Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Seit nunmehr 950 Jahren gibt es diese Pfarre. Das ist wirklich ein großer Grund zu feiern - und die hier Anwesenden ma-chen klar: mit der Geschichte der Pfarre ist wesentlich das Stift St. Lambrecht verbunden; die Anwesenheit unseres Lan-deshauptmanns macht deutlich, dass dieser Landstrich für unsere Heimat schon seit langem ein bedeutsamer ist. Bedeut-sam auch deswegen, weil gilt - ganz sicher seit hier die Pfarre errichtet: "Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt". Das ist das eigentliche Kennzeichen derer, die in der Nachfolge Jesu Christi stehen. Das ist das Innerste, das von jenen ausgesagt werden kann, die zur Kirche gehören. Ja, liebe Aflenzer und Aflenzerinnen: "Ihr habt Christus angelegt in der Taufe!" Dort also, wo Menschen einem solch Eingekleideten begegnen, sollen sie nieman-dem Geringerem als Christus selbst begegnen. Das ist ein enorm hoher Anspruch und zugleich (!), weil zuerst: Geschenk, Gnade.
Geschenk deshalb, weil wir als Christen eben nicht geboren werden. Wir werden in der Taufe zu Jüngerinnen und Jün-gern unseres Herrn. Diese Feststellung mag sehr klar klingen, doch gerade in Gegenden, in denen das Christentum seit Jahrhunderten eingewurzelt ist, kann es sein, dass dies - allzu - selbstverständlich mit dem Menschsein einfach mitge-dacht wird. So als ob Christsein mit Menschsein identisch wäre. Dem ist nicht so, nicht nur, weil "nur" mehr als 2 Mrd. Menschen weltweit Christen sind - erst jüngst habe ich in unserer Partnerdiözese Masan in Süd-Korea wieder einmal dies deutlich erfahren und mir zueigen machen dürfen: dort ist das Christentum 200 Jahre alt, die Diözese feiert heuer im Herbst erst ihr 50. Gründungsjubiläum. Deutlich wird dies auch dadurch, dass keineswegs weltweit das, was Christen auszeichnet, allgemeines Menschengut ist. Darüber hinaus könnten wohl auch -zig Dinge aus der eigenen Kirchenge-schichte benannt werden, die diese Aussage bestätigen. - Noch einmal: Christ zu sein ist ein Geschenk! Die meisten von uns hier sind wohl als Kinder getauft wurden. Klarer kann es gar nicht ausgedrückt werden: ohne Vorleistung hat Gott uns angenommen als seine Söhne und Töchter. Wenn wir alle uns als Geschwister verstehen, weil wir Gott unseren Vater nennen, dann machen wir täglich ernst mit der Rede vom großen Geschenk der Taufe: wir sind hinein genommen in die engste und vertrauteste Umgebung Gottes, in seine Familie! Wir dürfen ihn "Vater" nennen! Und hoffentlich machen Sie alles, wie es bei einem Geschenk üblich ist: "Packen Sie bitte ihr Christsein aus! Wenn geht [sonn-]täglich neu!" Denn was nützt ein Geschenk, wenn es auf die Seite gelegt wird? Ja: das Geschenk der Taufe ist so groß, dass es sich lohnt, das Leben mit Gott täglich neu zu probieren. Im Übrigen hilft uns die Welt ohnedies dabei, dies aufmerksam zu sehen: Weil es um uns herum auch andere gibt, die mit Gott nicht viel oder gar nichts anfangen können, weil es Menschen gibt, die anders glauben - und tun wir bitte nicht so, als ob das erst jüngst durch Flüchtlinge so geworden wäre - dürfen wir uns, jede/r Einzelne herausgefordert wissen, dieses Geschenk aufzuschnüren. Ich bitte sie: "Üben Sie sich genau darin ein!"
Und genau diese Übung ("Askese") ist der Anspruch, von dem ich eingangs gesprochen habe. Wenn wir wirklich ernst machen damit, dass durch uns Christus der Welt begegnet, dann haben wir einiges zu tun. Denn - um fast eine kurze Ge-wissenserforschung anzuregen: Wem begegnen meine Nachbarn, meine Kinder, meine Eltern, meine Arbeitskollegen, je-ne die mit mir am selben Ort wohnen, jene denen ich tagaus, -ein über den Weg laufe? Diese Frage stelle ich mir als Bi-schof genauso. "Wem begegnen die Menschen?" Einem, der Christus deutlich, sichtbar, ja angreifbar macht - und damit einen "alle Liebenden", einen der "als erster liebt", einen der seine "Feinde liebt", der seine Nächsten liebt wie sich selbst? Sie merken: Jesus zur Welt zu bringen, ist eine tolle Berufung, aber alles andere als leicht, auch für mich als Bi-schof bleibt es tägliche Herausforderung, der ich mich zu stellen habe und die ich durch die Sakramente der Kirche mir immer wieder in Erinnerung holen darf. "Wie also", um es noch konkreter werden zu lassen, "gehen wir miteinander um in unserer Gesellschaft? - Wie reden wir über andere und denken über sie? Hören wir wirklich aufeinander und reden wir oder begegnen wir einander wirklich als gemeinsam Suchende nach dem Willen Gottes in den konkreten Lebenssituatio-nen des Alltags? Gibt es Verzeihen unter uns - denn, geben wir es zu: niemand sitzt hier, der noch nie in seinem Leben auf Barmherzigkeit angewiesen war." Die Liste an Fragestellungen könnte gerade in dieser Situation unseres Landes fort-geführt werden und wird wohl von mir immer und immer wieder in Erinnerung gerufen werden (müssen), denn was da mitunter an Stammtischen für Worte fallen, wie da über Verantwortungsträger geredet, geschrieben und was weiß ich mitunter missachtend virtuell und real getrieben wird, ist alles andere als ein deutliches Zeichen dafür, dass Getaufte immer darum wissen, dass sie Christus angelegt haben und Er daher dieser Welt durch sie begegnen möchte. Unsere Be-rufung ist eine, die Menschen zusammenführt und nicht auseinander dividiert.
Noch einmal: seit 950 Jahren ist es deutlich hier in dieser Gegend: "Ihr habt Christus angelegt in der Taufe!" Dass dieses Wort aus dem heutigen festlichen Sonntagsgottesdienst möglichst lang uns in Erinnerung bleibt, wird die neue, die "Hei-lig-Geist-Glocke", die wir geweiht haben, deutlich machen. Sie wird Mahnerin sein und zugleich schöne Erinnerung an das Geschenk und den Anspruch, der uns in der Taufe mitgegeben wurde.