Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Dorothee Sölle, die 2003 verstorbene evangelische Theologin und Dichterin, meinte einmal, der Satz "Da kann man nichts machen" sei der gottloseste aller Sätze.
Sie alle, die Sie heute geehrt oder mit dem Solidarpreis ausgezeichnet werden, haben bewiesen, dass Man/Frau sehr wohl "etwas machen" kann. Dafür danke ich Ihnen!
Solidarität ist ein christliches Urwort. Schon in der Apostelgeschichte findet sich gleichsam ein "Konzentrat" der Solidarität: "Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens" (Apg 2,44-46).
Insofern ist es konsequent und stimmig, dass Solidarität einer der vier Grundpfeiler der kirchlichen Soziallehre ist, wie Papst Franziskus auch im Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium betont: "Menschenwürde, Gemeinwohl, Subsidiarität und Solidarität sind das erste und grundlegende Bezugssystem […] für gesellschaftliche Entscheidungen" (221).
Gleichzeitig stellt Papst Franziskus fest, das Wort "Solidarität" habe sich ein wenig abgenutzt und werde manchmal falsch interpretiert. Es erfordere mehr als einige gelegentliche großherzige Taten, nämlich eine neue Mentalität, "die in den Begriffen der Gemeinschaft und des Vorrangs des Lebens aller gegenüber der Aneignung der Güter durch einige wenige" denkt (EG 188).
In weiterer Folge geht es Franziskus um die "soziale Funktion" des Eigentums. Weil sich das Hüten und Mehren privaten Besitzes nur dadurch rechtfertige, wenn es dem Gemeinwohl diene, "muss Solidarität […] dem Armen das zurückzugeben, was ihm zusteht" (189). Ohne diese Haltung sei ein Aufbau der Völker in Geschwisterlichkeit und Frieden nicht denkbar.
Auch in seiner Enzyklika Laudato sí mahnt Papst Franziskus eindringlich: "In der gegenwärtigen Situation der globalen Gesellschaft, in der es so viel soziale Ungerechtigkeit gibt und immer mehr Menschen ausgeschlossen und ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt werden, verwandelt sich das Prinzip des Gemeinwohls als logische und unvermeidliche Konsequenz unmittelbar in einen Appell zur Solidarität und in eine vorrangige Option für die Ärmsten"(158). Damit sind wir mitten in der weltweiten Dimension von Solidarität, die in Zeiten der Globalisierung immense Bedeutung hat.
Diese globale Dimension der Solidarität betrifft das Ernstnehmen der Menschen und ihres Daseins von Anfang an bis zum Ende in unserem "gemeinsamen Haus Erde", wie es der Papst ausdrückt: es gilt, das Schicksal der Menschheit vor Augen zu haben. Zugleich bedeutet es, ganz besonders unseren Umgang mit den Ressourcen der Erde zu beachten, die einseitig und grundsätzlich auf Kosten der Ärmsten ausgebeutet werden. Dazu kommt noch die zu verbessernde Solidarität mit den kommenden Generationen (Stichwort: Klimawandel, Nuklearenergie…). Mitunter scheint der Eindruck nicht zu trügen, dass wir Menschen – vor allem in der sogenannten entwickelten Welt – Nomaden ähneln, die weiterziehen, wenn alles – an Ressourcen – verbraucht ist. Nur: die Erkenntnis, dass wir keinen 2. Planeten haben, auf den wir wegziehen könnten, scheint nicht vorhanden zu sein. Deutlich wird: wir sind alle zu einem verantwortlichen Konsum und Lebensstil aufgerufen. Das ist Inhalt des Schöpfungsauftrages der ersten Seite unseres Glaubensfundaments, der Bibel. Und gerade deswegen können und müssen Christen sich all dieser Fragen annehmen, wollen sie nicht ihrem Glaubensbekenntnis untreu werden.
Da alles miteinander verbunden ist ,wissen wir uns eingeladen, eine Spiritualität der globalen Solidarität heranreifen zu lassen, meint Papst Franziskus (LS 171). Der "Blick über den Tellerrand“ steht sozusagen in der "Arbeitsplatzbeschreibung" der Christinnen und Christen. Ob wir diese Aufgabe gut erfüllen? Immer wieder sind wir zur Reflexion aufgefordert, ob wir "Böses getan" aber auch "Gutes unterlassen" haben …
Die Quelle der Solidarität im christlichen Glauben ist das Erbarmen Gottes, das "zur barmherzigen und solidarischen Zuwendung zu den Armen, Schwachen und Benachteiligten" motiviert. Jesus selbst ist den Weg der Solidarität, der Barmherzigkeit und der Gewaltlosigkeit gegangen. Der Einsatz für Solidarität gehöre zu den konstitutiven Merkmalen der Kirche, da "die Entscheidung über die endgültige Gottesgemeinschaft der Menschen abhängig ist von der gelebten Solidarität mit den Geringsten"(106).
