Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Sehr geehrte Damen und Herren!
Lieber Herr Professor Luis Sammer und sehr geehrte Frau Professorin Lore Sammer!
Ich grüße Sie herzlich hier auf Schloss Seggau, die Sie meiner Einladung gefolgt sind, eine neue Ausstellung für diesen Ort zu eröffnen. Es ist die erste in meiner noch jungen Amtszeit als Bischof dieses Landes, an einem Ort, der - so wollte es die Geschichte -dieser bald 800-jährigen Diözese, dem jeweiligen Bischof dieser Diözese gehört.
Viele Jahrhunderte haben an diesem Ort ihre Spuren hinterlassen: Viel wurde gerade in den letzten Jahrzehnten getan, aus einem früheren bischöflichen Schloss einen Ort der Kommunikation werden zu lassen. Kirche, so habe ich oft im letzten Jahr an kleinen, aber auch großen Orten unserer Steiermark gesagt, sind wir alle. Das heißt demnach auch, dass ein solcher historisch so zugewiesener Ort uns allen gehört, nicht nur mir, sondern Ihnen und den vielen Katholikinnen und Katholiken und darüber hinaus den vielen Menschen, die hierher kommen, um an diesem Ort Kraft zu tanken, sich Neuem zu stellen und Begegnung erleben.
Aus diesem „Wir alle“ dürfen wir heute in großer Dankbarkeit mehr als 100 Kunstwerke des so bedeutenden steirischen Malers Luis Sammer in Empfang nehmen, der vor wenigen Tagen seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. Es sind Leihgaben in Form von Ölbildern und 100 „Blätter“, wie der Künstler bescheiden in seiner Art der Fachterminologie sagt, die er unserem Kulturzentrum bei den Minoriten und seiner in den letzten Jahren konsequent aufgebauten Sammlung für Religion in der Gegenwartskunst geschenkt hat. Das ist eine ungeheuer große Wertschätzung der Arbeit dieser Institution gegenüber und auch ein überaus großes Vertrauen, dass diese Bilder für die Zukunft dort gut aufgehoben sind. Unsere Gegengabe als Diözese ist, dass wir diese hier in den kommenden Jahren zeigen: Das war die Idee von Johannes Rauchenberger, der sie nun dem Schloss Seggau als kostbare Leihgaben zur Verfügung stellt. Ich sage dafür ein herzliches „Vergelt's Gott“, Dir lieber Herr Prof. Sammer, Dir, lieber Johannes und auch Dir, lieber Helmut, der Du diese Idee als Direktor der Bischöflichen Gutsverwaltung so wohlwollend und fördernd aufgenommen hast und mit Deinem Team diese Ausstellung umgesetzt hast. Ich freue mich sehr darüber!
In meinen Jahren als Regens des Bischöflichen Seminars habe ich viele Gottesdienste in der dortigen sogenannten Kapelle im 3. Stock mit jungen Menschen gefeiert. Dieser Ort ist mir und uns als Seminargemeinschaft sehr wichtig geworden. Dasselbe haben mir viele ehemalige Seminaristen und Schüler erzählt, wenn sie an ihre Zeit im Seminar zurückdenken. Er hat ganz wesentlich damit zu tun, wie Du, lieber Herr Professor, diesen Ort vor mehr als 50 Jahren gestaltet hast: Die Glasfensterwand, die nicht nur ein Schiff zeigt, sondern auch einen Fisch, einen Kelch und Brot; der Altar aus Holz, um den so viele in den letzten Jahrzehnten Gottesdienst gefeiert haben. Später hattest Du, so wurde mir erzählt, nur einen Stock tiefer über viele Jahre Dein Atelier, weil sich der damals neu geschaffene „Festsaal“ als akustisch ungeeignet erwies. Das war sozusagen ein grober Betriebsunfall, ja eine Fehlentscheidung, mit einem höchst folgenreichen kreativen Ausgang. Auch solche „Betriebsunfälle“ sollte man freimütig bekennen, wenn wir uns daran machen, nun für die nächsten Jahre und Jahrzehnte unsere Kirche in unserem Land „zukunftsfähig“ zu machen ...
