Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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In einigen Augenblicken werden wir – am Ende dieses bürgerlichen Jahres – gemeinsam "Te deum laudamus", "Großer Gott, wir loben dich", singen. Ein Ausschnitt dieses großen alten Liedes der Christenheit, der mich immer wieder aufs Neue bewegt, sind die Worte in Ps 71, die wir eben in der Lesung gehört haben: "In te domine speravi – non confundar in aeternum" – "Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden". Wenn ich in unsere Gesellschaft blicke und versuchen wollte, unsere Zeit ein wenig zu diagnostizieren, dann gehe ich wohl recht in der Annahme, wenn ich sage: "Hoffnung ist nicht gerade das Wort unserer Tage." Heute ist die Stimmung eher als pragmatisch bis resignativ zu bezeichnen. Natürlich gibt es auch heute Hoffnungen, und natürlich haben wir Grund dazu. Aber welcher Art sind diese Hoffnungen, die uns gegenwärtig vor allem bewegen? Wir hoffen, dass wir endlich auf dem Arbeitsmarkt wieder einen Lichtschein wahrnehmen. Wir hoffen, dass doch endlich einmal ein Einsehen ist, wie widerwärtig diese ethnischen und manchmal sogar mit religiösen Motiven verbrämten Auseinandersetzungen von Völkern sind, und dass dieser kriegerische Wahnsinn und die damit verbundenen Grausamkeiten doch endlich aufhören, die unendliches Leid unter mittlerweile mehr als 60 Millionen Flüchtenden auf dieser Erde schaffen. Wir hoffen, es möge endlich eingesehen werden, dass mit Gewalt und Terror nichts zu erreichen ist. Diese und viele andere Hoffnungen spielen für uns heute eine Rolle, und so flammt da und dort ein Hoffnungszeichen auf. Es gibt diese berechtigten, dringenden, ja drängenden und brisanten Hoffnungen in unserer Zeit. Aber auch wenn sich alle diese Hoffnungen erfüllen ließen, frage ich mich: Was wäre dann? Ist dann alles gut? Fehlt uns heute nicht doch so etwas wie eine flammende Zukunftsvision? – Oder anders ausgedrückt: wir können zahlreiche Hoffnungen benennen, aber leben wir aus der, leben wir die Hoffnung, die uns da im Psalm und im großen Gesang des Te Deum entgegentritt, und die uns deutlich macht: "Ich werde nie zuschanden"?!
Wie begegnen Menschen heute alledem, was ihnen so entgegentritt? Manche lassen die Dinge einfach auf sich zukommen, begegnen allem pragmatisch und meinen, sich doch irgendwie "durchwursteln" zu können. Aber wir merken zugleich: das entflammt niemanden und kann daher auch niemanden, zumal Jugendliche, wirklich mitreißen. – Andere wiederum suchen ihr Heil darin, etwas auf Gedeih und Verderb durchzudrücken, Gewalt eingeschlossen: Nationalismen, Egoismen im Kleinen und im Großen, Unterstellungen, Gerüchte und auch bewusste Falschmeldungen, Fanatismen jedweder Art sind Möglichkeiten, derer sich manche bedienen. Wenn nämlich der Mensch das nicht findet, was ihn wirklich antreibt und zugleich seine Kräfte mobilisiert, dann ist der Weg zum "dagegen sein" ein sehr kurzer und damit auch einer zu verbaler, virtueller und realer Gewaltanwendung. – Weil die großen Würfe nichts taugen, gibt es eine weitere Möglichkeit, in die Zukunft gehen zu wollen: Einfach einmal das tun, was jetzt gerade 'in' ist; einfach einmal schauen, ob etwas dabei ist, was mich anspricht. Und wenn es dann nicht gefällt, es einfach lassen. So zerbrechen Beziehungen zu anderen Menschen. Sie werden einmal mehr nur ein Probefeld. So zerbricht das Ja zur Ganzheit des eigenen Lebens. Woraus wächst in einem solchen postmodernen Gefühl etwas, das wir üblicherweise "Solidarität" nennen?!
Wo also zeigt sich jene unbeirrbare Hoffnung, die uns trotz allem, was uns begegnet, ausgreifen lässt auf das Morgen und dieses frohgemut erwarten lässt? – Ich glaube, diese große Hoffnung wird heute mit kleinen Buchstaben geschrieben: ich habe Kirche erfahren und erleben dürfen in unterschiedlichen Weltgegenden, unter großen Herausforderungen von Minderheit, von Repression usw. Da gab es Menschen, die unbeirrt für sich selbst in der kleinen Münze des Alltags ihr Leben aus dem Evangelium gestaltet haben. – Ich bin Menschen begegnet hier bei uns, landauf, -ab, die mit ihrem persönlichen Dasein etwas in die Welt eingebrannt haben, das eben nicht nur Alltagsbewältigung ist, sondern in Krankheit, in Leid, in Tod etwas von dem durchscheinen lässt, das unzerstörbar ist. – Ich bin Engagierten in Pfarren begegnet, die nicht müde werden, dafür zu sorgen, dass die Botschaft des Evangeliums im Alltag nicht verstummt: in Nachbarschaftshilfe, in der Einteilung der Gottesdienstgestaltung, im Überlegen eines Pfarrgemeinde- oder Wirtschaftsrates und, und, und – da wird landauf, landab so etwas wie ein feines Netz von Erfahrungen und Zuversichten gesponnen, in denen große Hoffnung wächst. Es zeigt sich im Kleinen, dass eben der Gott, der die Liebe und der das Erbarmen ist, der die Solidarität ist und der die Gemeinschaft ist, größer ist und mehr Recht hat.
Tragen wir dazu bei, in unserem Land dieses Netz dichter zu knüpfen! Das mag da und dort auch Umkehr bedeuten, macht aber letztlich das deutlich, was uns in der Kirche als Reform andauernd abverlangt ist. Wenn wir mit unseren Geschwistern im Glauben, die aus der Reformation hervorgegangen sind, ins Jahr 2017 gehen und uns an die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung erinnern, die vor 20 Jahren in Graz gefeiert wurde, dann wird damit auch an diesem Netz der Zuversicht gesponnen, das einlädt, sich auf IHN zu verlassen. Und ganz nebenbei wird mit einem solchen Lebensstil an dem gearbeitet, was Grund legend ist für unser Dasein als katholische Kirche in der Steiermark, die sich anschickt, 800 Jahre Diözese zu feiern. Ja: lassen wir uns auf Gott ein, der mich, der Dich, der jede/n von uns aushält, weil liebt. Ausgehalten werden von ihm, der herniedersteigt, der sich entäußert und Knechtsgestalt annimmt, das ist der einzige Weg, in dem sich uns das Tor zur Hoffnung wieder öffnet. IHN annehmen als den, der uns zuvor angenommen hat. Von IHM uns tragen lassen. Es glauben, dass wir ausgehalten sind. Das ist das Nadelöhr, durch das wir den Faden der Hoffnung eingefädelt bekommen. Dieser Gott kann wahrhaft Hoffnung geben. Und hier kann unsere Kirche mit all ihren Fehlern und Schwächen, mit all ihren zu großen und zu kleinen Forderungen und Anforderungen, hier kann sie etwas Großes und Außergewöhnliches sein: eine Gemeinschaft von Menschen, die glauben, dass sie angenommen sind und ausgehalten sind, eine Gemeinschaft von Menschen, die einander aushalten.