Starke Worte! Haben wir sie verinnerlicht?
Im weltweiten "Jahr der Barmherzigkeit" 2016 wollte uns Papst Franziskus aufrütteln, die Not der Armen nicht nur wahrzunehmen, sondern auch zu lindern: "In einem jeden dieser "Geringsten" ist Christus gegenwärtig. Sein Fleisch wird erneut sichtbar in jedem gemarterten, verwundeten, gepeitschten, unterernährten, zur Flucht gezwungenen Leib …, damit wir Ihn erkennen, Ihn berühren, Ihm sorgsam beistehen. [...] Verfallen wir nicht in die Gleichgültigkeit, die erniedrigt, in die Gewohnheit, die das Gemüt betäubt und die verhindert, etwas Neues zu entdecken, in den Zynismus, der zerstört. Öffnen wir unsere Augen, um das Elend dieser Welt zu sehen, die Wunden so vieler Brüder und Schwestern, die ihrer Würde beraubt sind" (Misericordiae vultus).
Solidarität gilt. Sie macht nicht an konfessionellen oder Glaubens-Grenzen halt. Das Gefühl von Zugehörigkeit und Zusammenhalt ist eine Grundsehnsucht des Menschen. Eine sogenannte "Solidarität der Gesinnung" – Wir Steirer, wir Sturm-Fans, … halten zusammen – muss, um echte Solidarität zu werden, über die eigene Gesinnungsgemeinschaft hinausreichen. Als "Solidarität des Handelns" zeigt sie sich in Hilfsbereitschaft und konkretem Engagement. Denn: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" wurde gemeinsam mit der Gottesliebe von Jesus als erstes Gebot denen ins Lebens-Stammbuch geschrieben, die ihm folgen.
Solidarität kann den gesellschaftlichen Boden aufbereiten, kann aber nicht ungerechte Rahmenbedingungen und Gesetze komplett kompensieren. Diese gehören von den Verantwortlichen im Dialog mit Betroffenen und auch Engagierten entwickelt.
Zu diesem Dialog werden wir gerade heute immer wieder herausgerufen,
Diese Aufzählung könnte wohl noch lange fortgeführt werden. Und: bereits diese kurze Liste enthält schon – zumindest – scheinbar nicht kompatible Fragestellungen. Eines wird auf alle Fälle deutlich: Wir sind aufeinander verwiesen, dazu berufen, bereit zu sein, auf die Anderen zuzugehen, einander wirklich (!) zuzuhören und nicht nur Schlagzeilen an den Kopf zu werfen oder Ähnliches.
Solidarität zu leben ist nicht deswegen notwendig, dass wir Pluspunkte sammeln und "schneller" in den Himmel kommen oder den anderen zeigen, wie toll wir sind…, sondern weil gefühlter und gelebter Zusammenhalt für uns als Menschen und auch als Gesellschaft wichtiger ist denn je. Zusammenhalt ist Grundlage für sozialen Frieden, für Gemeinwohl und für gelungene Beziehungen. Diese Werte gehören gepflegt, gegossen und gehegt wie eine besonders kostbare Pflanze. Lassen wir uns daher nicht auseinanderdividieren, wehren wir den einfachen polarisierenden Antworten, gehen wir aufeinander zu und lernen wir die Meinung des anderen wirklich zu hören, ehe wir antworten; anders ausgedrückt: hören wir so zu, dass wir nicht nur deswegen hören, weil wir unsere Antwort anbringen möchten. Einfach - und mit Worten des Evangeliums ausgedrückt: Lernen wir – vielleicht neu, was es heißt: "Liebt einander!"
Das ist auch der Grund, warum wir heute hier sind und feiern. Sie haben in vielen Projekten das Pflänzchen der Solidarität wachsen lassen, Sie haben soziales und ökologisches Engagement gezeigt und dadurch nicht nur die Region Weiz, sondern tatsächlich die Welt zu einem besseren Ort gemacht. Aus freien Stücken haben Sie Zeit und Kompetenz eingebracht und Mitmenschlichkeit gelebt. Damit sind Sie – unabhängig von Ihrer spirituellen Ausrichtung und politischen Überzeugung – ein Vorbild.
Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen!
Schließen möchte ich mit einem Zitat eines unbekannten Autors:
Nichts hat mit uns angefangen,
mit uns soll es nicht enden.
Aber zwischen Anfang und Ende
wollen wir es gut machen.