Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Die sogenannten "10 Gebote" sind uns allen geläufig und bekannt. Oft und oft - auch jenseits der kirchlichen Grenzen - wird die Meinung vertreten: Wenn sich nur die Menschen an diese Gebote halten würden, dann würde die Welt anders aussehen und so manches Schreckliche, das in unserer Welt geschieht, nicht vorkommen. Das mag so schon stimmen, greift meines Erachtens aber dennoch zu kurz, weil es im Glauben ganz einfach nie nur um Gebote und Verbote gehen kann und darf (!). Der "Dekalog" wie dieser Abschnitt der heutigen 1. Lesung im Griechischen heißt, also "das Zehnwort", holt nämlich weiter aus. Doch das wird oft nicht bedacht. Der eigentlich erste Satz der "Gebote", wenn man so will, lautet ja: "Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus." Dem Zehnwort geht die Selbstoffenbarung Gottes voraus als einer, der sein Volk in die Freiheit geführt hat. - Dies wurde gestern erneut deutlich, als sich unser Papst auf seiner eindrücklichen Reise in den Irak mit Vertretern verschiedenster Religionen getroffen hat an der Stelle, wo der Stammvater der monotheistischen Religionen gelebt hat, und von wo aus dieser herausgerufen wurde in die Freihet Gottes. Mit dieser Erfahrung der Errettung, der Erlösung im "Hinterkopf" hören sich die folgenden oft verkürzt als Ge- bzw. Verbote verstandenen Worte ganz anders an. Ich interpretiere ein wenig frei: Wenn ich als Mensch diese Erfahrung eines mich und mein Volk befreienden Gottes gemacht habe, wäre es ja unsinnig, an einen anderen zu glauben. Das was zu befolgen eingemahnt wird ist, demnach eigentlich logische Konsequenz aus der gelebten Erfahrung. Und tatsächlich kann die Zeitwort-Form, in der diese Worte im hebräischen Urtext geschrieben ist, nicht nur als Gebot bzw. Verbot wieder gegeben werden, sondern auch als Feststellung wie etwa: "Weil du erfahren hast, dass dich Gott in die Freiheit geführt hat, wirst du [gar nicht anders können] als nicht an diesen einen Gott zu glauben" usw.
2. Anders ausgedrückt: Christentum auf Moral zu verkürzen und zu meinen, es geht im Glauben lediglich um ethisch-normative Übereinkünfte greift viel zu kurz. Es geht um die Erfahrung des lebendigen Gottes, mit dem ich in Beziehung stehe, der mich persönlich meint, mich persönlich anspricht und mich als der Lebendige begleitet, zu einem Leben in Fülle und Freiheit führen möchte. Ich habe leider aber den Eindruck, dass vielfach in der Öffentlichkeit, aber auch in der kirchlichen Verkündigung, ja auch im Bewusstsein so mancher unserer Glaubensgemeinschaft, eher ein zu kurz und damit zu eng verstandenes Christentum gemeint wird. Wohl auch deswegen, weil es wohl leichter ist, wenn nötig mit dem Zeigefinger zu drohen, als mein Kind, meine Nachbarin, meinen Ehegatten usw. auf dem Weg mit Gott zu begleiten und hinzuführen zu einer lebendigen Gotteserfahrung. In der Kirche unserer Breiten haben wir Jahrhunderte herauf genau das ja auch nicht nötig gehabt: Das, was unter Glaube verstanden wurde, wurde gleichsam "mit der Muttermilch" mitgegeben. Heute aber entdecken wir uns mit vielen Fragen konfrontiert: der Sonntagskirchgang lässt nach und mitunter muss man sich heute auch schon rechtfertigen, wenn zu meinem persönlichen Sonntag auch der Messbesuch selbstverständlich gehört; an Kindern und Jugendlichen merken viele - v.a. unsere ReligionslehrerInnen, dass die früher selbstverständlichen Glaubenshintergründe abgebröckelt sind; Glaubens-Bekenntnis wird mehr und mehr eher im Privaten gelebt und selbst kirchliche Äußerung des Christentums wird individualisiert, weil ja auch in der Gesellschaft das "Ich" sehr im Vordergrund - und das drückt sich dann halt in ganz einfachen Fragen aus, wie etwa der mitunter mit Verve geführten Fragestellungen, wann denn nun bei mir, vor meiner Haustür also, Sonntags Messe gefeiert wird. - Ich frage einfach an diesem Beispiel und bin mir bewusst, welches Randthema angesichts der weltweiten Krisen derzeit uns mitunter über Gebühr beschäftigt.
3. Jesus aber macht immer wieder mit seinem Auftreten deutlich: Nicht das Äußere zählt, sondern das gelebte Vertrauen auf Gott, den er Abba, Vater nennt. Was nützt das schönste Ihm gebaute Haus, wenn nicht das glaubende Leben das Sagen hat, sondern andere Fragen im Vordergrund stehen - damals halt die Einrichtungen, die notwendig waren, um einen rechtmäßigen Tempelgottesdienst abhalten zu können, heute würden es wohl Fragen sein rund um die bloß äußerlich abzuleistende "Pflicht", welche Kleidung bei der Erstkommunion zu tragen ist und ob der Priester wohl nicht zu lange gepredigt hat usw. Wir laufen tatsächlich Gefahr uns wie Pharisäer damals um die Form zu kümmern und weniger um den Inhalt. - Was hindert uns die Erfahrung der Befreiung und damit der Freiheit mitten drin in all den Begrenztheiten dieser unserer Welt anzusagen?
1. Lesung: Ex 20,1–17;
2. Lesung: 1 Kor 1,22–25;
Evangelium: Joh 2,13–25