Brauchen mündige ChristInnen das heute noch, oder ist das nicht etwas Überholtes aus einer Zeit, in der Kirche mit Höllenpredigten die Angst der Menschen schürte, und wo beichten somit tatsächlich noch nötig war?
Nun, das kommt ganz auf das Verständnis des Sakramentes an. Manche Menschen haben leider keine guten Erfahrungen beim Beichten gemacht, sie gingen nicht gestärkt, sondern - ganz im Gegenteil - niedergedrückt nach Hause. Bei vielen ist die letzte Beichte schon so lange her, dass sie sich nicht mehr so genau erinnern können, wie das eigentlich abläuft – und die Scheu davor, die Schwelle zum Beichtstuhl zu übertreten, wird größer, je länger man wartet.
Wie kann ich Beichte heute verstehen? Wozu soll sie gut sein? Was ist überhaupt Sünde?
Sünde bedeutet nichts anderes, als Trennung von Gott bzw. von seiner Liebe. Man könnte natürlich ohne weiteres einen „Sündenkatalog“ erstellen, und es gibt ja auch in die Einteilung in lässliche, schwere, leichte Sünden sowie die berühmten sieben Hauptsünden (leider hält sich hartnäckig bis heute die Bezeichnung „Todsünden“ – welche Assoziationen da wohl hervorgerufen werden?). Diese genaue Kategorisierung nehmen vor allem Moraltheologen vor, in deren Fachgebiet die Sünde fällt.
Wichtig ist jedoch, einfach zu erkennen, was mich von Gott trennt. Meist sündigen wir gegen unsere Mitmenschen, wir kränken jemanden oder tun demjenigen sonst was Böses. Diese Sünde beeinflusst nun sowohl meine Beziehung zum Mitmenschen wie die zu Gott. Gott ist zwar der liebende, verzeihende und gütige, aber trotzdem kommen wir nicht darum herum, dass er uns auch gewisse Regeln zur Unterstützung des eigenen sowie des gesellschaftlichen Lebens mitgegeben hat. Somit ist er kein „Kuschelgott“, der mir ohnehin alles verzeiht; mit einer solchen Einstellung würden wir Gott der Lächerlichkeit preisgeben. Trotzdem bietet Gott uns Vergebung immer an, wie im Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15, 11-32). Das setzt jedoch einige Dinge bei mir selbst voraus: Zum einen muss ich erkennen, dass ich etwas Unrechtes getan habe, muss mir der Sünde also bewusst werden. Zum anderen ist auch Reue eine Voraussetzung dafür, dass mir vergeben wird.
Hier sollten wir schließlich einen wesentlichen Schritt nicht übersehen, nämlich den Gedanken der Buße. Die Buße soll mir eine Hilfe dabei sein, die ersten Schritte „ins befreite Leben“ zu wagen; dabei kann es sich um ein Dankgebet handeln, oder aber, die meines Erachtens nach bessere Variante: ich setze eine konkrete Aktion, fasse Mut und versuche, das Unrecht wieder gutzumachen, sofern dies möglich ist. Dabei kann mir der Zuspruch des Priesters, der in der Beichte das Sprachrohr Gottes ist, helfen. Die Beichte dient also sowohl der Lossprechung, das heißt, dass Gott meine Sünden verzeiht, als auch der Ermutigung. Und zwar der Ermutigung dazu, dass ich es immer wieder wagen kann, meine Fehler und Schwächen vor Gott zu bringen. Das kann mühsam werden, wenn ich etwa bemerke, dass sich bei der Beichte immer alles um bestimmte Themen dreht, aber im Vertrauen auf die Liebe und vor allem die Geduld Gottes, die uns im Sakrament besonders zuteil wird, können wir es immer wieder schaffen, aufzustehen und weiterzugehen.
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