Diese Kapelle im 3. Stock im Augustinum hat ganz wesentlich mit dem großen Umbruch zu tun, den das II. Vatikanische Konzil nicht nur in unserem Land ausgelöst hat. Es war etwas wirklich Neues, was damals gewagt wurde: Und das Bischöfliche Seminar gehörte zu den Epizentren des Umbruchs. Viele Geschichten könnten davon erzählt werden. Was aber bleibt, ist die Kunst, die daran am stärksten erinnert. Sie erinnert aber nicht in einer Form der Nostalgie, sondern in einer Weise, die mit ihren ästhetischen Qualitäten auch heute überzeugt. So, dass dies auch für morgen gelten könnte.
Du, lieber Herr Professor, hast mit Deinen Überzeugungen nie hinter dem Zaun gehalten, auch nicht mit Deinen religiösen Überzeugungen. Das Triptychon „Leben und Sterben im Kreuz“, das seit Mitte der 1990er Jahre in jenem Raum hängt, hast Du – damals aus Betroffenheit über den Tod eines ganz jungen Kollegen – begonnen und eines dieser Teile auch ihm gewidmet. Aus dieser Zeit stammt auch die Werkserie über die „Kreuzigungen“ und „Um das Kreuz“, die uns hier, wo wir uns jetzt befinden, (im 2. Raum dieser Seminarräume im Oberschloss) umgibt. Sie berührt mich sehr. „Man darf nicht schnell aufgeben, wenn man um ein Thema kreist“, hast Du in einem Interview, das Johannes Rauchenberger mit Dir geführt hat und nebenan als Film zu sehen ist, gesagt.
Ein wenig später folgt der entschiedene Satz: „Reine Inhalte ohne Form ist Schmalz.“ Ich kann mir vorstellen, dass Deine Schüler derart entschiedene Sätze von Dir mochten. Jedenfalls haben mir das Absolventen immer wieder gesagt.
„Reine Inhalte ohne Form ist Schmalz“: Unser Glaube, gerade er, braucht auch die Form – das nehme ich persönlich sehr aus diesen Bildern mit. Unser Glaube braucht aber, so würde ich hinzufügen, immer wieder auch die Inhalte, die erfüllt sind von Inspiration. Bei Deinen Bildern, so lese ich sie persönlich, fließen beide Elemente für mich so gelungen zusammen. Man kann aus Deinen beiden Mitteln, dies zu tun, nämlich die Farbe und die Komposition arbeiten zu lassen, freilich auch gleichnishaft weiterdenken: Was sind unsere Mittel, dass aus der Inspiration, die wir immer wieder nötig haben, kein Schmalz wird?
Ein zweites ist mir im Nachdenken über Dein Werk, lieber Herr Professor Sammer, wichtig geworden: Sehr plastisch ist mir noch vor Augen, wie Du vor vier Jahren bei uns im Augustinum über viele Tage kniend die Keramik-Fliesen aufgelegt hast, die dann zur jetzigen Eingangswand zusammengefügt wurden. In einer anderen Form haben sie in der damaligen Schwimmhalle eine andere Funktion gehabt: Damals war es die „südliche Landschaft“, 35 Jahre später nanntest Du die große Keramikwand: „Brannte uns nicht das Herz.“ Das war wohl eine Widmung an das Augustinum und dessen Namensgeber, den Heiligen Augustinus und dessen berühmten Satz über das „unruhige Herz“. Es ist aber zuallererst auch eine Erinnerung an den Satz der Jünger von Emmaus, als diese darüber nachdenken, was sie gespürt hatten, als sie ihn noch nicht erkannt hatten. Auch von diesem Ereignis hast Du uns hier eine großartige Serie hinterlassen. Sie hängt über dem Eingang zum großen Kongresssaal. Es sind malerische Kompositionen von – ja, man kann das wohl sagen – Gesichtern, die miteinander im Gespräch sind. Wer von den Dreien der Auferstandene ist, ist nicht klar. Das heißt für mich auch, dass in jedem von uns dieser Satz gesagt werden könnte: „... brannte uns nicht das Herz“ – um weiterzufahren: „... als ich das von Dir erfuhr“ oder: „... als ich jenes von Dir hörte“ oder: „... als ich Dich damals so sah.“ Wir könnten fortfahren – mit Erinnerungen österlicher Begegnungen im andern. Uns österliche Begegnungen zu ermöglichen, das ist doch die Botschaft dieser wunderbaren Bildserie, so lese ich sie.
