Predigt am Fest des heiligen Gallus
Lieber Sankt Gallener,
Schwestern und Brüder im Herrn.
Auf dem Kirtag am Mittwoch hat mich jmd. gefragt, was der Heilige Gallus mit St. Gallen zu tun hat & ob der Heilige jemals zu Lebzeiten hier gewesen sei.
Nein, man muss zugegeben, dass der heilige Gallus durch seinen Lebenslauf nur mit dem St. Gallen in der Schweiz verbunden ist.
In den Sommerferien stand (ganz überraschend) ein slowakischer Priester mit zwei Freunden vor meiner Tür. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht sämtliche Galluskirchen in Mitteleuropa zu besuchen. Er wollte in die Kirche und beschloss dann auch spontan dort mit seinen Freunden eine Messe zu feiern.
Gallus als Kirchenpatron kommt gar nicht so unhäufig vor; vor allem im südwestdeutschen Raum (BW) und sogar in meiner hessischen Heimat. In meinem Heimatlandkreis WETTERAU waren ja ca 8 Gemeinden traditionell katholisch. Und eine davon (Rockebärsch) ist dem heiligen Gallus geweiht.
Für mich ist es schon ein kleines Wunder wie dieser Heilige hier mitten in die Ennstaler Berge kommt. Oft sind es vielleicht auch ganz pragmatische Gründe;
In Admont etwa ist der Blasiustag der Todestag des Vaters des Gründers Gebhard.
Bei uns hat der Edle Gottfried von Wetternfeld 1152 dieses Gotteshaus gestiftet und vielleicht hatte er gerade Reliquien des heiligen Gallus zur Hand, die dann unserem Ort ihren Namen gaben?!
Und doch ist ein Patron nicht einfach eine Zufallsgeschichte, sondern über Jahrhunderte mit einem Ort verbunden, ja, mit dem Schicksal des Ortes, mit den Freuden und Leiden zutiefst verbunden.
Und - sama uns ehrlich - die erste Fürsprecherin war bei uns in der Steiermark immer war Maria. Aber dann kam hier in St. Gallen gleich der Heilige Gallus.
Heilige sind für uns Katholiken immer
- Vorbilder und
- Fürsprecher.
BEIDES gehört dazu und das eine solle das andere nicht mindern. Quasi das katholische Ying und Yang.
Und doch können und dürfen wir diese beiden Funktionen der Heiligen nicht von Christus Jesus trennen. Er ist das lebendige Bild des unsichtbaren Gottes und unser Fürsprecher beim Vater.
Aber da wir alle Glieder Christi sind, spiegelt sich dieser Christus in uns wieder. Wir Christen sind Bild Gottes / die Visitenkarte Gottes und wir sind berufen für andere zu beten.
Und Heilige haben dies in besonderer Weise getan.
Und sama uns ehrlich: Ein Heiliger muss auch alltagstauglich sein. Nicht abgehoben und behütet in einem seidenen Palast. So ein richtiger Heiliger muss auch durch den Gatsch der Welt gegangen sein. Nur dann können sie glaubwürdige Vorbilder für uns sein.
Heilige des Alltags auch deshalb, weil wir sie im Alltag brauchen, sie unser Gebetsleben erfrischen und wir sie in den konkreten Nöten anrufen können.
Teresa von Avila hat grundsätzlich erstmal ein Bild des Heiligen Josefs in einer Klosterneugründung aufgestellt, damit der für das geregelte Einkommen sorgt. Der heilige Antonius, der uns hilft unser Verlorenes wieder zu finden. Der heilige Schutzengel, der Dein Kind/ Deine Enkerl sicher wieder nach Hause führt.
Mit Maria an der Hand betrachten wir im Rosenkranz das Leben Jesu. Eine alltagstaugliche Übung, die mich zur Ruhe bringt.
Heute beim heiligen Gallus denke ich an alle, die unsere Region/ ihren Heimatort verlassen haben und woanders ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben. Gallus wurde vor knapp 1500 Jahren in Irland geboren. Und er verlies seine Heimat als Schüler des Heiligen Columban.
Ich denke aber auch an alle, die hier eine neue Heimat gefunden haben, die ihre alte Heimat verlassen haben und sich jetzt bei uns positiv miteinbringen.
Er steht vor allem auch für das vermeintliche Scheitern. Columban sah seine Versuche in der Bodensseeregion zu missionieren als gescheitert an. Gallus blieb. Vielleicht war er krank, vielleicht ein Dickschädel (ziemlich sicher sogar). Dieses Ausharren im Guten steht auch für den Heiligen Gallus.
Der Zurückgebliebene scheint auch gescheitert zu sein. Nach seinem Tod bleibt nicht mehr viel übrig von seiner Zelle. Und hier sans wieder: die einheimischen, die die treu bleiben. Es war der Allemane Ottmar, der dem Galluskloster neues Leben einhauchte.
Gott schaut auf die Ausgestoßenen, die Zurückgelassenen, auf den viel zu alten Abram, auf den Stotterer Mose, auf die Herzogin Hedwig von Andechs, die alles andere als rosige Zeiten erlebt hat. Er beruft gerade die, wo nicht alles eitle Wonne ist.
Heiliger Gallus, schau heute auf uns und unsere Pfarre. Bitte bei Gott für uns, dass er uns seinen Heiligen Geist sende, dass unsere christlichen Wurzeln tief verankert seien im Erdreich und wir uns am guten Quell Jesus tränken.