Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Es ist schon einige Jahre her, dass ich bewegt vor einem gotischen Glasfenster in der Wall-fahrtskirche zum hl. Leonhard hoch über Tamsweg gestanden bin. Auf diesem ist beeindru-ckend die sogenannte "Apostelmühle" dargestellt. Das Wort Gottes schlechthin, Christus, wird in Gestalt der zermahlenen Hostie durch die Heiligen Schriften der vier Evangelisten und das Werk der Apostel den Menschen vermittelt. – Vielleicht haben Sie persönlich ein-mal Zeit, sich vor Ort dieses wunderbare, beinahe 600 Jahre alte Kleinod anzusehen.
Als ich zum ersten Mal die Botschaft unseres Papstes zum 51. Welttag der sozialen Kom-munikationsmittel gelesen habe, ist mir spontan dieses großartige Kunstwerk eingefallen. Denn – so Papst Franziskus:
"Mein Anliegen ist es, dass diese Botschaft alle diejenigen erreicht und ermutigt, die sowohl im Beruf als auch in den persönlichen Beziehungen jeden Tag viele Nachrichten "mahlen", um ein wohlriechendes und gutes Brot denen anzubieten, die sich von den Früchten ihrer Kommunikation ernähren. Ich möchte alle zu einer konstruktiven Kommunikation aufrufen, welche Vorurteile über den anderen zurückweist und eine Kultur der Begegnung fördert, dank derer man lernen kann, die Wirklichkeit mit bewusstem Vertrauen anzuschauen."
Am heutigen Abend, der in unserer Diözese als Begegnungsmöglichkeit zwischen Kommu-nikatoren schon Tradition hat, möchte ich mich gern dem Wunsch des Bischofs von Rom anschließen und zu diesem Mut zu "mahlen" aufrufen.
Papst Franziskus weiß dabei in der lesenswerten Botschaft zum Welttag der sozialen Kom-munikationsmittel um die Wichtigkeit eines Deutungshorizonts. Die Wirklichkeit habe in sich selbst keinen eindeutigen Sinngehalt und alles hänge von dem Blick ab, mit dem sie eingefangen werde. Der Papst spricht von der "Brille", ein auch von Journalisten gern ge-brauchtes Wort, die wir wählen, um die Wirklichkeit zu betrachten. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, die richtigen Brillen aufzusetzen, um mitten in dieser Wirklichkeit das aufzuzei-gen und zu vermitteln, was dem Menschen verhilft, eine "konstruktive" und "verantwor-tungsvolle" Haltung einzunehmen – und das erst recht, wenn die Perspektiven sowohl für eigene Unternehmungen, als auch für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung nicht gerade rosig erscheinen.
Nachrichten sollen eben berühren, um die Welt ins Positive zu wenden. Da ist Leidenschaft im Spiel. Nicht weit weg lauert aber die Gefahr – und diese Erfahrung mache ich auch bei hoch engagierten Kräften in der Kirche –, dass aus beseeltem Engagement, durch die eine oder andere Enttäuschung sich eine abgestumpfte Nüchternheit entwickelt, oder sogar bos-hafter Zynismus. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: das ist keine Unterstellung, ich möchte nur darauf verweisen, dass für die richtigen Brillen auch das richtige Brillenetui wichtig ist … (Sie verstehen mich.)
Daher wiederhole ich die Aufforderung zum Mut "zu mahlen": Reiben Sie sich ab an dieser Wirklichkeit und verlieren Sie nicht den Mut dabei. Nur über das "mahlen" werden, wie Papst Franziskus sagt, "Vorurteile über den anderen zurückgewiesen und eine Kultur der Begegnung gefördert werden können".
"Vorurteile zurückzuweisen" und eine "Kultur der Begegnung zu fördern" sind nämlich Vo-raussetzung für das Ziel, "lernen zu können, die Wirklichkeit mit bewusstem Vertrauen anzuschauen". Ich denke sagen zu dürfen, so unterschiedlich unsere Brillen (und Brillen-etuis) auch sein mögen, auf dieses Ziel können wir uns als Kirche, als Medien und als Ge-sellschaft verständigen.
Einen Gedanken noch zum "Abreiben an der Wirklichkeit", der sich mir am Vorabend einer nahenden Wahlauseinandersetzung, wie auch den begleitenden Stimmen, die einen neuen Umgangston in Politik und Medien einfordern, nahezu aufdrängt:
Die von Papst Franziskus eingeforderte "Kultur der Begegnung" erfordert Respekt, "Vorur-teile zurückzuweisen" erfordert Kritikfähigkeit. Beides schließt sich nicht von vornherein aus, meine ich. Deshalb ermutige ich Sie, am "guten Brot" mit Respekt und der nötigen – wohl auch eigenen – Kritikfähigkeit für das Wohl der Menschheit "zu mahlen".
Als Bischof dieser Diözese, die im kommenden Jahr einen runden Geburtstag feiert, danke ich Ihnen für Ihren Dienst, für dieses "Mahlen" und "Abreiben an der Wirklichkeit". Ich dan-ke Ihnen für Ihr kritisches Mitgehen mit uns als Kirche. Das heutige Miteinander, zu dem ich Sie nochmals herzlich willkommen heiße, möge als solcher Dank gesehen werden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen hier einen guten Abend des Austausches und der Begegnung.