Lieber Herr Professor Sammer, ich wollte nur zwei Erfahrungen erzählen, wo sich mein Leben mit Deinen Bildern kreuzte. Natürlich bist Du kein rein religiöser Maler; wir verdanken Dir aber gerade in der Aufgabe, „religiöse Inhalte in neue Formen zu kleiden“, wie Du das so bezeichnend als eine Aufgabe für Künstler in diesem Bereich genannt hast, sehr viel. Du hast auch über viele Jahre in der diözesanen Kunstkommission viele Projekte in der Diözese mitbegleitet. Was ich so überzeugend finde, ist Deine immer wieder vollzogene Brücke zu den Beschauern Deiner Bilder. „Schöpfung – Mein Anteil“ lautete etwa schon das große vierteilige Bild aus dem Jahre 1966, das fast drei Jahrzehnte in der Bischöflichen Kapelle meines Vor-Vorgängers hing. Es hat erneut hier in dieser Dauerausstellung einen prominenten Platz im Eingangsraum zum Neubautrakt. Deine „Bilder dem Du zuzueignen“, so sagtest Du, war Dir immer ein großer Ansporn. Das geschah in den vielen Ausstellungen, die Du in Deinem Leben gemacht hast, unvorstellbare 160 Einzelausstellungen waren es, so habe ich gelesen.
Du hast darüber hinaus für Deine Bilder Inspirationen durch Dichterinnen und Dichter erhalten: Homers Ilias, Ingeborg Bachmanns „Großer Bär“, Nikos Kazantzakis‘ Alexis Sorbas, oder Rainer Maria Rilkes Duineser Elegien. Oft war es auch nur das vor Ort Gefundene – ein Hund („Hektoras“), ein alter Bauer („Nikitas“), die Vögel („fast flugtauglich“), einfach nur die „Viecher“, mit denen „es sich leichter arbeiten lässt als mit Menschen …“. Vor allem aber war es die Landschaft, die Du malerisch in so vielen Bildern neu sichtbar gemacht hast. Deine Verbundenheit zur Südsteiermark, zu Deiner Heimat in Stainz bei Straden, gibt diesen Bildern hier auf Schloss Seggau auch einen in der Gegend verwurzelten Halt. Du nanntest das in den Bezeichnungen Deiner Ausstellungen oft „Daheim und anderswo“. Die zahlreichen Ausflüge aber in die Orte des Südens zeugen von der malerischen Faszination jener Farben, die nur der Süden bereithält. Das war so oft das Mittelmeer, das war aber auch Israel oder die Wüste Sinai. Die Serie der „Mose – Steine nehmen Platz in mir“ im ersten Raum und im Gang dieses Stockwerks geben davon eindrucksvoll Zeugnis.
Deine Liebe zum Süden, zu Kreta vor allem, die so viele Bilder in Deinem umfangreichen Werk hervorgebracht hast, teilen viele. Mit „Süden“ ist in unserem Land ja auch dieser so schöne Ort hier verbunden. Dennoch glaube ich, dass wir gerade in diesen Tagen und Wochen es nicht unerwähnt lassen dürfen, dass sowohl unser Süden der Steiermark als auch jener Süden, wie es die Griechenlandbilder Sammers bezeichnen, zum Symbol einer prekären Hoffnung für so viele bedrängter und notleidender Menschen geworden ist. Die Schönheit, die die Bilder vermitteln, darf die Not nicht zudecken oder gar vergessen lassen, die diese Orte wecken. Unser Papst hat erst vor wenigen Tagen bei der Verleihung des Karlspreises eine für mich hervorragende und aufrüttelnde Ansprache an unser Europa gehalten. Sie gilt auch und gerade uns in Österreich, hier auf Schloss Seggau, in der Nähe zu Spielfeld, jetzt, in politisch von so großen Umbrüchen geprägten Zeiten in unserem Land. „Was ist bei Euch nur los?“ fragen viele europäische Freunde angesichts der Entwicklungen der letzten Zeit. Wir müssen Antwort geben – im Lichte auch jener Bilder hier.
„Reine Inhalte ohne Form ist Schmalz“, sagtest Du so pointiert, lieber Herr Professor Sammer. Vielleicht müssen wir die Form je neu kreativ weiterdenken, nicht nur in der Religion, sondern auch in der Politik und in der Art und Weise wie wir zukünftig zusammen leben wollen, gerade heute – inmitten einer von derartigen Unsicherheiten geprägten Zeit und inmitten so bewegend schöner Bilder heute.