Predigt zu Fronleichnam am Grazer Hauptplatz

Ja, Herr, du hast es uns gesagt und machst es uns in der Eucharistie deutlich, was wirklich zählt: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt."
Deswegen sind wir eben ein Stück weit durch Graz gegangen. Wir haben damit unsere Berufung erneuert, unser Dasein für das Leben dieser Welt hinzugeben. Daraus nämlich erwächst Segen. Daraus nämlich erwächst dieser Welt der Segen, den sie bitter nötig hat. Eucharistie nämlich hat Auswirkungen auf das Leben in der Gesellschaft.

• Nicht dort, wo wir uns selbst behaupten, erwächst demnach Leben, sondern wo wir es aufgrund der unkündbaren Zusage des Herrn in Taufe und Firmung aus Liebe hingeben. Wie sehr sich doch immer wieder Menschen in der Geschichte genau daran vergangen haben, obwohl sie besten Willens waren; wie sehr doch auch wir im Heute unserer Tage mitunter gefährdet sind, uns selbst darzustellen, weil wir [in der] Kirche sind, statt uns in die Umgestaltung der Welt in Liebe zu verlieren. -
  Herr, du bist uns Maß. Lass uns dem entsprechend leben!
• Nicht dort, wo wir meinen, unsere Identität zu schützen, indem wir uns abgrenzen, erwächst das Leben der Nachfolge, sondern dort wo wir in Liebe uns verschenken. Ja: Identität durch Hingabe ist die Lebensform, die uns auf der rechten Spur der Nachfolge bleiben lässt - gerade angesichts der Herausforderungen, die sich uns in alledem stellen, was in unserer kleinen und was uns in der großen Welt begegnet. -
  Weil du mir in meinem Nächsten entgegentrittst, Herr, im kleinsten und ärmsten Menschen, im Menschen, der abseits steht oder dessen Leben nicht geschützt wird, im Menschen der gefangen scheint in sich selbst u.s.f. entdecke ich mich neu als jemand, der von dir gebraucht wird, um die Botschaft des Lebens, die Frohe Botschaft ins 2017 dieser Stadt zu sagen.
• Nicht dort, wo ich mich ins rechte Licht rücke und meine aus einem auch noch so gerecht scheinenden Grund mich über andere zu erheben, wächst Leben, sondern dort, wo ich "den Nächsten liebe wie mich selbst". Wenn schon "Christsein" als nötig für diese unsere Welt in den Mund genommen wird, dann heißt es die Würde und Achtung jedes Menschen zugleich und im selben Atemzug zu benennen und zu leben. Möge das in den Wahldebatten der kommenden Monate in unserem Land deutlich werden - es ist schon zu viel "gegen andere" Politik gemacht worden, statt "für". -
  Herr, hilf uns zu erkennen, dass wir immer mehr dem entsprechen, was du von uns willst, wenn wir lieben.
• Nicht dort also, wo Kirche sich selbst zelebriert, wächst neues Leben, sondern wo wir uns vorbehaltlos den anderen aussetzen, auf sie zugehen und Christus in der Welt zur Darstellung bringen, weil wir das Evangelium radikal leben und uns immer neu nähren von dem, der das Brot für das Leben der Welt und damit auch unseres ist. -
  Herr, lass uns nicht stehen bleiben bei dem, was wir meinen, dass Kirche sei. Lass uns immer mehr dich bezeugen in Taten, Worten und Werken, gemeinsam mit all jenen, die sich zu dir bekennen, damit die Welt glaubt.

Neues Leben haben wir wirklich nötig: im Wahrnehmen der Würde des Menschen, im Miteinander von Ehe und Familie, im Zueinander von Gemeinden, Land und Staat, im Aufeinander-Zu der Konfessionen und Religionen. Du, Herr, hast es uns vorgelebt. Wir wollen dir folgen in einem Dasein "für das Leben der Welt".