesen Weg auch unter veränderten und sich stetig weiter verändernden Rahmenbedingungen und Herausforderungen konsequent weiterzugehen und gemeinsam zu gestalten – im Sinne der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen, die bei der Heran-Bildung einer ganzheitlichen Persönlichkeit bestmöglich unterstützt werden sollen.
Ad multos annos!