Die Pfarre
Das Gebiet der heutigen Pfarre Lieboch war seit jeher der Mutterpfarre Mooskirchen einverleibt. Nach erfolglosen Anstrengungen seit Beginn des 18. Jahrhunderts gelang es schließlich im Zuge der Josephinischen Pfarrgründungen Lieboch als selbständige Seelsorgeeinheit (Lokalkaplanei) von Mooskirchen abzutrennen. Die Gründe für die am 18. Juni 1785 verlautbarte Genehmigung waren oftmalige Überschwemmungen des Fußweges nach Mooskirchen, sowie die Bereitschaft der Liebocher Bürger für alle Auslagen zur Errichtung von Kirche, Pfarrhof und Schule selbst aufzukommen. Lieboch behielt den kirchenrechtlichen Status einer Lokalkaplanei bis zur Pfarrerhebung im Jahre 1892.
Das alte Kirchengebäude
Das ursprüngliche Gebäude wurde um 1636 erbaut und diente seit 1695 als Wohnsitz für kleine zu Wohlstand gekommene Adelsfamilien. Auf Betreiben des Herrn Andre de Pretti wurde das Anwesen im Jahre 1731 von allen grundherrschaftlichen Verpflichtungen befreit und ist damit endgültig zum Adelssitz geworden. Wohl in dieser Zeit wurde neben dem Wohngebäude eine Hauskapelle errichtet, die bis 1786 bestand. In diesem Jahr wurde durch Schenkung des damaligen Besitzers Johann Höller aus dem Wohnhaus der Pfarrhof und aus dem Wirtschaftsgebäude und der Kapelle die erste geweihte Kirche von Lieboch. Die Benedizierung der dem heiligen Franz Xaver geweihten Kirche durch den Hitzendorfer Pfarrer erfolgte am 3. Dezember 1786.
Die neue Kirche
Bedingt durch Platzmangel und den schlechten Bauzustand entschloss man sich schließlich 1965 zu einem Neubau von Pfarrhof und Kirche. Dies wurde nach einem Entwurf vom Architekten Friedrich Moser realisiert und schließlich am 26. November 1967 durch Bischof Josef Schoiswohl geweiht. Vom Vorgängerbau wurde das 1949 vom Künstler Toni Hafner gemalte Ölbild „Franz Xaver“ sowie die Kreuzwegbilder übernommen. Der Wandteppich an der Nordseite der Kirche symbolisiert durch eingewebte dunkelrote Flecken die Wundmale Jesu Christi [Anm: dieser wurde im Jahr 2011 von der Doblerin Gertraud Zöhrer erneuert]. Die Marienstatue wurde von Toni Hafner 1970 aus Lindenholz geschnitzt.
Zum 200. Jahrestag der Kirchweihe wurde im Jahre 1986 der neu erbaute Pfarrsaal von Generalvikar Leopold Städtler eingeweiht.
Die unzulängliche Ausstattung des Geläutes wurde durch zwei neue Glocken aus der Gießerei Graßmayr (Florianiglocke - 380 kg und Georgiglocke - 250 kg) und ein elektrisches Läutwerk behoben. Die Weihe erfolgte durch Alterzbischof Josef Schoiswohl am 11. September 1988. Während die beiden aus dem Jahre 1951 stammenden Glocken (127 kg bzw. 150 kg) mit in das Läutwerk einbezogen wurden, kann die kleine Glocke aus dem Jahre 1921 aus klanglichen Gründen nur die Funktion des Sterbeglöckchens weiterführen.
Die noch aus der alten Kirche stammende einmanualige Orgel wurde durch eine vom Architektenehepaar Gastgeber-Possert entworfene und vom Grazer Orgelbaumeister Krenn erbaute, ersetzt. Die mit zwei Manualen, 16 Registern und 885 einzelnen Pfeifen ausgestattete Orgel wurde vom Grazer Liturgieprofessor Philipp Harnoncourt am 24. Mai 1992 geweiht.
Das seit Bestehen der neuen Kirche als Provisorium eingerichtete Pult (Ambo) aus Holz wurde im Sommer 1997 durch ein neues von Alois Possert entworfenes und der Liebocher Firma Katz-Guss erzeugtes Lesepult ersetzt. Die 4 Säulen des Ambos symbolisieren die 4 Evangelien als Grundpfeiler des Neuen Testamentes.
Die Kapelle beim Turmeingang wurde im Jahre 2005 von der Pfarrgemeinde in Eigenregie erbaut und von Diözesanbischof Egon Kapellari auf den Namen des heiligen Johannes Capestrano (1456 in unserer Partnerpfarre Ilok verstorben) geweiht.
Die im Jahre 1841 unter dem damaligen Kuraten Georg Kollegger angeschafften Kreuzwegbilder wurden von Gisela Gienke grundlegend restauriert und bei der Kreuzwegandacht am ersten Fastensonntag des Jahres 2010 feierlich gesegnet.
Anm: Auf Grund des neuen Kreisverkehrs und der Idee eines gemeinsamen Platzes zwischen Volksschule, Kirche und Veranstaltungshalle wurde der Pfarrplatz im Jahr 2015 grundlegend umgebaut. Im Zuge dessen, und weil der wilde Wein vom Kirchturm entfernt werden musste, hat der Pfarrgemeinderat beschlossen, farbige Lamellen (Gelb - Rot - Blau, stehend für die Wandlung Geist - Körper - Seele) am Turm zu montieren. Gestaltung, Planung und Farbkonzept wurden von der Architektin Nina Kuess zusammen mit dem Architekten der Kirche, Friedrich Moser, entwickelt.
Walter Plaschzug, Dezember 2000 – Februar 2010
Quellen:
Steiermärkisches Landesarchiv, A-Göth Sch.21 / H629;
Lambauer, 850 Jahre Lieboch, 1988;
Bergthaler, Harnoncourt, Kaindl, Rodler, Funktion und Zeichen, Schnider Verlags-Atelier, 1992;
Mag. Erich Renhart im Namen des Glockenausschusses der Pfarre Lieboch, Festschrift zur Glockenweihe, 1988;
S. u. D. Kager, Originalbelege und Beschreibung der Orgel, 1992;
W. Plaschzug, Lieboch und seine Geschichte(n), Manuskript, 2000