Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Geschätzte Gäste, sehr geehrter Herr Superintendent, lieber Hermann!
Dietrich Bonhoeffer, ein auch von mir geschätzter evangelischer Glaubenszeuge, schrieb in der Haft vor seinem Martyrium die prophetischen Worte: „Die Kirche muss aus ihrer Stagnation heraus. Wir müssen auch wieder in die freie Luft der geistigen Auseinandersetzung mit der Welt“ (Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, S. 555). Die Worte „Aus der Stagnation heraus“ – „freie Luft“ – „geistige Auseinandersetzung mit der Welt“ sind mir auch beim Nachdenken über Dein Wirken, geschätzter Herr Superintendent, dankbar in den Sinn gekommen.
Entwicklung anstelle von Stagnation
19 Jahre lang wurdest Du in der Öffentlichkeit als sympathisches Gesicht der evangelischen Kirche wahrgenommen – auch von vielen Katholikinnen und Katholiken. Wir spürten, dass Du „gern evangelisch“ bist und als solcher offen in den Dialog trittst. Als katholischer Bischof – ich glaube auch für meine Vorgänger Bischof Weber und Bischof Kapellari zu sprechen – habe ich Dich nie als jemanden erlebt, der auf Konkurrenz setzt, sondern immer als verständnisvollen Partner, dem der Austausch über gemeinsame Herausforderungen wichtig war. Nie habe ich Stagnation bei Dir erkannt – weder im Denken, noch in den Gesprächen. Dein Blick richtete sich immer auf das Größere und auf die Entwicklung, wohin wir als Gesellschaft, als unterschiedliche Kirchen und Religionsgemeinschaften wachsen können.
Freie Luft
„Freiheit und Verantwortung“ – diese beiden Prinzipien prägten das 500-jährige Reformationsjubiläum; und ich habe Dich als einen Menschen erlebt, der beide tief „eingeatmet“ und in seinem Engagement weitergegeben hat. Freiheit im Sinne einer „Freiheit für“ – für die Menschen, für ein Miteinander, für Christus, für die evangelische Kirche in der Steiermark und darüber hinaus. Du hast nie sehr viel über Deine Spiritualität gesprochen. Ich denke aber, darin zeigt sich Deine evangelische Spiritualität: in einer Freiheit, die sich im verantwortungsvollen Engagement konkretisiert, genährt vom Wort Gottes als maßgeblicher Richtschnur christlichen Lebens.
Geistige Auseinandersetzung mit der Welt
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sich zur Welt zu verhalten. Gegenwärtig entspricht es dem Zeitgeist, die eigene Identität zu betonen und diese durch Abgrenzung von „den Anderen“ zu schützen. In Kirche und Gesellschaft ist heute so viel Angst um die eigene Identität spürbar. Aber es gibt auch die andere Versuchung, das geschichtliche Gedächtnis zu verlieren und sich kurzlebige beliebige Identitäten zu basteln. Du, Hermann, gehst diesen Weg: bescheiden und selbstbewusst, frei von Ängsten und Sorgen um Dich – und ich glaube, auch um die Kirche – offen für die geistige Auseinandersetzung mit der Welt, bereit zum geistigen Ringen, Argumentieren und Nachdenken. Aber Du lädst auch selbst zum Diskurs ein: Immer wieder fragst Du, hörst Du Dir unterschiedliche Positionen und Meinungen an, wiegst Du ab und unterscheidest Du. Auch viele katholische Christinnen und Christen erleben Dich als politisch wachen Menschen, der fähig ist zum konstruktiven Dialog mit der säkularen Mitwelt. Anders ausgedrückt: Du lebst vor, dass Identität nicht aus Abgrenzung, sondern aus Hingabe, aus Liebe erwächst. Das ist Dein und unser – zutiefst christlicher – Ansatz zur Gestaltung der Welt.
Ein Freund der Kirchen und Religionen
Als katholischer Bischof der Steiermark bin ich dankbar für das ökumenische Miteinander in unserem Land – und ja, auch für die vielen persönlichen Begegnungen mit Dir auf unseren Reisen und anderen Veranstaltungen. Du bist für verschiedene Kirchen und Religionen als Freund erlebbar, weil Du unterschiedliche Konfessionen und Religionen wertschätzt, miteinander ins Gespräch bringst und vernetzt. Jahrelang warst Du gewählter Vorsitzender des Ökumenischen Forums christlicher Kirchen Es freut mich sehr, dass ich dir heuer besonders auch für Dein reiches ökumenisches Engagement das Ehrenzeichen der Diözese Graz-Seckau verleihen durfte.
Lieber Hermann,
ich bin dankbar, dass ich Dich als überzeugten Christen und Theologen, als feinen und auch fairen Menschen kennen lernen durfte.
Ich hoffe, dass Du uns weiterhin viele Impulse zur Entwicklung, zum Wachsen und Reifen geben wirst – und auch selbst erhältst. Ich wünsche Dir die freie Luft, die Dir der Glaube schenkt, und Zeit für den Dialog und die Auseinandersetzung mit unserer Welt. Mögen wir in Dir auch weiterhin einen Freund der Welt, der Kirchen und Religionen finden.
Gottes Segen sei mit Dir und Deiner Familie.